Mehr Firmeninsolvenzen, aber keine Pleitewelle erwartet

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Experten gehen davon aus, dass es nach einem Rekordtief im Corona-Jahr 2021 im kommenden Jahr erstmals seit langem wieder mehr Unternehmenszusammenbrüche geben wird. «Wir gehen zwar nicht von Insolvenzwelle aus, rechnen im kommenden Jahr aber mit einem Anstieg insbesondere im Handel und der Gastronomie. Im gewerblichen Bereich dürften die Zahlen stagnieren», sagte der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch. Es wäre demnach der erste Anstieg der Firmeninsolvenzen seit dem Jahr 2009.

Nach am Mittwoch veröffentlichten Daten der Wirtschaftsauskunftei sinkt die Zahl der Unternehmenspleiten im laufenden Jahr dank staatlicher Corona-Hilfsmilliarden auf den niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung 1999. Creditreform geht von 14 300 Fällen aus, das wären 10,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und halb so viele Firmen-Pleiten wie 2012.

Eine genaue Prognose für das kommende Jahr gab Creditreform nicht ab. «Alles hängt davon ab, wie sich die Pandemie weiterentwickelt und ob es wieder zu Eingriffen ins Wirtschaftsleben kommt», sagte Hantzsch. Schwierig könnte es unter anderem für Firmen werden, die Corona-Hilfskredite der staatlichen Förderbank KfW in Anspruch genommen hätten. «Während auf der einen Seite das Eigenkapital schrumpft, belasten die aufgenommenen Kredite die Unternehmen langfristig. Wenn jetzt noch eine größere Krise kommt, dürfte vielen dann endgültig die Puste ausgehen.»

Der Kreditversicherer Euler Hermes rechnet im kommenden Jahr ebenfalls mit mehr Firmenzusammenbrüchen in Deutschland. 2022 dürften die Zahl der Pleiten auf etwa 16 300 Fälle nach geschätzt rund 15 000 Insolvenzen in diesem Jahr steigen, sagte Euler Hermes-Experte Maxime Lemerle Anfang Oktober. Eine Pleitewelle droht nach seiner Einschätzung damit jedoch nicht: «Es ist weiterhin ein sehr niedriges Niveau der Fallzahlen.»

Auch im laufenden Jahr wurde trotz teils massiver Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie, die insbesondere Gastronomie, Handel und Tourismus hart trafen, eine Insolvenzwelle durch staatliche Unterstützung verhindert. «Die Kehrseite der Medaille ist aber die wachsende Zahl an potenziellen Zombieunternehmen, deren Entstehen durch die weiter fortgeführte Subventionspolitik gefördert wird», warnte Creditreform-Experte Hantzsch.

Die Deutsche Bundesbank sah zuletzt allerdings keine Anzeichen, dass eigentlich nicht überlebensfähige Firmen mit staatlichen Hilfsgeldern künstlich am Leben gehalten werden. «Wir sehen im Moment keine Hinweise darauf, dass wir eine Zombifizierung bekommen», sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. Aber man müsse die Lage im Unternehmenssektor sehr genau beobachten. «Wir wollen sicherlich nicht in eine Situation kommen, dass wir Insolvenzen verschleppen.»

Die staatlichen Corona-Wirtschaftshilfen und die Regelungen zur Kurzarbeit wurden jüngst bis Ende März 2022 verlängert. Nach Einschätzung der privaten Banken wird dies eine Pleitewelle in Deutschland verhindern. Die Stimmung in den Unternehmen habe sich zuletzt zwar deutlich eingetrübt, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) Christian Ossig jüngst. «Eine große Pleitewelle erwarten wir aber nach wie vor nicht.» Allerdings könnten den BdB zufolge die kommenden Monate für einige Unternehmen brenzlig werden. «Insbesondere kleine Unternehmen weisen vereinzelt erste Eigenkapitallücken auf», schrieb der BdB.

Erste Anzeichen dafür gibt es bereits. Nach Daten von Creditreform steigt die Zahl der Pleiten von Kleinstunternehmen mit einem jährlichen Umsatz von unter 250 000 Euro in diesem Jahr gegen den Trend auf 7340 Fälle. Im Vorjahr wurden hier noch 7290 Insolvenzen gezählt. «Mit Andauern der Corona-Krise hatten diese Firmen immer weniger Reserven», erläuterte Creditreform.

Um eine Pleitewelle in der Corona-Krise 2020 abzuwenden, hatte der Staat zeitweise auch die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ausgesetzt. Seit dem 1. Mai des laufenden Jahres gilt die Insolvenzantragspflicht wieder vollumfänglich. Ausnahmen gibt es noch für Betriebe, die im Sommer Schäden durch Starkregen oder Überflutungen erlitten haben. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Arbeitsmittel sparen – auf Kosten der Mitarbeiter? Manche Arbeitgeber bitten ihre Angestellten, den eigenen Laptop für die Arbeit zu nutzen. Doch sind Arbeitnehmer verpflichtet, dem zuzustimmen?

Es beginnt harmlos – ein beiläufiger Kommentar über die bevorstehende Wahl. Doch was passiert, wenn das lockere Politik-Gespräch am Arbeitsplatz in hitzige Debatten mit extremen Positionen umschlägt?

Bis zum 23. September können sich auch Hoteliers und Gastronomen um den Deutschen Fachkräftepreis bewerben. Das Bundesministerium für Arbeit zeichnet innovative Lösungen und Beiträge zur Fachkräftesicherung und -gewinnung in insgesamt sieben Kategorien aus.

Vom 29. September bis 6. Oktober 2024 findet wieder die Aktionswoche: Zu gut für die Tonne! des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft statt. Bundesweite Mitmach-Aktionen rund um das Thema „Lebensmittelverschwendung“ sollen zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen motivieren.

Azubis werden dringender denn je gesucht: In der aktuellen "Ausbildungsumfrage 2024" meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Höchststand bei der Zahl der Betriebe, die nicht genügend Nachwuchs finden. Das Gastgewerbe gehört neben Industrie, Handel, Verkehrsbranche und Baugewerbe zu den am meisten betroffenen Branchen.

Der DEHOGA Bundesverband warnt aktuell vor zwei Betrugsmaschen. So habe der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität Hinweise auf Fake-Rechnungen erhalten. Bei einer zweiten aktuellen Betrugsmasche wird potentiellen Opfern Ware aus der angeblichen Insolvenzmasse eines Getränkemarkts angeboten.

Um das Gehalt aufzustocken, kann sich neben dem eigentlichen Hauptberuf noch ein Minijob eignen. Oder vielleicht sogar mehrere? Folgendes sollten Sie dazu wissen.

Viele der rund 1,2 Millionen Azubis machen einer Umfrage zufolge regelmäßig Überstunden. Angehende Köchinnen und Köche leisten demnach mit durchschnittlich 6,1 Überstunden pro Woche die meiste Mehrarbeit gefolgt von Hotel-Azubis.

Ist der Arbeitsplatz vom Wohnsitz weit entfernt, haben Arbeitnehmer manchmal eine zweite Wohnung in der Nähe vom Job. Welche Kosten für Heimfahrten sie bei der Steuererklärung geltend machen können.

Pizza und Pasta sind nicht nur in Italien in aller Munde: Auch in sechs anderen europäischen Ländern liegt die italienische Küche weit vorn. Am schlechtesten bewerten viele das Essen von der Insel. Das sehen auch die Briten so.