"Reduktion aufs Wesentliche": Lakeside-Gastgeber Michel Buder im Interview

| Gastronomie Gastronomie

Bereits seit der Eröffnung des The Fontenay ist Michel Buder das Gesicht und der Taktgeber des Restaurants „Lakeside“ im siebten Stock des Hotels. 

Wie sieht für Sie ein perfekt eingedeckter Tisch aus?

Eine hochwertige Tischkultur drückt sich für mich unter anderem in einem nicht zu überladenen Tisch aus. Der Gast darf sich nicht überfordert oder eingeschüchtert von beispielsweise zu viel Besteck oder Gläsern fühlen. Natürlich kann auch eine opulente Tafel ganz toll wirken. Ich persönlich verfolge aber das Motto „weniger ist mehr“, das für mich eine Wertigkeit und Qualität ausdrückt. Schön finde ich es auch, wenn die Details dem Anlass oder auch der Jahreszeit angepasst sind.

Wie sehen die eingedeckten Tische im Lakeside aus?

Die Tischkultur im Lakeside ist passend zum hellen, sphärischen Interieur sehr zurückhaltend. Auf dem Tisch befindet sich bei der Ankunft des Gastes lediglich ein Wasserglas von Schott Zwiesel, ein Brotteller von Hering, Apero-Besteck von Robbe & Berking sowie eine Serviette von Garnier- Thiebaut. Wir verzichten bewusst auf Tischdecken. Das klare Set-up ermöglicht den Gästen mehr Bewegungsraum, Platz und Freiheit. Auch wenn man sich unterhält, sich zueinander lehnt oder gestikuliert, stört nichts.

Diese Art von reduzierter Tischkultur hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr durchgesetzt. Ich finde, dass man so sehr zeitgemäß eine Wertigkeit und Qualität vermitteln kann. Diese Form des Eindeckens bedeutet einen höheren Aufwand für unsere Mitarbeiter, da wir während des Menüs immer wieder unauffällig nachdecken. Dem Gast begegnet aber eine unkomplizierte und einfache Handhabung, bei der er oder sie sich nicht verkrampfen muss.

Was sind aktuelle Trends?

Beim Essengehen im Restaurant ist es aktuell Trend, dass wieder mehr Aktionen von Serviceseite am Tisch und für den Gast stattfinden. Das kann ganz klassisch Tranchieren oder Flambieren sein. Im Lakeside arbeiten wir derzeit mit Stickstoff am Tisch oder setzen einen geeisten Wasabischaum ein. Hier ist in jedem Fall Kreativität gefragt.

Ein weiterer Trend, der sich seit Jahren etabliert hat, ist das gemeinsame Essen im „family style“. Die Gäste schätzen es, wenn an einer großen Tafel viele unterschiedliche Speisen eingesetzt werden, man zusammensitzt, schwelgt und schlemmt.  

Stichwort „perfekter Service“ – was bedeutet das für Sie?

Natürlich sind Fachwissen und Kompetenz essenziell wichtig, um die Serviceabläufe zu kennen und sie „richtig“ auszuführen. Für mich persönlich sind aber ein echtes Interesse an Menschen und eine authentische und unaufgesetzte Gastfreundschaft das Wichtigste. Somit würde ich immer das Gespräch und die Intuition/Menschenkenntnis sowie das Gespür für den Moment über die perfekten Serviceregeln stellen.

Was macht einen guten Gastgeber aus?

Ein guter Gastgeber lebt seine Aufgabe mit Leidenschaft und Emotion. Jeder Abend und somit jeder Service im Restaurant sind anders und das macht es für uns als Team auch so spannend: Wie ist die Erwartungshaltung der Gäste, wie ist die Stimmung? Gab es vielleicht vor dem Restaurantbesuch Streit und wir können ablenken? Oder ist es ein erstes Date und jede „Störung“ von Serviceseite ist weniger erwünscht. Ist jemand ein versierter Gourmetreisender oder ist es vielleicht der erste Besuch im Sternerestaurant und der Gast ist unsicher hinsichtlich der Abläufe.

Wir im Lakeside haben den Anspruch, eine echte Gastfreundschaft mit natürlicher Herzlichkeit zu vermitteln. Das beinhaltet ein zurückhaltendes Auftreten, einen fachlich versierten Service und stetige Präsenz, ohne aufdringlich zu sein. Jeder Gast ist individuell und sollte auch so behandelt werden. Somit braucht es von Serviceseite viel Einfühlungsvermögen bezüglich der Situation, der Gästekonstellation, der Stimmung und der Vorprägung.

Welche Bedeutung haben der Knigge oder Benimmregeln heute?

Aus meiner Sicht sind Benimmregeln heute beim Besuch eines Restaurants nicht mehr so relevant. Oberstes Gebot ist für mich eine natürliche Lockerheit und Wohlfühlatmosphäre, bei der der Gast Freude haben soll. Wir sind sowohl im Service als auch in der Küche ein junges Team mit einem hohen Wissensstand und viel Spaß bei der Arbeit. Mir ist es wichtig, dass Sterneküche auch ohne Hemmschwelle und für junge Menschen funktioniert.

Hat aus Ihrer Sicht die Pandemie-Zeit etwas beim Essengehen verändert?

Wir können schon feststellen, dass die Gäste sich sehr freuen, wieder entspannt essen zu gehen. Die Entscheidung fällt auch durchaus auf ein hochwertiges Restaurant. Man möchte sich etwas gönnen und bewusst und nachhaltig Qualität auf dem Teller und im Glas erleben. So erfreuen wir uns einer sehr guten Buchungslage sowohl bei Hamburgern als auch bei unseren Hotelgästen. 

Tipps fürs gute Gastgeben zuhause?

Ich persönlich bin auch zuhause Gastgeber mit Leib und Seele. Ich achte hier auf eine gute Vorbereitung, damit ich mich dann entspannt um die Gäste kümmern kann, wenn sie da sind. Natürlich weiß ich auch hier, was unsere Freunde gern trinken oder ob jemand eine Allergie hat. Mein Klassiker-Gericht ist Coq au Vin blanc mit selbst gebackenem Brot. 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Plätze im Bierzelt am Samstagabend auf dem Oktoberfest sind Mangelware. Manche lassen sich von Angeboten im Internet verlocken. Doch die Verbraucherzentrale Bayern warnt.

Typische Nachspeisen waren einst Milchreis oder Pudding. Heute sind anspruchsvollere Desserts angesagt. Kinder sprechen etwa über ihre Lieblings-Macarons oder Pavlova. Zeit für eine Nasch-Recherche.

Mit neun Restaurants, die vom Guide Michelin ausgezeichnet wurden, weist Nürnberg unter den deutschen Großstädten die meisten Michelin-Sterne pro Kopf auf. Auf dem ersten Platz weltweit landete Japans kulturelle Hauptstadt Kyoto.

Mittlerweile gibt es in vielen Orten in Deutschland Genossenschaften, die Gasthäuser betreiben. So auch im Örtchen Bärstadt in Hessen. Als es in der Gemeinde im Taunus keine Dorfkneipe mehr gab, nahmen die Menschen dort die Sache selbst in die Hand. Beratung kam von einem vergleichbaren Projekt.

Anlässlich der Berlin Food Week Anfang Oktober besucht Ferran Adrià die deutsche Hauptstadt. Am 9. Oktober wird er einen Vortrag vor geladenen Gästen mit dem Titel "Der Einfluss der katalanischen Haute-Cuisine auf die Gastronomie" halten.

Pommes mit einer kompostierbaren Gabel essen und dabei Livemusik hören, die zu 100 Prozent mit Öko-Feststrom produziert wird: Fans der Band Die Ärzte, die am 23., 24. und 25. August 2024 eines ihrer Konzerte auf dem Tempelhofer Feld in Berlin besuchen, werden wahrscheinlich die nachhaltigste Großveranstaltung erleben, die die Branche aktuell zu bieten hat.

Etwas weniger Besucher sind in diesem Jahr zum Gäubodenvolksfest in Straubing gekommen. Erst war es sehr heiß - doch zum Schluss gab es kräftigen Regen. Die Wirte schenkten in diesem Jahr rund 700.000 Liter Festbier aus.

Nach Umbauarbeiten eröffnete Marché am 17. August das Zoorestaurant im Allwetterzoo Münster wieder und bietet den Besuchern eine frische Marktküche im neuen Look. Zoodirektorin Dr. Simone Schehka und Marché-Betriebsleiter Jasper Boeck bereiteten gemeinsam die erste Pasta zu. 

Er trug zur Erneuerung der französischen Küche bei und galt als ausgezeichneter Feinbäcker. Nun ist der berühmte französische Sternekoch Michel Guérard tot. Er starb im Alter von 91 Jahren.

San Francisco hat die zweithöchste Dichte an Sternerestaurants in den USA. Insgesamt gibt es in der Stadt 28 Restaurants mit einem Stern. Drei Restaurants erhielten drei Sterne, sechs Restaurants wurden mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.