Zweifel am Gesundheitszustand? Wie Arbeitgeber Krankschreibungen prüfen lassen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Im Krankheitsfall müssen Beschäftigte in der Regel spätesten am vierten Kalendertag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorlegen. Nur so behalten sie ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Aber kann der Arbeitgeber die AU-Bescheinigung eigentlich überprüfen lassen, wenn Zweifel am tatsächlichen Gesundheitszustand bestehen?

Ja, das ist möglich. Bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber von der Krankenkasse verlangen, dass diese eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Das ist gesetzlich geregelt.

Prüfung bei häufiger Krankheit möglich

Einfach so geht das aber nicht. Der Arbeitgeber muss dafür begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Eine Überprüfung sei etwa regelmäßig dann möglich, wenn ein Arbeitnehmer auffallend häufig oder immer wieder für kurze Zeit arbeitsunfähig ist - und die Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Montag oder Freitag fällt oder an solchen Tagen beginnt.

Und auch aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst könnten sich Zweifel ergeben. «Zum Beispiel wenn diese rückwirkend oder für einen sehr langen Zeitraum ausgestellt ist», so Bredereck.

Diese Verhaltensweisen begründen Zweifel

Verhalten sich Beschäftigte im Zusammenhang mit ihrer Krankschreibung auffällig, kann das ebenfalls eine Überprüfung begründen. Etwa, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer die Bescheinigung direkt nach Ausspruch einer Kündigung vorlegen und eine Erkrankung exakt bis zum Ende der Kündigungsfrist dauert.

«Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer die spätere Erkrankung vorher angekündigt hat», so der Fachanwalt. «Auch Arbeitnehmer, die als Reaktion auf einen nicht genehmigten Urlaub krank werden, begründen durch dieses Verhalten entsprechende Zweifel.» Gehäufte Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit direkt im Anschluss an einen Urlaub oder vor dessen Beginn sind auch so ein Fall.

Betriebsarzt kann Arbeitsunfähigkeit nicht überprüfen

Es sei aber nicht Aufgabe von Betriebsärzten die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer zu überprüfen: «Anders als in der Praxis immer wieder anzutreffen.»

Stattdessen übernimmt die Prüfung der Medizinische Dienst, der das Ergebnis der Krankenkasse des Versicherten und dem behandelnden Arzt mitteilt. «Dem Arbeitgeber wird lediglich das Ergebnis mitgeteilt, soweit die Einschätzung des Medizinischen Dienstes von der des Arztes abweicht», sagt Bredereck. «Mitteilungen über die Krankheit selbst erfolgen auch auf diesem Weg nicht.»

Streit ums Entgelt vor Gericht

Der Fachanwalt weist zudem darauf hin, dass eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch indirekt stattfinden kann. Nämlich etwa, wenn der Arbeitgeber «sich schlichtweg weigert Entgeltfortzahlung zu leisten».

Klagt ein Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt dann vor Gericht ein, prüfe dieses «bei begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit», ob sie tatsächlich vorliegt. Dabei kann es notwendig werden, dass der Arbeitnehmer den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet «und dieser dann als sachverständiger Zeuge zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers befragt wird», so Bredereck. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Viele dürften das kennen: arbeiten, bis es nicht mehr geht - oder länger. Sind die Ansprüche, die Menschen an sich stellen, zu hoch, bedeutet das enormen Stress. Doch es gibt noch mehr Ursachen.

Für viele Arbeitnehmer in Deutschland gehören Überstunden zum Arbeitsalltag. Am weitesten verbreitet war Mehrarbeit im vergangenen Jahr in den Bereichen Finanz- und Versicherungsleistungen und Energieversorgung, am niedrigsten im Gastgewerbe.

Eine Abmahnung kann in der Personalakte verbleiben, ohne dass sie je verfällt. Aber trifft das auf alle Abmahnungen zu? Und: Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei unrechtmäßigen Abmahnungen?

Röstaromen sind geschmacklich eine feine Sache. Und für viele Genießer besonders lecker, wenn das Grillgut über Holzkohle lag. Doch steht der Kohlegrill drinnen, kann’s problematisch werden. Die BGN hat passende Tipps parat.

Die Architektur moderner Bürogebäude durchläuft eine bemerkenswerte Metamorphose. Nicht mehr nur Orte der Arbeit, verwandeln sich Bürogebäude in Räume, die Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat die eServices im Bereich Arbeitsmarktzulassung erweitert. Anträge für Ferienbeschäftigungen können seit dem 18. Juli 2024 vollständig digital gestellt werden. Das berichtet der DEHOGA Bundesverband.

Die Schlussabrechnungen für Corona-Wirtschaftshilfen können noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden. Derzeit sind noch rund 300.000 Schlussabrechnungen offen.

Für volljährige Personen sind seit dem 1. April 2024 Besitz und Konsum von Cannabis-Produkten in bestimmten Mengen erlaubt. Doch welche Auswirkungen hat das auf die Sicherheit am Arbeitsplatz?

Ein befristeter Vertrag hat eigentlich ein festes Start- und Enddatum. Zwar können zeitlich beschränkte Verträge verlängert werden, wenn beide Seiten einverstanden sind, aber können sie auch vorzeitig gekündigt werden?

Frühere Untersuchungen hatten darauf hingedeutet, dass Menschen, die wenig Alkohol trinken, im Vergleich zu Abstinenzlern weniger anfällig für manche Krankheiten sind. Doch eine neue Analyse widerspricht - und nennt konkrete Gründe für jene Resultate.