Studie: Im Lockdown-Frust gutes Zeugnis für Arbeitgeber

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Viele Nöte und doch gute Noten: Mitten der Pandemie stellen die meisten Beschäftigten einer Umfrage zufolge ihren Arbeitgebern ein positives Zeugnis aus. In einer repräsentativen Befragung für die Bertelsmann Stiftung äußern sich 86 Prozent der Arbeitnehmer in der Corona-Krise zufrieden mit dem Verhalten ihres Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern. Und das im Frust des zweiten Lockdown, trotz tausendfach drohender Insolvenzen, gefährdeter Arbeitsplätze, drastischer Umsatzeinbrüche, verbreiteter Kurzarbeit. 

Das Stimmungsbild falle unabhängig vom Alter und in Ost und West ähnlich aus, heißt es in der am Freitag veröffentlichen Erhebung. Das Forschungsunternehmen Kantar hatte dafür im November 1004 Beschäftigte der Privatwirtschaft befragt. Unter ihnen hatte jeder vierte durch die Pandemie finanzielle Einbußen erlitten.

Wenn die Krise auch noch nicht ausgestanden sei, lasse sich schon festhalten, dass viele Unternehmen beim Management der Pandemie «mitarbeiterorientiert gedacht und gehandelt» haben, bilanziert Studienautor Detlef Hollmann. «Das Ausmaß der positiven Einschätzungen darf durchaus als überraschend gelten», sagt der Wirtschaftsexperte der Deutschen Presse-Agentur.

Zwei Drittel - 65 Prozent - der Befragten geben an, der Arbeitgeber habe Beschäftigten mit Kindern geholfen, in der Pandemie Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Bei geringerem Einkommen (unter 1500 Euro Haushaltseinkommen netto im Monat) sagen das allerdings nur 38 Prozent, bei Besserverdienern (über 3500 Euro Haushaltseinkommen netto) mehr als drei Viertel. Insgesamt fast zwei Drittel meinen nach Angaben aus Gütersloh zudem, ihr Betrieb habe Verantwortung übernommen und sich für die Gemeinschaft engagiert. Zum Thema Gesundheit und Corona befinden rund 90 Prozent, dass ihr Unternehmen Maßnahmen ergriffen habe, damit sich Mitarbeiter nicht infizierten.

Die Pandemie verlange den Erwerbstätigen vieles ab. Es wäre Hollmann zufolge schon nachvollziehbar gewesen, wenn Berufstätige nun ihre Arbeitgeber mitverantwortlich machen würden. Tatsächlich müssten diese aber nicht als «Sündenböcke» herhalten. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass Corona neue und spezifische Konflikte im Betrieb ausgelöst hätte.

Die Ergebnisse passten dennoch zusammen mit dem Bild, dass Firmen und Beschäftigte unter Druck stehen, sie seien nicht «zu rosig», betont Hollmann. Persönliche Nöte oder Probleme des Betriebs wegen der Corona-Krise gehen nicht automatisch einher mit einem kritischen Bild vom Arbeitgeber, wie er erläutert. «Das könnte an der Besonderheit der Pandemie liegen, die als eine Naturkatastrophe über alle gekommen ist, für alle neu war und nicht durch Managementfehler ausgelöst wurde.»

Das heiße aber nicht, dass Beschäftigte bei anderen betrieblichen Themen nicht erheblich kritischer gegenüber ihren Arbeitgebern eingestellt seien. «Wir würden das sogar vermuten.» In welchen Branchen die Befragten tätig sind, hatte Kantar nicht erhoben. Klar ist, dass es sich um Arbeiter und Angestellte aus Produktion und Dienstleistungssektor handele, den öffentlichen Dienst habe man bewusst ausgeschlossen.

Die IG Metall, die eine eigene, große Befragung von gut 250 000 Beschäftigten in 6700 Betrieben durchgeführt hatte, ist von der positiven Bewertung in der Bertelsmann-Untersuchung nicht grundsätzlich überrascht. Die meisten Arbeitnehmer seien zufrieden mit den Hygiene- und Vorsorgemaßnahmen im Betrieb, der Umgestaltung der Arbeitsplätze und Bereitstellung von Schutzausrüstung - so habe auch die Erhebung der Gewerkschaft gezeigt, schildert eine Sprecherin. «Wir führen diese Ergebnisse wesentlich auf den Einsatz der IG Metall und der Betriebsräte vor Ort zurück.»

Allerdings: Fast die Hälfte der Kollegen äußerte sich bei der IG-Metall-Umfrage auch kritisch gegenüber den Arbeitgebern: So fühlt sich fast die Hälfte nicht ausreichend über wirtschaftliche Situation und Zukunftsaussichten des Betriebs informiert. Es habe öfters Klagen über «Strategielosigkeit» der Arbeitgeber gegeben. Die größte Gewerkschaft in Deutschland hatte vor allem Mitarbeiter der Metall- und Elektrobranche befragt, die Resultate im Dezember veröffentlicht.

Die Bertelsmann-Studie schaut auf die Nach-Corona-Zeit. Die Hälfte der Arbeitnehmer sieht in der Pandemie eine Chance, dass es nach der Krise zu Verbesserungen im Betrieb komme. Das sei als «weit verbreitete Zuversicht innerhalb der Belegschaft» zu sehen. Hollmann sagt: «Wenn sich die Unternehmen jetzt nicht ausruhen auf den von den Beschäftigten positiv bewerteten Maßnahmen, sondern alte Routinen auf den Prüfstand stellen, könnte die Krise in der Tat eine Chance für eine Verbesserung des Miteinanders im Betrieb sein.» (dpa)

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