Wie das Gastgewerbe in Deutschland unter Fachkräftemangel und Umsatzflaute leidet

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Einige Gastronomie-Betriebe in Deutschland machen es schon. Sie setzen Roboter ein, zum Beispiel in der Küche - für einzelne Zubereitungsschritte bis zum Zusammenstellen von Gerichten wie Pasta-Speisen oder Currys. Das gab der Branchenverband Dehoga kürzlich bekannt. Kochroboter hätten künftig sicher mehr Potenzial, hieß es. Auch McDonalds will künstliche Intelligenz stärker in ihre Arbeitsabläufe integrieren. An mehr als 100 Standorten in den USA will die Schnellrestaurantkette testweise Sprach-Bestellungen von KI annehmen lassen. 

Not macht erfinderisch. Um zu sehen, wie groß der Bedarf ist, muss man in Deutschland nicht lange suchen. «Personal gesucht» - bundesweit zieren Aushänge Türen und Fenster von Restaurants und Cafés. Laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung des Instituts der deutschen Wirtschaft hat sich die Fachkräftelücke in Hotel- und Gaststättenberufen zwischen Juni 2023 und Juni 2024 fast halbiert. Das heißt aber nicht, dass es genug Personal gibt. Ganz im Gegenteil. Die Betriebe suchen weiterhin, nur eben weniger Fachkräfte.

Die Personalsituation sei «prekär», sagt der Referatsleiter Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mark Baumeister. Bedingt durch Zeitdruck, niedrige Einkommen und massive Mehrarbeit falle es der Branche schwer, Fachkräfte oder Auszubildende zu gewinnen,

Anteil ungelernter Mitarbeiter deutlich gestiegen

Weil viele Hotels, Restaurants und Cafés keine qualifizierten Beschäftigten finden und die wirtschaftliche Lage schlecht ist, werden Stellen vielfach nicht mehr ausgeschrieben. Betriebe passen Leistung und Öffnungszeiten an und setzen stärker auf Ungelernte als auf Fachkräfte. Für Kunden kann sich das spürbar auswirken. Ob Weinempfehlungen oder die korrekte Bedienung am Tisch - so etwas finde bei angelernten Kräften kaum statt, sagt Baumeister. In der Küche steige der Einsatz von Fertiggerichten, das Angebot werde eingeschränkt, Saisonkarten fielen weg. Im Hotel entfalle die fachgerechte Beratung der Gäste, es gebe weniger Begleitung und Unterstützung im Bankett- und Tagungsbereich.

Die Gründe für die Entwicklung liegen auch in der Coronazeit. Das Gastgewerbe war einer der Wirtschaftszweige, die am stärksten von der Pandemie betroffen war. Viele Fachkräfte orientierten sich im Zuge dessen in andere Berufe oder Branchen um. In den Jahren 2020 und 2021 sank die Zahl der Beschäftigten laut Gewerkschaft um 330.000. Im darauffolgenden Jahr sei sie zwar wider um 224.000 gestiegen. Zwei Drittel davon waren allerdings Minijobber, also Ungelernte. 

Zwei Jahre nach der Pandemie kommt die Branche nicht auf die Beine. Die Unternehmen kämpfen nicht nur mit Personalproblemen. Die Kunden sparten zuletzt vielfach auch bei der Nutzung gastronomischer Angebote, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt. Jeder Dritte gibt an, dabei in den vergangenen Jahren stärker auf den Preis geachtet zu haben. Das war mehr als in anderen Bereichen wie Tickets für Kino oder Konzerte, Möbel und Elektronik.

Laut einer Dehoga-Verbandsumfrage setzten die Hoteliers und Gastronomen im ersten Halbjahr 2024 trotz gestiegener Preise nominal knapp 11 Prozent weniger um als im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn brach demnach sogar um 22 Prozent ein. Die Fußball-EM brachte nicht den erhofften Aufschwung. «Trotz größter Anstrengungen wird es für unsere Betriebe immer schwerer, wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn sich nichts ändert, stehen weitere Tausende Betriebe vor dem Aus», sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. 

Viele Betriebe sorgen sich um Liquidität

Laut einer kürzlich veröffentlichten DIHK-Konjunkturumfrage sorgen sich 29 Prozent der Unternehmen in der Gastronomie um ihre Liquidität. Die Zahl der Insolvenzen in der Branche ist im vergangenen Jahr mit 27 Prozent überdurchschnittlich gestiegen, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtete. 14.000 haben aufgegeben, etwa jedes zehnte Unternehmen. Wie schwierige die Lage ist, zeigt sich in der Rangliste der risikobehafteten Branchen, die Creditreform für das erste Halbjahr erstellt hat. Mit 447 gefährdeten Betrieben je 10.000 Unternehmen liegen Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés und Eissalons auf dem 8. Platz.

Das Gastgewerbe hadert auch nach wie vor mit der Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent zum Jahresanfang. Knapp 90 Prozent der Betriebe sahen sich laut Dehoga-Umfrage dadurch gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Zwei Drittel erlitten sinkende Umsätze und Gästezahlen. Nach den größten Herausforderungen gefragt, nennen die meisten Unternehmen neben der Anhebung der Steuer außerdem die steigenden Kosten für Lebensmittel und Getränke - und für Personal. 

Dehoga will Geflüchtete einbinden

Um die Personalengpässe auszugleichen, will das Gastgewerbe vermehrt auf ausländische Fachkräfte setzen und auch Geflüchtete stärker einbinden. «Es muss mehr getan werden, damit diejenigen Menschen aus dem Ausland, die bereits in Deutschland sind, möglichst mit Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten», sagt Dehoga-Geschäftsführerin Sandra Warden. Hier müssten größere Anreize geschaffen werden, in Deutschland zu arbeiten.

Ob Kochroboter eines Tages dazu beitragen können, die Branche zu entlasten? Viele Gäste schätzen der Dehoga zufolge die persönliche Gastfreundschaft. Das Gastgewerbe sei und bleibe geprägt von Menschen. 

Der Einsatz von Roboter hat dabei noch einen weiteren Haken: den Preis. Ein Exemplar kostet dem Verband zufolge meistens mehr als 10.000 Euro und übernehme letztendlich doch nur einfache «Läufer-Aufgaben». (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Kneipen, Hotels und Campingplätze waren die großen Gewinner des Augusts. Der Ferienmonat ließ im bayerischen Gastgewerbe fast überall die Umsätze sowohl nominell als auch preisbereinigt gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen.

Freitags immer frei und trotzdem wie in einem Vollzeit-Job bezahlt werden: Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Verfechter von so einer Vier-Tage-Woche halten das aber für praxistauglich.

Das Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern hat im ersten Halbjahr weniger Umsatz gemacht als ein Jahr zuvor - obwohl mehr Gäste im Land waren. Der Tourismusverband sieht mehrere Gründe dafür.

Schon jetzt machen sich viele bei Dunkelheit auf den Weg zur Arbeit. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN)​​​​​​​ rät deshalb zu erhöhter Vorsicht im Straßenverkehr. Und das aus gutem Grund.

Macht bald die Künstliche Intelligenz meinen Job? Und werde ich im Homeoffice komplett abgehängt? Den schnellen Veränderungen in der Arbeitswelt blicken viele mit Sorge entgegen, so eine Umfrage.

Das Jahr 2025 bietet, dank der Feiertage am Donnerstag und Freitag, viele Möglichkeiten für ein langes Wochenende. Mit einer geschickten Planung können Arbeitnehmer ihre freie Zeit maximieren - es sei denn, der Chef setzt andere Prioritäten.

Eigentlich sind Arbeitgeber verpflichtet, für Arbeitnehmer bei Reisen ins EU-Ausland eine A1-Bescheinigung einzuholen. Arbeitnehmer haben diese mitzuführen. Jetzt hat das Ministerium für Arbeit und Soziales ein Merkblatt hierzu aktualisiert und sieht „keine unionsrechtliche Verpflichtung besteht, eine A1-Bescheinigung in dem EU-Mitgliedsstaat mitzuführen“.

Wer immer wieder zu spät kommt oder unentschuldigt fehlt, riskiert eine Abmahnung vom Arbeitgeber - mit potenziellen Folgen. Sie wird in der Regel in die Personalakte aufgenommen, kann die Chancen auf eine Beförderung beeinträchtigen und im Wiederholungsfall sogar zur Kündigung führen. 

Während sich viele mit dem Eintritt in den Ruhestand am gesetzlichen Renteneintrittsalter orientieren, zeigt die aktuelle SumUp-Händlerumfrage, dass ein erheblicher Teil der Selbstständigen plant, auch über dieses Alter hinaus zu arbeiten.

Die Umsatzlage im Gastgewerbe blieb im gesamten ersten Halbjahr 2024 angespannt. Das zeigen die zeitverzögert veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamts: Auch wenn die Umsätze nominal 10,7 Prozent über dem Vorcoronaniveau des ersten Halbjahrs 2019 lagen, blieb unter dem Strich ein reales Umsatzminus von 12,1 Prozent.