Sushi, Pho, Ramen: Was die Kantstraße zu Berlins «Asiatown» macht

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Ein gängiger Stadtführer führt sie unter «Insiderwissen»: Die Kantstraße in Charlottenburg ist bei Menschen in Berlin für kulinarische Tipps allerdings schon lange kein Geheimtipp mehr. Zahlreiche asiatische Restaurants, darunter vietnamesische, thailändische oder taiwanesische, reihen sich dort aneinander - darunter allein sechs des Berliner Spitzenkochs The Duc Ngo

In diesem Jahr wird sein erstes Restaurant auf der Kantstraße - die Sushi-Bar Kuchi Kant - 25 Jahre alt. «Es ist hier fast zu einer kleinen Chinatown oder Asiatown geworden», sagt Ngo. Wie kommt das?

1923 eröffnet das erste China-Restaurant

Wenn auch keineswegs vergleichbar mit asiatischen Vierteln etwa in San Francisco oder New York, die Tradition chinesischer Restaurants reicht hier weit zurück, wie Historikerin Birgit Jochens erzählt. Sie hat das Buch «Die Kantstraße. Vom Preußischen Charlottenburg zur Berliner City West» geschrieben. 

Ostasiatische Studierende seien Anfang des 20. Jahrhunderts nach Westberlin an die Kantstraße gekommen. «Die nahe gelegene Technische Hochschule hatte zu dieser Zeit einen sehr guten wissenschaftlichen Ruf», sagt Jochens. Zur Chinesischen Gesandtschaft am Ku'damm war es für sie nicht weit. 1923 eröffnete mit dem Tientsin auf der Kantstraße 130b das erste China-Restaurant Berlins - mittlerweile ist in dem Gebäude eine Apotheke. 

Vergleichbare Straßenzüge gibt es zum Beispiel in Düsseldorf. Im Little Tokyo genannten Viertel entlang der bahnhofsnahen Immermannstraße finden sich neben vieler japanischer Restaurants und Lebensmittelgeschäften etwa auch Anime- oder Mangaläden. Die japanische Community in der Landeshauptstadt NRWs ist nach Angaben der städtischen Tourismusgesellschaft die drittgrößte in Europa.

Sternekoch Tim Raue ist Stammgast

Aber zurück nach Berlin: Was macht die Kantstraße heute so attraktiv für asiatische Restaurants? Der Inhaber des bekannten chinesischen Restaurants Good Friends, Michael Ng, findet: «Die Kantstraße bietet eine einzigartige Mischung aus Tradition und Moderne.» Sie sei ein lebendiger Kiez, in dem Menschen verschiedener Kulturen zusammenkommen. «Die große Nachfrage nach authentischer asiatischer Küche hat uns dazu motiviert, hier unser Restaurant zu eröffnen.» 

Das Lokal mit kantonesischer Küche besteht seit März 1993 und ist ein beliebter Anlaufpunkt für den Berliner Sternekoch Tim Raue. «Das Good Friends ist für mich seit 30 Jahren Teil meines Lebens», sagt er der dpa. Dort esse Raue mindestens 20 Mal im Jahr.  

Die Kantstraße sei für Westberlin «definitiv ein kulinarisches Ausgehviertel», sagt Raue. Der Bereich könne mit Marketing aber noch populärer gemacht werden. 

The Duc Ngo: Kantstraße ist Gastro-Toplage

Auch The Duc Ngo hat ein besonderes Verhältnis zu dem Lokal in der Nähe des Savignyplatzes: 1999 hat er nebenan das Kuchi Kant eröffnet. Damals wollte er unbedingt sein erstes Restaurant mit seinem Cousin aufmachen, erzählt der Spitzenkoch, der 1979 als Flüchtling aus dem Vietnam nach Berlin kam. «Ich dachte, das ist eine gute Idee: Wenn du dich neben einem sehr berühmten Restaurant platzierst, hast du schon viele Kunden, die dein Restaurant sehen.»

Die 1A-Lagen hätten sie sich nicht leisten können. «Wir mussten uns die B-Lagen suchen und die Kantstraße war damals eine B-Lage», erzählt Ngo. «Ich glaube schon, dass es jetzt eine der Top-Lagen in Deutschland ist für Gastronomie, also die vielfältigste auf jeden Fall, die spaßigste und schönste.» Der 49-Jährige betreibt deutschlandweit laut eigenen Angaben 14 Restaurants, drei weitere seien in Planung. In seinen Lokalen setzt der Gastronom gerne den Fokus auf asiatische Fusion-Küche.

Straßenfest im Sommer zum 25-jährigen Jubiläum?

Neben dem Kuchi Kant betreibt der Unternehmer auf der Kantstraße unter anderem auch das Madame Ngo mit französisch-vietnamesischer Küche und das Fischrestaurant Funky Fisch. 

Wieso er so viele Lokale in Westberlin eröffnet hat? «Ich wollte einfach in meinem Kiez bleiben und ihn schöner machen. Ich mache das immer gerne: Dort, wo ich lebe und arbeite, möchte ich einen schönen Kiez haben», sagt Ngo dazu. Zum 25-jährigen Jubiläum des Kuchi Kant überlege er, im oder nach dem Sommer eine große Party zu schmeißen, zum Beispiel als Straßenfest mit Streetfood, Kunst und Kultur. 

Seit Langem liebäugelt Ngo mit einem Lokal für deutsche Gerichte. «Ich liebe die deutsche Küche, gerade die norddeutsche Küche. Ich würde sie gerne mal auf ein Level bringen, dass es wieder spannend ist, deutsch essen zu gehen.» Die Frage sei aber, wie sich so ein Lokal wirtschaftlich tragen könne. Er habe sogar schon eine Speisekarte auf seinem Handy. 

Ngo könne sich vorstellen, einige Twists einzubauen, um die Gerichte leichter oder etwas spannender zu machen. «Aber ich möchte schon den Geschmack der deutschen Küche treffen.» 

Er erinnere sich gerne an das Essen in seiner Kindergartenzeit zurück. Immer gemocht habe er Eintöpfe, etwa mit Erbsen. Andere Gerichte konnte er hingegen nicht ab: «Leipziger Allerlei fand‘ ich als Kind schrecklich, aber jetzt liebe ich es.» (dpa)


 

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