Hoteliers diskutieren Klarnamenpflicht bei Bewertungen

| Hotellerie Hotellerie

Das Internet ist voll von anonymen Postings in Online-Foren, Fake-Profile auf Plattformen und negativen Kommentaren unbekannter Nutzer, die oft auch von Bots geschrieben werden. In Österreich wird derzeit stark über Fake-Bewertungen diskutiert. Aber auch Deutschland werden Forderungen nach einer Klarnamenpflicht bei Bewertungen laut.

Das Internet ist voll von anonymen Postings in Online-Foren, Fake-Profile auf Plattformen und negativen Kommentaren unbekannter Nutzer. Doch Bewertungs- und Buchungsplattformen nehmen würden den menschlichen Maßstab aus dem Spiel nehmen, sagt die Österreichische Hoteliervereinigung. Niemand filtere falsche Bewertungen heraus: Jeder Minus-Stern, auch von Bots, was stark zunehme, ruiniert Online-Auftritte und mindere Verkaufschancen. Mit jeder negativen Bewertung rutschen Betriebe in Rankings nach hinten, verlören Umsätze und Renommee. „Plattformen tun, was sie wollen, die Politik verfällt in eine emotionale Debatte, statt eine Lösung zu haben“, kritisiert Dr. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung.

Auch die österreichische Staatssekretärin Susanne Kraus Winkler bezieht Position: „Mit einer Klarnamenpflicht, wie im Österreichplan 2030 von Bundeskanzler Karl Nehammer vorgesehen, kann anonymen Fake-Bewertungen auf Onlineplattformen entgegengewirkt werden. Zudem kann die Klarnamenpflicht die Glaubwürdigkeit von Online-Bewertungen stärken. Eine Blitzumfrage der Wirtschaftskammer Österreich zeigt, dass mehr als 75 Prozent der Tourismusbetriebe den Eindruck haben, dass über sie schon einmal absichtlich unwahre Bewertungen verbreitet wurden. 
Die Klarnamenpflicht soll weder als Meinungs-, noch als Nicknameverbot ausgestaltet sein, denn kritische Bewertungen sind für einen funktionierenden Qualitätswettbewerb wichtig. Am zielführendsten erscheint eine europäische Lösung mithilfe der Ausweitung des Digital Service Act. Dieser verpflichtet sehr große Online-Plattformen bereits dazu, gegen Fake-Accounts, Beleidigungen und andere Straftaten vorzugehen.“
 
Markus  Gratzer erwartet  Lösungen von der Politik: „Es geht ja nicht nur um Hotels, sondern um Beisln, den Bio-Produzenten, die Kabarettistin, den Floristen, die Bäckerin: Wer ins Visier der Falschen gerät, erleidet massiven Schaden.“ Betroffene Betriebe sind oft wehrlos: Bis Plattformen Bewertungen prüfen oder korrigieren, vergehen oft Monate: Besonders ärgerlich, wenn die bewertende Person gar nicht im Betrieb war.

Auch der deutsche Hotelier und Unternehmer Marco Nussbaum plädiert für die Klarnamenpflicht und sagt: Es ist die typische Kaste der Internetnutzer, die sich selbst gut fühlen, wenn sie Produkte niedermachen. Die Echtheit solcher Online-Bewertungen kann nicht überprüft und somit immer infrage gestellt werden. Das Problem ist aber, dass es oftmals ein kostenintensiver Aufwand ist, diese Bewertungen löschen zu lassen. Ohne juristische Hilfe gelingt das überhaupt nicht und selbst mit, stellen sich einige Portale stur. Die Zensur der Portale, was online bleiben darf und was nicht, ist kaum nachvollziehbar und müsste viel strenger reguliert werden. Denn es sind solche Leute, die die Möglichkeit der Anonymität nutzen, um Neid, Frust und Hass abzulassen, weil sie sich anscheinend eben auch sicher fühlen und denken, dass sie weder juristisch noch anders dafür belangt werden können. Ihre Motive sind niederer Natur und es ist immer wieder gleich, Fakten werden außer Acht gelassen, stattdessen wird einfach mit Dreck geworfen. Eine Klarnamenpflicht würde dem entschieden vorbeugen.“ 

IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe sagte zur Forderung einer Klarnamenpflicht bei Online-Bewertungen: „Die Klarnamenpflicht muss kommen, die Möglichkeit zur Pseudonymisierung bleiben. Qualitätsstandards und Verhaltensregeln müssen endlich auch bei allen Plattformen konsequent durchgesetzt werden!“

Datenschutz muss und wird bleiben

Das Recht auf anonyme Bewertungen müsse und werde freilich bleiben, zeigt Gratzer anhand der viel gefeierten und zugleich einer vielkritisierten Lehrer-Bewertungs-Plattform auf: „Die ist das beste Beispiel dafür, warum anonyme Kritik möglich sein muss! Aber niemand muss sich von Menschen, die ihn nicht kennen, in Grund und Boden dissen lassen, weil jemandem der Name nicht gefällt oder weil er Lehrer generell nicht mag – oder Hotels Darauf hat niemand ein Recht. Das müssen wir abstellen“, fordert Gratzer. Lösungen könne es nur geben, wenn der Datenschutz gewährleistet bleibt. Das haben Höchstgerichte klar zu verstehen gegeben.

Recht auf anonyme Kritik darf kein Persilschein für Fake-Bewertungen sein

Doch es müsse möglich sein, Bewertungen nur von Personen zuzulassen. die dessen Leistungen nachweislich beurteilen können: „Das Recht auf anonyme Kritik darf kein Persilschein sein für den willkürlichen Abschuss durch wildfremde Personen oder gar durch KI-getriebene Bots: Die haben sicher kein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, schon gar nicht auf unbegründet negative, abwertende Meinungen!”

Es sei höchste Zeit, dass die Diskussion über diese längst bekannten, von der ÖHV seit Jahren kritisierten Missstände Fahrt aufnimmt, so Gratzer. Es brauche Lösungen besser heute als morgen. Wenig hilfreich seien aber Vorschläge, die falsche Erwartungen und Ängste wecken: „Die einen sehen in der Klarnamenpflicht ein Wundermittel gegen geschäftsschädigende Lügen, die anderen das Ende des Internets. Es ist wohl weder das eine noch das andere. Aber wir kommen nicht weiter, wenn sich die Debatte immer nur darum dreht. Also Schluss mit dem Triggern von Datenschützern! Und geben wir Gaunern, die mit Fake-Bewertungen auf Kosten Dritter Geschäfte machen, kein Schein-Argument mehr, hinter dem sie sich verstecken können! Nur wer nachweislich in einem Geschäft oder Lokal war, muss sachlich gerechtfertigte Kritik auch anonym üben dürfen!“


Zurück

Vielleicht auch interessant

Das einstige Nonnenkloster „Joseph’s House“ in Davos erfindet sich neu: Die Davos Klosters Mountains AG investiert 20 Millionen Franken in das künftige Drei-Sterne-Superior-Hotels, das Weihnachten 2024 eröffnen soll. Im Interview spricht Vidal Schertenleib, CEO der Davos Klosters Bergbahnen AG, über das Projekt und sagt, warum Bergbahnbetreiber auch gute Gastgeber sein können.

AnzeigePressemitteilung

Sternekoch Holger Bodendorf vom Landhaus Stricker setzte auf die Unterstützung von HotelPartner Revenue Management. Mit dem Fokus auf den Menschen gelang dem Sylter Hotel eine erfolgreiche Wende. 

Nelson Müller geht unter die Hoteliers: Der bekannte Sternekoch übernimmt die Diepeschrather Mühle in Bergisch Gladbach und bringt das Haus gleich zu Relais & Châteaux.

Die Radisson Hotel Group führt eine weitere ihrer insgesamt zehn Marken in Deutschland ein: In Leipzig wurde am 14. November das erste Radisson Hotel offiziell eröffnet.

TUI baut sein Angebot an Hotels, die direkt bei dem Unternehmen angebunden sind, weiter aus. Durch die Einführung einer technischen Integration mit dem IT-Anbieter Juniper haben Urlauber jetzt zum Beispiel Zugang zu rund 5.000 IHG-Hotels.

Im Mai hatte die Europäische Kommission Booking Holdings als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Das Unternehmen muss nun seit Donnerstag strenge EU-Verpflichtungen einhalten. Der Hotelverband in Deutschland will Booking.com auf die Finger schauen und die Umsetzung prüfen.

Die Quartiersentwicklung „Lokhöfe“ in Rosenheim gewinnt an Profil: Premier Inn wird am 29. November ein Hotel mit 145 Zimmern eröffnen. Es wird das 60. Hotel der britischen Hotelkette.

MHP Hotel AG erwirtschaftete im Drittel Quartal 44,5 Millionen Euro Umsatz. Das ist ein Plus von 26 Prozent. Der neue Koenigshof in München und Großveranstaltungen trugen maßgeblich zur Steigerung bei. Im kommenden Jahr wird MHP in Hamburg ein weiteres Luxushotel eröffnen.

In der deutschen Hauptstadt erstrahlt das Citadines Kurfürstendamm, nach umfassender Renovierung der Apartments und öffentlichen Bereiche, jetzt in neuem Glanz. Inspiriert wurde das neue Design des Hauses von den Schneidereien in Berlin.

Das Seegrundstück, auf dem früher das Hotel „Seehof“ in Tutzing am Starnberger See stand, soll nach über 20 Jahren wieder bebaut werden. Dagegen regt sich Widerstand. Jetzt muss der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof entscheiden.