Regelmäßige Fleischesser bleiben Mehrheit

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Für die einen ist ein Alltag ohne Fleisch und Wurst unvorstellbar, für die anderen ist eine fleischlose Ernährung eine Gewissensfrage oder der Schlüssel gegen den Klimawandel. Anlässlich des Weltvegetariertages am Sonntag, 1. Oktober, wollte die Data & Analytics Group YouGov gemeinsam mit dem SINUS-Institut von den Menschen in Deutschland in einer repräsentativen Online-Befragung wissen, wie groß das Potenzial von vegetarischer Ernährung in Deutschland ist, warum man Fleisch und Fisch nicht vom Speiseplan streicht, und auf welche fleischlosen Ernährungsexperimente sich die Deutschen einlassen würden.

Die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) achtet bei der Ernährung darauf, wenig bis kein Fleisch bzw. Fisch zu essen: Nach eigenen Angaben ernähren sich 38 Prozent der Befragten flexitarisch (d.h. seltener bzw. unregelmäßiger Konsum von Fleisch oder Fisch), 10 Prozent vegetarisch bzw. pescetarisch und 3 Prozent vegan (d.h. keine tierischen Produkte). Die größte Gruppe bilden mit 46 Prozent jedoch diejenigen, die häufig Fleisch und Fisch essen.

Künftig mehr Menschen vegetarisch und vegan? Größte Potenziale bei unter 40-Jährigen und in progressiven Milieus



In Zukunft dürfte die Bedeutung von Vegetarismus und Veganismus steigen. Unter jenen, die sich derzeit nicht vegetarisch oder vegan, also omnivor ernähren, kann sich ein Viertel (24 Prozent) eine vegetarische Lebensweise vorstellen. Vegane Ernährung kommt für 14 Prozent dieser Gruppe in Frage. Besonders große Offenheit für fleischlose Ernährung äußern jüngere Menschen: 42 Prozent der unter 40-jährigen Omnivoren können sich vorstellen, komplett auf Fleisch und Fisch zu verzichten. Vegan zu leben, schließen 27 Prozent der unter 40-Jährigen Allesesser für sich nicht aus.

Die Neugierde auf fleischlose Gerichte ist deutlich höher als die tatsächliche Bereitschaft zu einer grundlegenden Ernährungsumstellung. So ist jeweils die Hälfte der Nicht-Vegetarier grundsätzlich neugierig darauf, vegetarische Gerichte auszuprobieren (50 Prozent), oder spricht sich für einen vegetarischen Tag pro Woche in Kantinen oder Restaurants aus (48 Prozent).

Größte Barrieren für die Umstellung zu Vegetarismus: Geschmack, Gewohnheit, Gesundheit

Menschen, die Fleisch und Fisch essen, nennen vielfältige Gründe, weshalb sie nicht darauf verzichten möchten. Am häufigsten werden der unverzichtbare Geschmack von Fleisch und Fisch (48 Prozent), Ernährungsgewohnheiten durch Tradition oder Kultur (32 Prozent) und die Sorge vor einer ungesunden Mangel-Ernährung (25 Prozent) angeführt. Andere Gründe sind jeweils nur für eine Minderheit ausschlaggebend, z.B. fehlendes Wissen zu Vegetarismus, soziale Faktoren wie das Verhalten des Umfeldes in Bezug auf den eigenen Verzicht, oder mögliche Herausforderungen im Alltag durch die Umstellung der Ernährungsweise.

„Der Anteil der Flexitarier sowie der Vegetarier und Veganer wird, auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der Ernährungsgewohnheiten in den jüngeren Zielgruppen, in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Damit wird auch die Nachfrage nach entsprechenden Produkten im Convenience- und TK-Bereich sowie auf Speisekarten weiter steigen. Für Nahrungsmittelproduzenten sowie Supermärkte und Discounter aber auch für die Gastronomie bietet sich hier die Chance, durch eine entsprechende Produktpalette den mit der Nachfrage steigenden Wunsch der Verbraucher nach mehr Vielfalt und Abwechslung zu bedienen und Kunden zu gewinnen“, sagt Philipp Schneider, Head of Marketing DACH bei YouGov.

Umweltschutzaspekte von fleischreduzierter Ernährung sind für Menschen, die Fleisch essen, etwas relevanter als der persönliche Benefit: So stimmen 56 Prozent zu, dass es gut für den Klimaschutz wäre, wenn alle Menschen weniger Fleisch, Wurst und Fisch essen würden, während nur 42 Prozent der Meinung sind, dass ihnen persönlich weniger von diesen Lebensmitteln guttun würde.

Dass Ernährung ein Ausdruck von Lebensstil und Werten ist, zeigt das Mapping der Ergebnisse im Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus. Auf dieser „Landkarte der Gesellschaft“ werden Menschen anhand ihrer Lebenswelt und sozialen Lage in zehn „Gruppen Gleichgesinnter“ unterteilt. Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts, erläutert: „Je moderner ein Mensch im soziokulturellen Sinne tickt, desto größer die Offenheit für fleischlose Ernährung. Während das Milieu der Expeditiven als urbane kreative Bohème immer auf der Suche nach Experimenten ist und fleischlose Ernährung als trendigen Lifestyle begreift, besteht im Milieu der Nostalgisch-Bürgerlichen die geringste Bereitschaft für Vegetarismus und Veganismus. Für diese harmonieorientierte Mitte der Gesellschaft ist Fleisch ein selbstverständlicher Bestandteil der Ernährung und quasi ein deutsches Kulturgut. Hier fühlt man sich zunehmend unter sozialen Druck gesetzt, vegetarisch leben zu müssen. Es besteht die Angst, dass einem jetzt auch noch das Schnitzel weggenommen wird, was durchaus Raum für Populismus-Erfolge schafft.“

Auch Nicht-Vegetarier sind um Tierwohl besorgt

Die Sorge um Tierwohl treibt auch Fleischesser um, wenngleich daraus keine Umstellung der Ernährung folgt. So ist sich eine deutliche Mehrheit aller Deutschen einig (82 Prozent), dass Tiere immer artgerecht gehalten werden sollten, auch wenn tierische Produkte dadurch teurer werden. Eine knappe Mehrheit (51 Prozent) ist zuversichtlich, dass man als Verbraucher letztendlich beeinflussen kann, wie Tiere gehalten werden. Die Deutschen bewerten die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sehr negativ: 60 Prozent finden diese abstoßend. Erwartungsgemäß stimmen Vegetarier diesen Aussagen stärker zu als Nicht-Vegetarier.

Neugierde auf Fleisch-Ersatzprodukte, Labor-Fleisch und Insekten?

Fleischlose Ernährung ist ein wichtiger Innovationstreiber im Food-Bereich, wie die zunehmende Vielfalt von Fleischersatzprodukten im Supermarkt oder in der Gastronomie zeigt. Doch welche Erfahrungen haben die Deutschen damit gemacht? Etwas über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) hat schon einmal vegetarische Wurst, Schnitzel oder Hackfleisch gegessen. 11 Prozent haben dies noch nicht getan, zeigen sich aber offen für einen Versuch. Knapp drei von zehn (28 Prozent) möchten auch künftig keine Fleischersatzprodukte probieren.

Derzeit wird an Möglichkeiten geforscht, Fleisch im Labor künstlich zu züchten. Dies würde Fleischkonsum ermöglichen, ohne Tiere dafür zu töten. Gut ein Drittel der Befragten (36 Prozent) würde derartiges „Labor-Fleisch“ essen, gut die Hälfte (53 Prozent) schließt dies jedoch aus. Auch Insekten werden als zukunftsträchtige Fleisch-Alternative gepriesen. 41 Prozent der Deutschen gehen davon aus, dass Käfer und Co. künftig eine größere Rolle in unserer Ernährung spielen werden.

Vergleich zu Österreich: Etwas höheres Bewusstsein für fleischreduzierte Ernährung und Tierwohl

Wiener Schnitzel, Tafelspitz oder Beuschel – in der österreichischen Küche spielt Fleisch eine sehr große Rolle. Womöglich ist deswegen das Bewusstsein für fleischreduzierte Ernährung und Tierwohl bei unseren Nachbarn etwas größer, aber die Verzichtsbereitschaft wiederum geringer ausgeprägt. Das hat SINUS-Partner INTEGRAL für Österreich herausgefunden. So geben zwar 45 Prozent der Österreicher an, nur selten bzw. unregelmäßig Fleisch, Wurst und Fisch zu essen (vs. 38 Prozent der Deutschen), aber nur 6 Prozent leben vegetarisch bzw. pescetarisch (vs. 10 Prozent in Deutschland). Für diese Lesart spricht auch, dass die Neugierde der österreichischen Allesesser auf vegetarische Gerichte etwas größer ist als in Deutschland (55 Prozent in AT vs. 50 Prozent in DE). Auch befürworten 89 Prozent aller Befragten, dass Tiere immer artgerecht gehalten werden sollten, auch wenn Produkte dadurch mehr kosten (vs. 82 Prozent in DE).
 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Sind haben sich krankgemeldet - und plötzlich steht jemand von der Firma vor der Tür? Was absurd klingt, soll in einigen Unternehmen gängig sein. Ob das zulässig ist, steht auf einem anderen Blatt.

Wer backt in Deutschland eigentlich warum und wie viel, zu welchem Anlass und vor allem, wie? Die aktuelle Dr. Oetker Backstudie 2024 liefert Einblicke in die heimischen Rührschüsseln und Backöfen.

E-Mails statt Briefe, Cloud-Ablagen statt Aktenschränke – immer mehr Unternehmen in Deutschland verzichten auf Papier. 15 Prozent der Unternehmen arbeiten inzwischen komplett papierlos. Das sind fast doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren.

Die Erwartungen an die Wiesn und das Geschäft für Gastronomen und Händler in ganz München - nicht nur in den Zelten - sind hoch. Eine Analyse zeigt: Cafés und Restaurants verbuchten deutlich weniger Einnahmen als im letzten Jahr.

Zahlreiche Umfragen besagen, dass junge Leute von heute keine Lust auf Führungspositionen haben. Doch die Gelegenheiten, Chef zu werden, sind vielfältig. Die Risiken, die Chance zu vermasseln, sind es allerdings auch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Zum fünften Mal vergibt die Bundesregierung den CSR-Preis und zeichnet Unternehmen aus, die sich durch sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften hervorheben. Bis zum 30. September können Sie sich mit Ihrem Unternehmen jetzt noch darum bewerben.

Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, weiß in der Regel welche Tätigkeiten der Job beinhaltet. Kleine Abweichungen sind meist unproblematisch. Doch was, wenn die oder der Vorgesetzte plötzlich verlangt, eine völlig neue Aufgabe zu übernehmen, die offenbar nichts mit den ursprünglichen Tätigkeiten zu tun hat?

In Deutschland muss die Arbeitszeit erfasst werden – soweit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Was ist wirklich Vorschrift? Und was ist mit Vertrauensarbeitszeit? Die Rechtslage im Überblick.

In der neusten Folge von „Das geht! – Ein DRV-Podcast“ erzählt der Chef von über 600 Beschäftigen wie er noch vor dem Einstieg bei Upstalsboom den künftigen Mitarbeitern ihre Talente und Fähigkeiten abseits der fachlichen Qualifikation entlockt. 

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Betriebsrenten attraktiver machen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat. Es soll für Unternehmen Anreize schaffen, mehr Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.