Jeder dritte Ausbildungsplatz blieb 2023 unbesetzt

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

35 Prozent der Ausbildungsplätze blieben im Jahr 2023 unbesetzt, zeigt eine Datenauswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, für die 15.000 Betriebe befragt wurden. Woran liegt das und was bedeutet das wiederum für Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz?

Prof. Bernd Fitzenberger, Ökonom und Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gibt Antworten.

Ihrer Befragung zufolge bleiben 35 Prozent der Ausbildungsstellen unbesetzt. Ist das viel?

Bernd Fitzenberger: Ja, 35 Prozent ist eine Rekordzahl. Das ist ein Anteil wie wir ihn in Deutschland bis 2023 noch nie gesehen haben. Im Jahr 2010 waren es noch 15 Prozent. Wir sehen hier das große Interesse der Betriebe an der dualen Ausbildung, das weiter zunimmt.

Insbesondere in bestimmten Bereichen und Branchen können Ausbildungsplätze nicht besetzt werden: Das sehen wir etwa bei Kleinstbetrieben im Baugewerbe, in den personennahen Dienstleistungen wie dem Friseurgewerbe, aber auch bei Stellen für Fachverkäufer und -verkäuferinnen.

Sie haben Betriebe nach Hintergründen gefragt, warum Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben. Was waren die wichtigsten Antworten?

Fitzenberger: Etwa 50 Prozent der Betriebe sagen, es gebe keine geeigneten Bewerbungen. Und was sind die tiefergehenden Gründe? Da sagen über 40 Prozent der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsplätzen: Der spezifische Ausbildungsberuf, der angeboten wird, hat kein gutes Image. Ebenfalls über 40 Prozent benennen wenig attraktive Arbeitsbedingungen und über 35 Prozent auch wenig attraktive Karriere- und Aufstiegschancen.

Und wenn sogar Betriebe es so sehen, dass bestimmte Ausbildungsberufe, die sie anbieten, gar nicht als attraktiv wahrgenommen werden, gebe ich dem schon ein recht starkes Gewicht - auch wenn unsere Befragung nur die Sicht der Betriebe und nicht die der jungen Erwachsenen widerspiegelt, die für die Ausbildungsstellen gewonnen werden sollen.

Wir sehen, dass die Ausbildung ein Attraktivitätsproblem hat. Und zwar, das betone ich stark: Die Ausbildung hat ein Attraktivitätsproblem für den Bewerbertypus, den sich die Betriebe idealerweise wünschen. Von denen finden sie nicht mehr so viele, wie sie gerne einstellen würden. Und deshalb unternehmen die Betriebe sehr viel, um die Ausbildung und ihre Attraktivität zu fördern - sei es über Prämien, Sonderzahlungen, finanzielle Unterstützung oder Sach- und Geldleistungen.

Was lässt sich daraus jetzt für junge Erwachsene schließen, die noch auf der Suche nach einer Ausbildung sind, aber bisher nicht erfolgreich waren?

Fitzenberger: Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, kann man nur sagen: Bleibt dran. Seid offen für Ausbildungsplatzangebote, die vielleicht nicht eure erste Wahl sind. Betriebe, die eine Stelle gar nicht besetzen können, sind vielleicht doch bereit, im Sommer oder im Herbst jemanden einzustellen, den sie im Frühjahr noch nicht in Erwägung gezogen hätten.

Und wenn es dieses Jahr nicht klappt, bewerbt euch für Praktika, um Erfahrungen zu sammeln und auch um euch interessant zu machen. Informiert euch auch über Förderangebote. Gerade Bewerberinnen und Bewerber, die für Betriebe nicht die erste Wahl sind, können das noch werden, wenn ein Betrieb weiß, dass es Unterstützungsangebote gibt - etwa über eine Einstiegsqualifizierung der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Und grundsätzlich ist es so wie im allgemeinen Arbeitsmarkt auch: Großbetriebe, sehr sichtbare oder bekannte Firmen tun sich wesentlich leichter in der Rekrutierung als kleine und unbekannte Firmen. Die kleinen Firmen melden ihr Ausbildungsplatzangebot nicht mal unbedingt bei der Bundesagentur für Arbeit. Da lohnt es sich, proaktiv auf diese Betriebe zuzugehen - etwa, wenn man Interesse an einer Ausbildung im Handwerk oder als Fachverkäufer oder -verkäuferin et cetera hat. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Deutschland ist der mit Abstand größte Markt für pflanzliche Lebensmittel in Europa und baut seinen Vorsprung noch weiter aus. Trotz der Zuwächse machen die pflanzenbasierten Optionen bislang nur einen kleinen Teil des gesamten Marktes aus.

Wie ergeht es den deutschen Gastbetrieben nach den Pandemiejahren? Was können Unternehmen tun, um sich weiter zu verbessern? TREUGAST und ETL ADHOGA gehen der Frage in ihrem geplanten Betriebsvergleich 2024 nach. Gastgeber, die sich beteiligen, erhalten ein kostenfreies Exemplar.

Wer an bayerisches Essen denkt, hat schnell Bilder von Haxn, Würsten und Braten im Kopf. Eine Studie zeigt nun allerdings, dass sich nicht nur auf den Tellern im Freistaat viel verändert hat.

Krankheitsausfälle im Job sind nach einer Auswertung der DAK-Gesundheit auch im Sommer auf einem hohen Stand geblieben. Fast ein Drittel der Erwerbstätigen war demnach im Zeitraum von Juli bis einschließlich September mindestens einmal krankgeschrieben.

Ein Arbeitsvertrag für ein Jahr: Für viele ein guter Einstieg in den Beruf. Auf lange Sicht aber kann ein befristetes Arbeitsverhältnis für Unsicherheit und Stress sorgen. Was ist erlaubt?

Schwimmbecken voller Wein, Exportschlager Liebfrauenmilch, Glykol-Skandal und Riesling-Boom: Das Deutsche Weininstitut blickt auf 75 bewegte Jahre - und sieht neue Herausforderungen.

Nicht selten passiert es, dass der Arbeitgeber kündigt und Beschäftigte dann freistellt. Aber was bedeutet das für den Urlaubsanspruch? Diesen Sonderfall bei Krankheit sollten Sie kennen.

Der Arbeitgeber hat eine Bonuszahlung zugesagt und will diese nun plötzlich kürzen oder gar streichen? Was bei vielen Arbeitnehmern Frust auslöst, ist oft gar nicht zulässig. Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erläutert die Rechtslage.

Kneipen, Hotels und Campingplätze waren die großen Gewinner des Augusts. Der Ferienmonat ließ im bayerischen Gastgewerbe fast überall die Umsätze sowohl nominell als auch preisbereinigt gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen.

Freitags immer frei und trotzdem wie in einem Vollzeit-Job bezahlt werden: Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Verfechter von so einer Vier-Tage-Woche halten das aber für praxistauglich.