Fast jeder zweite Deutsche will weniger tierische Produkte essen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

In Deutschland gibt es ein hohes Bewusstsein für die Notwendigkeit, das Lebensmittelangebot um nachhaltige Optionen zu erweitern: 58% der Menschen in Deutschland sagen, dass wir heute zu viele tierische Produkte essen und 49% der Befragten sprechen sich dafür aus, dass es Alternativen zu Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten braucht. 

Das zeigt eine neue Umfrage in Deutschland, die der gemeinnützige Think Tank Good Food Institute Europe beim Meinungsforschungsinstitut YouGov in Auftrag gegeben hat. Für die Umfrage wurden im Februar 2024 insgesamt 2.105 Menschen in Deutschland befragt. Sie ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

Pflanzliche Alternativen im Aufwind

Die Konsumgewohnheiten in Deutschland verändern sich: 46% der Befragten sagen, dass sie in den nächsten zwei Jahren weniger tierische Produkte konsumieren wollen. Eine große Rolle bei diesem Wandel spielen pflanzliche Optionen, denn sie erlauben es Menschen, den Konsum von tierischen Produkten auf eine nachhaltige Weise zu reduzieren, ohne ihre Ernährungsgewohnheiten grundlegend ändern zu müssen.

30% der Befragten geben an, dass sie in den kommenden zwei Jahren häufiger zu pflanzlichen Fleischalternativen greifen wollen, 27% sagen dies bei pflanzlichen Milchalternativen. In der Gruppe der unter 35-jährigen und in der Gruppe der Flexitarier ist die Zustimmung zu dieser Aussage noch deutlich größer. 

Deutschland ist der mit Abstand größte Markt für pflanzliche Alternativen in Europa und weist seit Jahren ein dynamisches Wachstum auf. Damit Deutschland von diesem wachsenden neuen Sektor profitieren kann, braucht es auch politische Weichenstellungen für faire Wettbewerbsbedingungen.   

Deutsche fordern faire Mehrwertsteuer für Milchalternativen

Gegenwärtig gilt für pflanzliche Milch – zum Beispiel Sojamilch oder Hafermilch – in Deutschland der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19%, während für Kuhmilch der ermäßigte Steuersatz von 7% Anwendung findet. Damit gehört Deutschland zu einer kleinen Gruppe von Ländern in Europa, die Pflanzenmilch über das Steuersystem benachteiligen. 

Im Sommer 2023 haben Abgeordnete von SPD und Grünen gefordert, diese Benachteiligung zu beenden und den Steuersatz für pflanzliche Milchalternativen von 19% auf 7% anzugleichen. In der Umfrage sprechen sich 62% der Menschen für diese Maßnahme aus. Dabei wird diese Ansicht nicht nur von den Wählerinnen und Wählern der Regierungsparteien geteilt, sondern findet auch eine Mehrheit bei den Wählerinnen und Wählern aller anderen Parteien im Bundestag. 

Auch andere politische Maßnahmen zur Stärkung von pflanzlichen Alternativen finden Zustimmung bei den Befragten: 53% wünschen sich, dass Landwirte dabei unterstützt werden, auf einen höheren Anteil von pflanzlichen Lebensmitteln umzustellen. 47% sprechen sich dafür aus, den Anteil von pflanzlichen Produkten in öffentlichen Kantinen zu erhöhen, zum Beispiel in Schulen und Krankenhäusern. Ebenfalls 47% wünschen sich, dass die Politik in Deutschland Forschung zu neuen Lebensmitteln unterstützt, wie zum Beispiel zu pflanzenbasierten Alternativprodukten.

Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe: „Deutschland ist der größte Plantbased-Markt in Europa und ist auch weltweit ein Vorreiter in diesem Bereich. Auch in den kommenden Jahren wollen die Menschen mehr pflanzliche Alternativen zu Fleisch und Milchprodukten konsumieren. Doch aktuell ist der Marktanteil dieser nachhaltigen Optionen noch gering, und der Wandel sollte durch politische Maßnahmen für einen fairen Wettbewerb begleitet werden. Knapp zwei Drittel der Deutschen wollen, dass pflanzliche Milch nicht länger durch die deutsche Mehrwertsteuer benachteiligt wird. Die gegenwärtige Diskriminierung von pflanzlichen Produkten steht in eklatantem Widerspruch zu den deutschen Nachhaltigkeitszielen und sollte daher schnellstmöglich korrigiert werde.”

Deutsche wollen Wahlfreiheit bei kultiviertem Fleisch

In der Umfrage wurde auch nach einem Lebensmittel gefragt, das heute noch nicht in Deutschland und Europa zu kaufen ist: Kultiviertes Fleisch ist das gleiche Rinder-, Schweine- und Hühnerfleisch, das wir heute essen. Es wird jedoch nicht durch die Aufzucht von Tieren hergestellt. Für die Herstellung wird einem Tier eine kleine Probe von Zellen entnommen und in einen Fermenter mit einer Nährlösung gegeben. Dort erhalten die Zellen das Wasser, die Nährstoffe und die Wärme, die sie für ihre Vermehrung und ihr Wachstum benötigen. 

53% der Befragten sagen, dass sie schon einmal von dieser neuen Art, Fleisch herzustellen, gehört haben. 47% der Menschen in Deutschland geben an, dass sie kultiviertes Fleisch zumindest einmal probieren würden. 

In manchen Ländern Europas wird kultiviertes Fleisch gegenwärtig kontrovers diskutiert. Italien hat sogar aus politischen Gründen ein umstrittenes Gesetz erlassen, um die Herstellung und Vermarktung von kultiviertem Fleisch zu verbieten – bevor überhaupt ein erster Zulassungsantrag bei den zuständigen Behörden eingegangen ist. 

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Menschen in Deutschland auf Wahlfreiheit setzen und die Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden lassen wollen, ob sie kultiviertes Fleisch essen wollen: 65% der Befragten sprechen sich dafür aus, dass kultiviertes Fleisch in Deutschland zugelassen wird, wenn die Behörden für Lebensmittelsicherheit es für sicher und nahrhaft befinden. In fast allen Wählergruppen teilen mehr als zwei Drittel diese Position, einzig bei den Wählerinnen und Wählern der AfD sind es weniger als 50%. 

66% der Menschen sagen, dass kultiviertes Fleisch auch in Deutschland hergestellt werden sollte, wenn es auf den Markt kommt, so dass auch die deutsche Wirtschaft davon profitieren kann. Diese Position wird in allen Wählergruppen geteilt. 

Ivo Rzegotta von GFI: „Kultiviertes Fleisch muss ein gründliches, mehrstufiges Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor es auf den europäischen Markt kommt. Dabei gelten die weltweit strengsten Standards für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz. Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, dass die Deutschen keine ideologisch aufgeladenen Debatten wollen, sondern dass sie es den Menschen überlassen wollen, ob sie kultiviertes Fleisch essen oder nicht. Zudem machen die Ergebnisse deutlich, dass die Deutschen zunehmend auch die wirtschaftlichen Chancen in diesem neu entstehenden Bereich sehen.” 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Rheinland-pfälzische Restaurants und Beherbergungsbetriebe haben in den ersten neun Monaten des Jahres weniger Umsätze gemacht als im selben Zeitraum 2023. Bergauf ging es hingegen bei den Mitarbeitern.

Für die Gen Z, also die zwischen 1997 und 2012 geborenen Jahrgänge, ist gesundes und bezahlbares Essen am Arbeitsplatz ein bedeutendes Kriterium bei der Arbeitsplatzwahl. Das ist eine der Erkenntnisse einer Studie des Münchner Unternehmens Foodji.

Deutschlands Arbeitsmarkt braucht laut einer Studie viel mehr Zuwanderung als bisher. Es geht um Kräfte im sechsstelligen Bereich. Barrieren müssten weg - dazu gehört auch Diskriminierung in Top-Jobs.

Ein Minijob in der Elternzeit bringt Vorteile – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Nicht jede Art von Minijob lässt sich während der Elternzeit ohne Weiteres ausüben. Was dabei beachten werden sollte.

Die nach wie vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen sorgen dafür, dass für Unternehmen mitunter kein Weg an betriebsbedingten Kündigungen von Mitarbeitenden vorbeiführt. Doch wie werden solche Kündigungen rechtssicher und wirksam ausgesprochen?

Nach einem ordentlichen Sommer sind viele Gastronomen und Hoteliers in Niedersachsen zufrieden mit der Saison. Doch der Ausblick besorgt die Tourismusbranche - das liegt laut einer Umfrage vor allem an zwei Gründen.

Ausweislich der aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben sich im gerade abgelaufenen Berichtsjahr 2023/2024 erneut mehr junge Menschen um einen Ausbildungsplatz in den gastgewerblichen Berufen beworben.  Einstellungen sind auch im Herbst und Winter noch möglich. Darauf weist der DEHOGA Bundesverband hin.

Wer bekommt an den Feiertagen frei? Wann gibt es Zuschläge und Geschenke? Hier sind arbeitsrechtliche Regeln, die Sie rund um Weihnachten parat haben sollten.

Corona-Krise, Energiepreisschock, Konjunkturflaute: Immer mehr Unternehmen in Deutschland geben auf. Für das Gesamtjahr deutet sich eine deutliche Steigerung der Insolvenzzahlen an.

Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt hat sich in ihrem Masthuhn-Report zum dritten Mal mit dem Tierwohl beschäftigt. Dabei stehen in diesem Jahr neben der Systemgastronomie erstmals auch der Lebensmitteleinzelhandel, Contract Caterer und Hersteller im Fokus.