Auslastung oft unwirtschaftlich – Wie Kantinen unter Homeoffice leiden

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Der Wechsel vieler Beschäftigter ins Homeoffice infolge der Corona-Pandemie, macht Betriebskantinen weiter zu schaffen. 2023 verbuchte das Branchensegment, zu dem etwa auch Caterer zählen, einen Umsatzrückgang von 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019, wie eine Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) unter Berufung auf das Statistische Bundesamt mitteilte. Gegenüber 2022 gab es ein Plus von 1,8 Prozent. Die Lage sei weiter herausfordernd. «Gleiches gilt für die Betriebsrestaurants, die in Eigenregie von Unternehmen betrieben werden.»

Wie sich die Situation der Betriebsrestaurants entwickelt, hänge entscheidend davon ab, ob und in welchem Umfang weiter Homeoffice praktiziert wird - oder ob Unternehmen wie Mitarbeiter stattdessen «die Vorzüge und den unschätzbaren Wert des täglichen Miteinanders am Arbeitsplatz neu entdecken». Hier unterscheide sich etwa die Dienstleistungsbranche mit hohem Homeoffice-Anteil deutlich vom verarbeitenden Gewerbe.

Auch die Mehrwertsteuererhöhung von 7 auf 19 Prozent zum Jahresbeginn habe die Betriebe hart getroffen, hieß es – neben Restaurants und Cafés auch die Gemeinschaftsgastronomie und Cateringunternehmen in Betrieben. Daher fordert der Verband, Essen einheitlich mit 7 Prozent zu besteuern: «Es ist absurd, dass für das Essen in der Gastronomie wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer gelten, während das Essen to go, der Fertigsalat aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin mit 7 Prozent besteuert wird.»

Betriebskantinen leiden unter Homeoffice – Beispiele aus der Praxis 

Wo früher schon zur Frühstückszeit reger Betrieb herrschte, prägen heute leere Plätze das Bild. Wie andere Betriebskantinen leidet auch jene im Landratsamt Karlsruhe unter den Folgen des Homeoffice: Die Zahl der Gäste hat seit der Corona-Pandemie abgenommen, die Auslastung reicht nicht mehr für einen wirtschaftlichen Betrieb. «Das war nicht aufzufangen, ohne den Rest der Organisation zu gefährden», sagt der Vorstand der Lebenshilfe Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung, Michael Auen. 

«In der Gastronomie ist die Welt seit 2020 eine andere» 

Der Verein betreibt über das Inklusionsunternehmen Worka unter anderem mehrere Kantinen, in denen Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten. Die Corona-Konsequenzen hier heißen jetzt konkret: Schutzschirmverfahren und Trennung vom gesamten Gastrobereich. 

«In der Gastronomie ist die Welt seit 2020 eine andere», sagt Auen. Allein in den beiden Kantinen im Landratsamt und im Technischen Rathaus der Stadt sei die Zahl der Essen pro Tag von 600 bis 700 zwischenzeitlich auf unter 100 gesunken, macht er deutlich.

Nicht überall sind die Folgen so drastisch, aber insgesamt hadert das Branchensegment, zu dem unter anderem auch Caterer zählen. Im Vergleich zu 2019 vor der Pandemie seien die Umsätze im vergangenen Jahr um 11,3 Prozent gesunken, wie eine Sprecherin des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga unter Berufung auf das Statistische Bundesamt mitteilt. Gegenüber 2022 gab es immerhin ein kleines Plus von 1,8 Prozent. Die Lage sei weiterhin herausfordernd. «Gleiches gilt für die Betriebsrestaurants, die in Eigenregie betrieben werden.»

Optimistischer Blick in die Zukunft

Trotz sehr flexibler Regelungen für mobiles Arbeiten/Homeoffice macht die Allianz hingegen die Erfahrung, dass die Zahl der Gäste in den 16 Restaurants an 14 Standorten wieder steigt - auf 1,8 Millionen im vergangenen Jahr. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzten die Restaurants wieder gerne zur Kommunikation und verabredeten sich zum Mittagessen.

Darauf hofft auch der Branchenverband Dehoga: «Wir setzen darauf, dass der Stellenwert der Betriebsrestaurants wieder steigen wird – als Dreh- und Angelpunkt für Ernährung, Gesundheit, Wohlfühlen und Kommunikation, als Teil einer guten Unternehmenskultur und als wichtige Begegnungsstätte für Kollegen.» Ekkehart Lehmann von der K&P Consulting, die bei Großküchenplanung berät, sagt, die Bedeutung der Betriebsgastronomie für Unternehmen sei gestiegen. Deshalb seien sie stärker bereit, die Gastronomie attraktiv zu gestalten und so weit möglich auch finanziell stärker zu unterstützen. Für Einrichtungen des Bundes ermögliche eine neue Kantinenrichtlinie, Betreiber und Tischgäste direkt zu bezuschussen.

«Durch die Einführung der Homeoffice-Regelungen ist die wirtschaftliche Grundlage für viele Betriebsrestaurants schwieriger geworden», erläutert Lehmann. «Gleichzeitig begreifen Unternehmen die Bedeutung der Betriebsgastronomie als wesentliches Element, um Mitarbeitende ins Unternehmen zurückzuholen und die durch Homeoffice gesunkenen Möglichkeiten für den internen Austausch und die Kommunikation bewusst zu fördern.» Denn die Betriebsgastronomie sei der Ort im Unternehmen, wo die Kolleginnen und Kollegen zusammenkommen und die Werte des Unternehmens vorbildlich vermittelt werden könnten.

Homeoffice in Deutschland verankert

Die Allianz nutzt Tage mit geringerer Auslastung einer Sprecherin zufolge zum Beispiel für die Vorbereitung von Veranstaltungen, den Abbau von Überstunden oder zur Weiterbildung der Mitarbeitenden. Restaurants mit geringerer Auslastung würden über ein eingeschränkteres Angebot gesteuert. Zudem könne man Speisen auch «to go» ins Homeoffice mitnehmen.

Dass Letzteres in Deutschland fest verankert sei, hat das ifo-Institut jüngst festgestellt. Fast ein Viertel der Beschäftigten arbeitete einer Umfrage zufolge im Februar zumindest teilweise von zu Hause. Unterschiede gibt es etwa bei der Größe der Betriebe - so ist der Homeoffice-Anteil der Erhebung zufolge in kleinen und mittleren Unternehmen niedriger. Aber auch die Branche spielt eine Rolle, wie eine Dehoga-Sprecherin verdeutlich. So gebe es bei Dienstleistungen einen hohen Homeoffice-Anteil, im verarbeitendem Gewerbe einen geringeren.

Doch nicht nur das Fernbleiben der Mitarbeitenden macht den Betriebskantinen zu schaffen. Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent zum Jahresbeginn sowie Kostensteigerungen für Lebensmittel und Personal schlagen laut den Fachleuten zu Buche.

Lage für Inklusionsunternehmen schwierig

Bei der Worka kommt hinzu, dass es ein Inklusionsunternehmen ist. Zwar gibt es einen Minderleistungsausgleich für betroffene Mitarbeitende. Dieser sei aber nicht in selbem Maße gestiegen wie der Mindestlohn, sagt Geschäftsführerin Aurelia Becker. Auch bürokratischer Mehraufwand werde nicht ausgeglichen. 

Mit den Kunden habe sie verschiedene Möglichkeiten durchgesprochen. «Wir haben alle betriebswirtschaftlichen Maßnahmen gezogen.» Doch Preise für Mahlzeiten etwa könnten nicht unbegrenzt erhöht werden. «Wir konkurrieren mit der Dönerbude um die Ecke.»

Lebenshilfe-Vorstand Auen sagt: «Unser Erfolgsfaktor ist der Mensch.» Wenn man beim Personal spare und zum Beispiel auf reine Ausgabeküchen setze, werde der Kantinenbetrieb wirtschaftlicher. «Aber dann wird man sich als Gast daran gewöhnen müssen, nicht mehr den Charme zu haben, dass der Koch den Löffel schwingt. Dann hat man Systemgastronomie.»

Dennoch geben sich Auen und Becker zuversichtlich, dass die rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Gastrobereich weiter beschäftigt bleiben. Es gebe schon mehrere Interessenten, die einzelne oder gleich alle Kantinen der Worka übernehmen wollten. (dpa)


 

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