Neuer Höchststand: Rund jeder dritte Betrieb schickt Mitarbeiter in Kurzarbeit

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Was keine Finanzkrise und kein Staatsschuldenproblem jemals schaffte, hat das Coronavirus erreicht: Rund ein Drittel aller dazu berechtigten Unternehmen haben für ihre Mitarbeiter oder einen Teil davon Kurzarbeit angemeldet. Die Zahl der anzeigenden Betriebe sei gemessen an der Vorwoche um zwölf Prozent auf 725.000 gestiegen, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in Nürnberg mit. Ende 2019 waren insgesamt 2,183 Millionen Betriebe in Deutschland registriert, die mindestens einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben und damit zur Kurzarbeit berechtigt sind.

Die Statistik hinkt leicht, weil etwa bei großen Konzernen mehrere Betriebsteile als eigene Unternehmen erfasst sind oder im Anstellungsverhältnis befindliche, nicht verbeamtete Lehrer fiktiven Unternehmen zugeordnet werden. Sie erfasst auch nicht, wie viele Menschen tatsächlich von Kurzarbeit betroffen sind. Die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes erfolgt in den Betrieben selbst. Eine belastbare Statistik ist erst im Nachgang möglich, wenn Betriebe und Arbeitsagenturen miteinander abgerechnet haben.

Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, geht davon aus, dass die Zahl der durch die Corona-Krise verursachten Kurzarbeiter einen neuen Rekord markiert. Der bisherige Höchststand war im Mai 2009 erreicht worden, als 1,44 Millionen Menschen von Kurzarbeit betroffen waren. Bei 725.000 anzeigenden Betrieben müsste im Schnitt jeder nur für zwei Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen, um auf diese Zahl zu kommen. Der reale Wert dürfte deutlich darüber liegen.

Gastronomie und Tourismus am stärksten betroffen

Allein in der Metallindustrie sind nach Angaben des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall bereits 1,2 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Zu erwarten sei eine weitere Million allein der insgesamt vier Millionen Beschäftigten in dieser Branche, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands, Oliver Zander, am Montag. Die Chemie- und Pharmabranche geht dagegen nur von 85.000 Kurzarbeitern unter ihren rund 580.000 Beschäftigten im April aus. Am stärksten betroffen sind jedoch nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Branchen wie Gastronomie oder Tourismus.

Bei der Bundesagentur arbeiten den Angaben zufolge inzwischen 8.000 Mitarbeiter an der Abwicklung von Kurzarbeit, zehn Mal so viele wie in normalen Zeiten. Kurzarbeit gilt in Politik und Wirtschaft als probates Mittel für Unternehmen, um einige Wochen oder Monate der Flaute zu überbrücken, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Die Beschäftigten erhalten dann 60 Prozent - mit Kindern 67 Prozent - des Nettoverdienstausfalles. In einigen Branchen stocken die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aber nach tariflichen Vereinbarungen auf.

Aus der Politik waren zuletzt Forderungen laut geworden, das Kurzarbeitergeld als staatliche Leistung zu erhöhen - nach Wunsch der Grünen auf bis zu 90 Prozent des Nettoausfalls bei kleineren Einkommen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und die CDU-Arbeitnehmerorganisation CDA hatten Forderungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes erhoben.

Sicher ist bereits jetzt, dass die im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit veranschlagten 255 Millionen Euro zur Bezahlung von Kurzarbeit bei weitem nicht ausreichen werden. Die Bundesagentur verfügt derzeit allerdings über eine Rücklage in Höhe von 26 Milliarden Euro, von der sie zehren kann. Vorstandschef Scheele glaubt, dass das Geld zumindest für das Jahr 2020 ausreichen werde. Kurzarbeitergeld ist jedoch eine Pflichtleistung - im Zweifel müsste aus dem Bundeshaushalt nachgeschossen werden.

(dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Vom 29. September bis 6. Oktober 2024 findet wieder die Aktionswoche: Zu gut für die Tonne! des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft statt. Bundesweite Mitmach-Aktionen rund um das Thema „Lebensmittelverschwendung“ sollen zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen motivieren.

Azubis werden dringender denn je gesucht: In der aktuellen "Ausbildungsumfrage 2024" meldet die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Höchststand bei der Zahl der Betriebe, die nicht genügend Nachwuchs finden. Das Gastgewerbe gehört neben Industrie, Handel, Verkehrsbranche und Baugewerbe zu den am meisten betroffenen Branchen.

Der DEHOGA Bundesverband warnt aktuell vor zwei Betrugsmaschen. So habe der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität Hinweise auf Fake-Rechnungen erhalten. Bei einer zweiten aktuellen Betrugsmasche wird potentiellen Opfern Ware aus der angeblichen Insolvenzmasse eines Getränkemarkts angeboten.

Um das Gehalt aufzustocken, kann sich neben dem eigentlichen Hauptberuf noch ein Minijob eignen. Oder vielleicht sogar mehrere? Folgendes sollten Sie dazu wissen.

Viele der rund 1,2 Millionen Azubis machen einer Umfrage zufolge regelmäßig Überstunden. Angehende Köchinnen und Köche leisten demnach mit durchschnittlich 6,1 Überstunden pro Woche die meiste Mehrarbeit gefolgt von Hotel-Azubis.

Ist der Arbeitsplatz vom Wohnsitz weit entfernt, haben Arbeitnehmer manchmal eine zweite Wohnung in der Nähe vom Job. Welche Kosten für Heimfahrten sie bei der Steuererklärung geltend machen können.

Pizza und Pasta sind nicht nur in Italien in aller Munde: Auch in sechs anderen europäischen Ländern liegt die italienische Küche weit vorn. Am schlechtesten bewerten viele das Essen von der Insel. Das sehen auch die Briten so.

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Die Ent­spannung nach dem Urlaub hält bei vielen Beschäftigten nicht lange an. Jeder dritte Befragte ist bereits in der ersten Arbeitswoche nach dem Urlaub wieder urlaubsreif.

Frauen waren stets unzufriedener mit dem eigenen Einkommen als Männer. Diese Lücke ist einer Studie zufolge zuletzt zumindest kleiner geworden. Abgefragt wurde auch die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit.

Tatsächlich selbstständig oder doch abhängig beschäftigt? Eine Frage, vor der viele Freiberuflerinnen und Freiberufler stehen. Aber was ist eigentlich das Problem?