„Jedes Hotel wird wie bei einer Eröffnung neu an den Markt gehen“, sagt Prof. Dr. Christian Buer, Managing Partner für Deutschland bei Horwath HTL DACH, dem weltweit größten Beratungsunternehmen für die Hotelbranche. Bei einem digitalen Pressegespräch trafen er und Brigitte T. Gruber, Managing Partner für Österreich bei Horwath HTL DACH, auf Otto Lindner, Geschäftsführer der Lindner Hotels AG und Vorsitzender des Hotelverbands Deutschland, sowie Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter des Projektentwicklers DC Developments, um über die Zukunft der Hotelimmobilie zu diskutieren.
Dabei ging es nicht nur um den aktuellen Status Quo und die Problematik rund um den Personalmangel, sondern auch um die Risikoverteilung zwischen Hotelbetreiber und Projektentwickler. Zentrale Rollen auf dem Weg zu mehr Krisensicherheit nehmen dabei ganzheitliche und diversifiziertere Hotelkonzepte und die Weiterentwicklung der eigentlichen Funktion eines Hotelbetreibers ein.
„Das Jahr 2021 ist für die Hotellerie wie ein stotternder Motor“, beschreibt Christian Buer den Markt in Deutschland. Immer wieder habe es Lichtblicke gegeben, ebenso oft wären die Auslastungszahlen aber auch wieder drastisch gesunken. Wie sich die Nachfrage in Abhängigkeit von den anhaltenden Corona-Regelungen und politischen Maßnahmen langfristig entwickelt, würde sich erst in den kommenden Monaten zeigen können.
„Die Hotellerie wird mit den Unsicherheiten und Herausforderungen der aktuellen Situation leben und sich unter diesen Umständen neu positionieren müssen“, so Buer weiter. Noch immer können Betriebe nicht auf Volllast fahren, weil das Personal in allen Bereichen fehle. Auch in Österreich stehe man weiterhin vor dem gleichen Problem. „Ich denke, das könnte sogar ein globales Phänomen sein. Im Rahmen der Krise sind viele Fehler passiert.
Mitarbeiter wurden entlassen und das führt auf dem Markt natürlich zu Verunsicherungen. Angestellte in der Hotelbranche haben sich verständlicherweise beruflich umorientiert und sind schnell fündig geworden, denn sie sind nicht nur flexibel, sondern auch großartige Organisationstalente, die in anderen Brachen gern genommen werden“, resümiert Brigitte T. Gruber, Expertin für den Markt in Österreich. Mit Prämien zu locken und sich innerhalb der Branche gegenseitig die Mitarbeiter wegzunehmen, wie es aktuell in Deutschland passiere, sei dabei laut Otto Lindner keine Lösung des Grundproblems. „Vielmehr muss die Hotellerie sich für andere Bereiche öffnen und für Jobsuchende, für welche die Branche bisher gar nicht erst in Betracht gezogen wurde, attraktiv werden. Es gilt also nicht, Mitarbeiter zu finden, die unsere Prozesse abbilden können, sondern die Prozesse so zu verändern, dass wir die Mitarbeiter, die auf dem Markt verfügbar sind, entsprechend einsetzen können. Wir müssen also unsere Art zu Arbeiten umdenken“, betont Lindner.
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Gewinner und Verlierer: Wieso sich Hotelimmobilien diverser aufstellen müssen
Einen Aufschwung habe es bereits in der Ferienhotellerie gegeben, die besonders an touristischen Hot-Spots an Nord- und Ostsee in den Sommermonaten konstante Auslastungen von bis zu 95 Prozent verzeichnete. Zusätzlich sei der durchschnittliche Zimmerpreis in diesem Segment um rund 25 bis 30 Prozent gestiegen.
„Und dieser wird von den Reisenden momentan auch gerne bezahlt“, ergänzt Otto Lindner. „Die Wertschätzung und das Mitgefühl der Gäste sind nach den langen Schließungen sehr hoch und gleichzeitig sind die Reisenden gewillt, sich etwas zu gönnen“. Insgesamt hätten sich C- und D-Städte schneller und besser erholt als A-Städte, denen die großen Umsatztreiber wie Events, Messen und Kongresse fehlten. Zwar sei die Stadthotellerie an Wochenenden nun wieder mehr gefragt, vor allem der ausbleibende Geschäftstourismus sei aber in Form von niedrigen Auslastungen unter der Woche deutlich zu spüren. „Ganz klare Verlierer sind zudem Airport- und Kongresshotels, die nur eine einzige Zielgruppe ansprechen“, sagt Lindner. Anders sei es laut Lothar Schubert bei Pächtern oder Mietern mit einer Risikostreuung im Hotelportfolio. „Wer schon vor der Krise auf eine Diversifizierung im Konzept gesetzt hat, also nicht nur City-Hotels und Ferienunterkünfte, sondern beispielsweise auch Entertainment- und Messehotels betreibt, steht nun wesentlich besser und sicherer da“, so der Projektentwickler.
Eines seiner wichtigsten Learnings sei, dass er nun noch früher noch tiefer in den zukünftigen Betrieb schauen wolle. „Wir müssen uns fragen: Wie werden die Hotels in unseren Quartieren betrieben? Wir legen mehr Augenmerk darauf, dies schon in der ersten Phase zu beantworten, Betriebskonzepte nachhaltig zu gestalten und gemeinsam mit den Betreibern innovativ zu werden. Dass Hotels in urbanen Gebieten gebraucht werden, ist gesetzt und das wird auch so bleiben. Wir wollen aber ebenso herausfinden, ob der Hotelbetreiber nicht noch andere Bereiche, wie z.B. die Eingangshalle eines Bürohauses, managen kann“, erklärt Schubert. „Es gilt, die eigenen Soft-KPI‘s zu definieren, die den Erfolg eines Hotels ausmachen und diese in alle Positionen, vom Azubi über den Betreiber bis hin zum Developer, zu übertragen“, ergänzt Buer zustimmend, denn nur so könne man ein Hotel in seinem jeweiligen Segment erfolgreich führen und fördern. Die Hotellerie müsse sich außerdem Stück für Stück von dem Ursprungsgedanken einer Übernachtungsmöglichkeit entfernen und sich beispielsweise durch Mixed-Use-Konzepte mit Gastronomie, Einzelhandel oder Büroflächen breiter aufstellen „Aufgabe der Projektentwicklung ist es unter anderem, Initialzündungen zu leisten, um Städte schöner und lebenswerter zu machen. Und zwar indem alle Assets, die eine Stadt hat, in der Lage sind zu begeistern. Dazu zählt auch, dass ein Hotel nicht nur für Touristen gebaut wird, sondern auch Arbeitsplätze schafft und ein Ort der Begegnungen für Einwohner der Stadt ist“, sagt Lothar Schubert.
Hybride Pachtverträge: Risikoverteilung als Schlüssel zur Krisenresilienz?
Das Hotel- und Gaststättengewerbe sei in den vergangenen Jahren dynamisch gewachsen, die Expansion von Hotelkomplexen wäre aber überwiegend eine immobiliengetriebene. Die Entwicklung der Faktoren wie der Jahresmieten, die Miethöhen sowie die Grundstücks- und Baupreise seien auf den Anstieg der Immobilienpreise an sich zurückzuführen, weniger hingegen auf die Performance der Betreiberseite. „Wir haben den Fehler gemacht, in den vergangenen Jahren viel zu hohe Pachten abgeschlossen und somit die Immobilienbranche noch mehr befeuert zu haben. Solche reinen Festpachtverträge sollten zukünftig in hybride Vertragskonstruktionen umgewandelt werden. Der Immobilieneigentümer wird damit wirtschaftlich ebenso am Upside beteiligt sein, wie er es in der Krise am Downside war – daraus werden interessante neue Partnerschaften zwischen den Stakeholdern entstehen“, erwartet Otto Lindner. Eine weitere Möglichkeit für Risksharing könnten laut Buer Zulagen seitens der Investoren bzw. Projektentwickler für Möblierung, Einrichtung und Ausstattung sein, welche nicht fixiert, sondern an die Schwankungen der volatilen Preise gebunden sind. Damit könnten sich Betreiber absichern, falls es krisenbedingt erneut zu Lieferengpässen und damit einhergehend steigenden Rohstoffpreisen kommen sollte. In Bezug auf die Pandemie würden sich diese Preise zwar wieder stabilisieren, dennoch sei mit einem durchschnittlichen Kostenanstieg von 10 bis 15 Prozent zu rechnen. Schubert könne den Wunsch nach hybriden Verträgen zwar verstehen, trage aber innerhalb der Projektentwicklung schon sehr viele andere Risiken. „Dennoch bin ich offen mit Hotelbetreibern zu verhandeln, um den besten Output für unsere Hotelprojekte zu erzielen.“
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Was erwartet die Branche in den kommenden Jahren?
Über eines sind sich alle sicher, der Tourismus komme zurück. Bereits im Sommer 2021 waren beliebte Feriendestinationen in der DACH-Region wieder ausgebucht. Ebenso würde es sich mit dem Städtetourismus verhalten und auch die Businessreisen würden, obwohl sich pandemiebedingt Videotelefonate immer größerer Beliebtheit erfreuen, bald wieder stattfinden. „Tourismus wird immer eine wichtige Rolle spielen, Menschen wollen und werden reisen. Momentan lieber regional und es wäre auch schön, wenn das so bleibt, woran ich aber nicht glaube. Hier sind Entwicklungen in der Mobilität gefragt, um dem Klimawandel zu begegnen. Das wird ein wichtiges Thema sein, welches wir in alle Bereiche der Hotellerie mitnehmen müssen, vom Entwickler bis hin zum Gastgeber“, sagt Brigitte T. Gruber. Nachhaltigkeit, ebenso wie Digitalisierung seien die Schlüsselwörter für die Zukunftsausrichtung des Hotelbetriebs sowie der Immobilie an sich. Betreiber und Projektentwickler müssten hierbei Hand in Hand arbeiten und gemeinsam Prozesse zu definieren. „Das Hotel ist ein unabdingbarer Stadtbaustein und Bestandteil der deutschen Innenstädte und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern“, prognostiziert Lothar Schuber.
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