Fällt die Rezession aus? Konjunkturaussichten hellen sich auf

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Energiekrise, Inflationsschock, Unsicherheit: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat erhebliche Folgen auch für Verbraucher und Unternehmen hierzulande. Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung vieler Ökonomen 2023 schrumpfen, die Teuerung dürfte zunächst hoch bleiben. Dennoch ist das Bild längst nicht mehr so düster wie vor Monaten - auch weil der Staat mit Preisbremsen und milliardenschweren Entlastungspakten gegensteuert.

Konjunktur: Die deutsche Wirtschaft steht trotz Gegenwinds bislang besser da als zunächst gedacht. Im dritten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) überraschend um 0,4 Prozent zum Vorquartal. Die Sorge vor einem schweren Konjunktureinbruch im kommenden Jahr schwindet zunehmend. «Die konjunkturellen Rahmenbedingungen haben sich deutlich entspannt», sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Viele Volkswirte gehen inzwischen von einer vergleichsweise milden Rezession im kommenden Jahr aus. Sie erwarten im Gesamtjahr 2023 einen BIP-Rückgang um weniger als ein Prozent. Zum Vergleich: Im Corona-Krisenjahr 2020 war die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft um mehr als vier Prozent geschrumpft. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet für 2023 sogar ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent - auch dank staatlicher Energiepreisbremsen.

Inflation: Inflationsraten von um die 10 Prozent belasten Verbraucher und Unternehmen in Deutschland. Die Bundesbank macht den Menschen vorerst wenig Hoffnung auf deutlich sinkende Preise. «Die Inflation ist hoch und wird nur nach und nach zurückgehen», sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Für 2023 rechnet die Bundesbank mit einem Rückgang der Inflation von durchschnittlich 8,6 Prozent im Jahr 2022 auf dann 7,2 Prozent - gemessen am für die Geldpolitik im Euroraum maßgeblichen harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).

Vor allem vom Frühjahr an erwarten viele Volkswirte Entspannung - etwa das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung: «Dann dürfte nach der Heizperiode die akute Phase der Energiekrise für die Haushalte überwunden sein und auch die Verbraucherpreise sinken.»

Arbeitsmarkt: Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) bislang stabil. Die Einstellungsbereitschaft der Betriebe sei trotz einer leichten Abschwächung weiter hoch. Viele Branchen suchen händeringend Fachkräfte und versuchen bestehendes Personal auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu halten, zum Beispiel durch Kurzarbeit.

Das Münchner Ifo-Institut rechnet damit, dass die Kurzarbeit im Winterhalbjahr vorübergehend steigen und der Beschäftigungsaufbau zum Erliegen kommen wird. Die Arbeitslosenquote wird der Prognose zufolge leicht von 5,3 Prozent im Jahr 2022 auf 5,5 Prozent 2023 zulegen.

Insolvenzen: Eine Pleitewelle lässt sich anhand amtlich erfasster und von Experten hochgerechneter Zahlen in Deutschland bisher nicht ausmachen. Erstmals seit der Wirtschaftskrise 2009 ist die Zahl der Firmenpleiten aber gestiegen. Etwa 14 700 Unternehmen werden nach Schätzung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform bis Ende 2022 den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben. Das wären etwa vier Prozent mehr als 2021.

«Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen bei vielen Unternehmen an die Substanz», sagte Creditreform-Experte, Patrik-Ludwig Hantzsch. Wie viele andere Experten rechnet auch Creditreform mit einem weiteren Anstieg der Unternehmenspleiten im neuen Jahr.

Notenbanken: Die großen Notenbanken rund um den Globus stemmen sich mit Zinserhöhungen gegen die gestiegene Inflation. Die Europäische Zentralbank (EZB) hob in der zweiten Jahreshälfte 2022 vier Mal in Folge die Zinsen im Euroraum an. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der EZB leihen können, liegt inzwischen bei 2,5 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit Dezember 2008. Weitere Erhöhungen zeichnen sich ab.

«Wir lassen nicht nach. Wir müssen eine längere Strecke gehen», sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unlängst. Für Sparerinnen und Sparer sind steigende Zinsen eine gute Nachricht. In der Zinsflaute warfen Tagesgeld und Co. kaum noch etwas ab, teilweise mussten Bankkunden sogar Strafzinsen zahlen. Für Kreditnehmer wird es dagegen tendenziell teurer.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wer bereits alle Urlaubstage für das Jahr aufgebraucht hat und dennoch eine Auszeit benötigt, kann unbezahlten Urlaub beantragen. Doch nicht immer hat ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg.

Arbeitsmittel sparen – auf Kosten der Mitarbeiter? Manche Arbeitgeber bitten ihre Angestellten, den eigenen Laptop für die Arbeit zu nutzen. Doch sind Arbeitnehmer verpflichtet, dem zuzustimmen?

Es beginnt harmlos – ein beiläufiger Kommentar über die bevorstehende Wahl. Doch was passiert, wenn das lockere Politik-Gespräch am Arbeitsplatz in hitzige Debatten mit extremen Positionen umschlägt?

Bis zum 23. September können sich auch Hoteliers und Gastronomen um den Deutschen Fachkräftepreis bewerben. Das Bundesministerium für Arbeit zeichnet innovative Lösungen und Beiträge zur Fachkräftesicherung und -gewinnung in insgesamt sieben Kategorien aus.

Vom 29. September bis 6. Oktober 2024 findet wieder die Aktionswoche: Zu gut für die Tonne! des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft statt. Bundesweite Mitmach-Aktionen rund um das Thema „Lebensmittelverschwendung“ sollen zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen motivieren.

Azubis werden dringender denn je gesucht: In der aktuellen "Ausbildungsumfrage 2024" meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Höchststand bei der Zahl der Betriebe, die nicht genügend Nachwuchs finden. Das Gastgewerbe gehört neben Industrie, Handel, Verkehrsbranche und Baugewerbe zu den am meisten betroffenen Branchen.

Der DEHOGA Bundesverband warnt aktuell vor zwei Betrugsmaschen. So habe der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität Hinweise auf Fake-Rechnungen erhalten. Bei einer zweiten aktuellen Betrugsmasche wird potentiellen Opfern Ware aus der angeblichen Insolvenzmasse eines Getränkemarkts angeboten.

Um das Gehalt aufzustocken, kann sich neben dem eigentlichen Hauptberuf noch ein Minijob eignen. Oder vielleicht sogar mehrere? Folgendes sollten Sie dazu wissen.

Viele der rund 1,2 Millionen Azubis machen einer Umfrage zufolge regelmäßig Überstunden. Angehende Köchinnen und Köche leisten demnach mit durchschnittlich 6,1 Überstunden pro Woche die meiste Mehrarbeit gefolgt von Hotel-Azubis.

Ist der Arbeitsplatz vom Wohnsitz weit entfernt, haben Arbeitnehmer manchmal eine zweite Wohnung in der Nähe vom Job. Welche Kosten für Heimfahrten sie bei der Steuererklärung geltend machen können.