Koch der Nationalmannschaft Anton Schmaus: «Essen soll schon knallen»

| Gastronomie Gastronomie

Die Herangehensweise von Anton Schmaus in der Küche passt ziemlich gut zur Ausrichtung von Julian Nagelsmann auf dem Rasen. Keiner der beiden möchte unerhebliche Arbeit abliefern. «Wenn es um die Gerichte an sich geht, ist mir eine gewisse Grundwürzigkeit wichtig. Ich möchte nicht belanglos kochen, das Essen soll nicht dahinplätschern. Es soll schon knallen», sagte Schmaus der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld der Fußball-EM. 

Wenn Nagelsmann Bundestrainer ist, dann ist Schmaus so etwas wie der Bundes-Chefkoch. Und als solcher ist der Regensburger schon seit August 2017 für das leibliche und irgendwie auch seelische Wohlbefinden der Nationalspieler Manuel Neuer, Thomas Müller und Co. zuständig. Und so wie Nagelsmann schon weit vor der EM vom 14. Juni bis zum 14. Juli mit seinen Planungen begonnen hat, genauso ging es auch Schmaus.

Fine Dining, Fusionsküche, Sushi: Schmaus ist taktisch flexibel

«Wir müssen die Bedingungen vor Ort besichtigen und alles organisieren. Wir müssen genau wissen, was wir kochen möchten, die Zutaten organisieren und was wir für Geräte brauchen», beschrieb Schmaus den Start seiner Vorbereitungen Monate bevor der erste Ball am 14. Juni im EM-Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Deutschland und Schottland in München rollt. Mit den Bedingungen im deutschen Base Camp in Herzogenaurach ist er vertraut. «Da fällt die Planung sicherlich etwas leichter als etwa vor der WM in Katar.»

Schmaus hat sich nach Lehr- und Wanderjahren in Lugano, St. Moritz, Stockholm und New York in Regensburg ein kleines Imperium erkocht. Von Fine Dining im Sternerestaurant Storstad über Fusionsküche im Sticky Fingers bis zu Sushi im Aska - der Sohn einer bayrischen Gastronomenfamilie aus Viechtach in Niederbayern ist taktisch flexibel.

Wie ein Trainer sein System muss Schmaus auch seine Speisen anpassen. «Generell gilt: Je näher wir einem Spiel kommen, umso ritualisierter muss das Essen sein. Es geht auch darum, den Spielern Sicherheit über das Essen zu geben. Das ist eine mentale Sache», erzählte er auf einer Messe in Nürnberg. «Sie müssen wissen, dass sie sich zu hundert Prozent auf uns verlassen können. Ein Spieler wird an einem Tag vor dem Spiel nicht zu etwas greifen, was er nicht kennt. Wenn ein Spieler nie Mango isst, dann wird er das unmittelbar vor einem Spiel höchstwahrscheinlich nicht ändern.»

Vor einem Spiel gilt: «Keine Experimente mehr»

Schmaus' erster Grundsatz: «Je näher wir zum Spiel kommen, umso klarer ist alles in der Zubereitung. Dann gibt es keine Experimente mehr.» Es gehe dann in Richtung Soulfood. «Es lastet so viel Druck auf der Mannschaft, dass man eine gute Balance finden muss zwischen den Ansprüchen eines Spitzensportlers und den Bedürfnissen für Gemüt und Seele. Das ist eine große Herausforderung während eines Turniers», erläuterte er.

Eine erfolgreiche Endrunde will auch Schmaus endlich mal erleben. Der Nachfolger von Holger Stromberg bekochte den DFB-Tross erstmals bei der WM 2018 in Russland (Aus in der Vorrunde), dann bei der EM 2021 in Europa (Aus im Achtelfinale) und zuletzt bei der WM 2022 in Katar (Aus in der Vorrunde). «Gute Ernährung ist ein Leistungsfaktor», erkannte der frühere DFB-Direktor Oliver Bierhoff. «Mit kleinen wichtigen Hinweisen und Hilfestellungen kann man schon etwas erreichen.»

Schmaus schöpft aus einem quasi unendlichen Fundus an Gerichten. «Ich kann ein Hühnchen braten, mit Soße und Rosmarinkartoffeln servieren. Oder ich kann daraus ein Curry kochen. Oder ich kann es orientalisch würzen, dann gibt es zum Beispiel Linsenköfte dazu als Beilage. Es gibt viele Variationen», erklärte der Vollblutgastronom. «Die benötigen wir aber auch. Denn wir müssen bis zum Finale planen. Das ist für eine professionelle Vorbereitung unverzichtbar, sonst würden wir während des Turniers ab einem gewissen Zeitpunkt in Schwierigkeiten kommen.»

Schmaus hat beim Kochen nicht nur die Spieler im Blick. Es geht auch um die Leute drumherum. «Wir haben eine Gruppe von 65 bis 70 Menschen zu versorgen. Dass man über den langen Zeitraum von bestenfalls 47 Tagen nicht jeden Tag mit jedem Gericht jeden Geschmack treffen kann, ist vollkommen klar», sagte er über den entscheidenden Zeitraum bis zum erhofften EM-Endspiel am 14. Juli. «In meinen Restaurants in Regensburg bewirte ich an manchen Tagen 100 Gäste. Und ein Prozent davon kannst du rein statistisch betrachtet einfach nicht glücklich machen. Egal, ob du herausragend gekocht hast oder nicht.»

Typisches Soulfood: Wie bei «Mama gegessen» 

Die Gerichte vor einem Spiel sind weitgehend standardisiert. Dann gibt es zum Beispiel Pasta Bolognese, Milchreis oder gebratenes Hähnchen mit Rosmarinkartoffeln, Soße und Brokkoli. Typisches Soulfood, also Essen für die Seele, sind für Schmaus etwa Maultaschen. «Das ist ein einfaches Essen. Für viele Spieler aber ist das grandioses Soulfood, weil sie so was bei der Mama gegessen haben, weil sie das aus der Heimat kennen. Dann fühlen sie sich superwohl. Damit kann man zehn, 15 Spieler glücklich machen», erzählte er.

Und wie kann Schmaus den Bundestrainer Nagelsmann oder DFB-Sportdirektor Rudi Völler kulinarisch begeistern? «Da sind wir wieder bei den einfachen, traditionellen Gerichten, mit denen man im Prinzip immer alles richtig macht. 90 Prozent der Menschen lieben Pasta, weil sie glücklich macht, das geht Julian Nagelsmann und Rudi Völler nicht anders», verrät Schmaus. «Es geht aber auch immer um eine gewisse Variation, sodass es nicht langweilig wird. Wenn sich keiner der Spieler über das Essen beschwert, dann sind Julian Nagelsmann und Rudi Völler zufrieden.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit einem Gerichtsverfahren haben Münchner Wirte versucht, sich einen Platz auf dem Oktoberfest zu erstreiten. Doch ohne Erfolg: Die Betreiber des Herzkasperlzelts auf der Oidn Wiesn scheiterten mit ihrer Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Es ist eine der wichtigsten Nachrichten im Münchner Jahreslauf: In Kürze wird die Stadt München die Bierpreise für das Oktoberfest bekanntgeben. Absehbar ist schon jetzt, dass der Preis wohl zumindest in einzelnen Zelten die Marke von 15 Euro knacken wird.

Die Temperaturen steigen, die Tische in der Sonne in Cafés und Restaurants füllen sich. Ein schönes Ambiente, ausgefallene Speisen oder besonders freundliches Personal reicht dabei aber oft nicht mehr aus, um Gäste anzulocken.

Die deutsche Nationalmannschaft hat es als Gruppenerster ins Achtelfinale der Europameisterschaft geschafft. Nun nimmt Lieferando das Bestellverhalten der Deutschen während der Gruppenspiele der deutschen Mannschaft unter die Lupe.

Die Wiener Kaffeehauskultur, die Heurigenkultur und der Wiener Walzer sind bereits als immaterielles Kulturerbe in Österreich anerkannt. Nun streben die traditionellen Wurstbuden der österreichischen Hauptstadt an, die »Wiener Würstelstandkultur« ebenfalls in die Liste aufzunehmen.

Die Weinregion Ahr hat auch drei Jahre nach der Flut noch immer mit den Folgen zu kämpfen. Deshalb hat sich die Sommelier-Union Deutschland entschieden, ihre jährliche Mitgliederversammlung und den Sommelier Campus in Bad Neuenahr-Ahrweiler abzuhalten.

Um nachhaltige Ernährung zu fördern, wurde der KochCup ins Leben gerufen. Bei dem Azubi-Wettbewerb zur Europameisterschaft dreht sich alles um nachhaltige Rezepte, die nicht nur Körper und Seele, sondern auch dem Klima guttun.

Der Systemgastronomie-Konzern, zu dem unter anderem mehrere kleine Burger-Ketten gehören, übernimmt die Mehrheit an einem Tapas-Franchise aus den Niederlanden und will es nach Deutschland bringen.

Steigende Kosten und sinkende Nachfrage bedrohen die Existenz vieler Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Ob die Sommersaison die Rettung bringt, bleibt abzuwarten.

Die Jeunes Restaurateurs Deutschland richteten in diesem Jahr erstmals ein Fest für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Fast 200 Angestellte aus ganz Deutschland folgten der Einladung zum ersten JRE Team Day und reisten am 10. Juni nach Grünstadt in Rheinland-Pfalz, um gemeinsam auf dem Weingut Felix Mayer zu feiern.