Moselort Kröv nach Hoteleinsturz unter Schock – zwei Tote

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Es ist ein schlimmer Anblick. Das kleine Hotel in Kröv an der Mosel ist regelrecht in sich zusammengesackt. Eine Etage ist verschwunden, Fenster, Balken und Giebel sind verschoben. Etliche Urlaubsgäste befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks am späten Dienstagabend in dem Hotel. Nach einer stundenlangen Rettungsaktion dann die traurige Nachricht: Eine Frau und ein Mann sind in den Trümmern getötet worden. Eine Überlebende harrt fast 24 Stunden unter den Trümmern aus.

Nach dem Einsturz eines Hotels im Moselort Kröv sollen die Bergungsarbeiten und die Ursachensuche heute am frühen Vormittag fortgesetzt werden. Nach Angaben einer Polizeisprecherin werde die Einsatzleitung gegen 9.00 Uhr wieder ihre Arbeit vor Ort aufnehmen. Zwei Menschen waren bei dem Unglück gestorben, mehrere Menschen wurden teils für Stunden in den Trümmern eingeklemmt. Am späten Mittwochabend retteten die Einsatzkräfte die letzte überlebende Frau aus dem Hotel. 

«Wir hatten alle Tränen in den Augen»

Bei der Rettungsaktion gibt auch ein kleines Wunder um eine Familie: Unter den sieben teils Schwerverletzten werden vier bereits am Morgen gerettet - unter ihnen auch ein zweijähriges Kind. Als es nach Stunden des Bangens in einem Kinderschlafsack aus dem Haus getragen wird, werden viele vor Ort emotional. «Ich habe mich noch nie so gefreut, ein fremdes Kind zu sehen. Wir hatten alle Tränen in den Augen», sagte der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich, Jörg Teusch. 

Zu den Geretteten gehört auch die Mutter des kleinen Kindes. Der Vater war zunächst noch eingeklemmt und schwerer verletzt. Er wurde schließlich gegen Mittag aus den Trümmern geholt. Vorher hatte Einsatzleiter Teusch noch gesagt: «Wenn wir das schaffen, die Familie am heutigen Tag wieder zusammenzuführen, ist das Balsam auf die Seele.» Die Familie stammt aus den Niederlanden. Am späten Nachmittag wurde auch das erste von zwei Todesopfern geborgen - dabei handelte es sich um eine 1961 geborene Frau, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Immer wieder liefen Helfer auf dem Platz vor dem Gebäude hin und her, einige von ihnen waren bis zur Hüfte mit Staub bedeckt. Am Abend folgte die erlösende Nachricht: Auch die letzte noch lebende Person im Gebäude ist gerettet. Unter Applaus wird die Frau am späten Abend aus dem hell erleuchteten Gebäude getragen. 

Zuvor hatten die Einsatzkräfte nach Angaben der Polizei schweres Gerät einer Spezialfirma eingesetzt, um zu der Frau zu gelangen. Sie hatten nach Polizeiangaben «Sprechkontakt» zu ihr und konnten sie mit Flüssigkeit versorgen. Die letzte Überlebende verharrte fast 24 Stunden unter den Trümmern. Nach Angaben eines Feuerwehrsprechers sei die Frau in einer gebückten Haltung von Betonplatten eingeklemmt gewesen. Sie habe etwas zu trinken und Essen in Breiform erhalten. Über große orangefarbene Rohre wurde Luft in das Gebäude gepumpt. 

«Wir dachten anfangs, alle sind tot»

Anfangs hatte die Lage schlimmer ausgesehen. «Wir sind davon ausgegangen, alle, die dazwischen liegen, sind tot», sagte Teusch, als noch die ersten Helfer eintrafen. Und doch überlegten einige Menschen in dem Hotel über Stunden, auch dank verbliebener Hohlräume. «Die Räume, die geblieben sind, kann man auch nur als Wunder bezeichnen», sagte Teusch.

Die Rettungsaktion gestaltete sich von Beginn an extrem schwierig, da das Gebäude völlig instabil war und sich anfangs noch etliche Zentimeter bewegte. Die gesamte Gebäudestruktur gleiche einem Kartenhaus, sagte Teusch. «Wenn man dort an einer falschen Karte zieht, dann stürzt dieses Gebäude mit Sicherheit ein.» Für die Rettungskräfte bedeute dies ein großes Risiko - sie müssten vorsichtig sein.

Daher war nach der Rettung der letzten Überlebenden auch zunächst Schluss. Hunde wurden noch einmal durch das Gebäude geschickt, um sicherzugehen, dass niemand übersehen wurden. Der zweite Verstorbene, der sich noch im Hotel befindet, wird in der Nacht nicht mehr geborgen. «Heute Nacht wird auf keinen Fall weiter gemacht, es ist einfach zu gefährlich», sagte die Polizeisprecherin. Nach derzeitigem Stand gehe die Polizei stark davon aus, dass es sich bei dem Toten um den Hotelbesitzer handele. 

Unglücksursache unklar

Nach dem Unglück steht der idyllische Moselort unter Schock. «Ich kann es gar nicht glauben», sagte eine Anwohnerin mit Tränen in den Augen. Und eine andere: «Ich bin einfach nur schockiert.» Der Unglücksort war abgesperrt, Betonteile lagen am Haus.

Zwei Frauen berichteten von dem Moment des Einsturzes: Sie seien im Dachgeschoss des Hotels gewesen: «Es war ein richtig großer Knall. Wie, wenn ein Flugzeug in ein Gebäude kracht», schildert eine der beiden. Das Treppenhaus sei weg gewesen, sie seien über den Balkon gerettet worden. Ihre Freundin war zunächst noch eingeschlossen. Sie war mit ihrem Hund dort, der auch gerettet wurde. 

Die Unglücksursache ist laut Polizei noch völlig unklar. Ein Sachverständiger solle beauftragt werden, teilte der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt Peter Fritzen mit. Ermittelt werden könne erst, wenn die Rettungsarbeiten abgeschlossen seien. «Wir müssen da jetzt beginnen, die Tatsachen zusammenzutragen, um uns ein Bild zu machen, ob möglicherweise ein irgendwie geartetes Fremdverschulden vorhanden ist.» Auch Fritzen zeigte sich berührt von dem Unglück, sagte: «Ich bin erschüttert von diesem Schadensereignis - ein Schadensereignis, das mir in meiner dienstlichen Tätigkeit in dieser Form, in dieser Dramatik und mit diesen schwerwiegenden Folgen nicht in Erinnerung ist.»

Insgesamt wurden den Angaben zufolge nach dem Unglück 21 Menschen aus drei Häusern in der Nachbarschaft evakuiert. Im Hotel selbst seien 14 Personen gewesen, von denen fünf schnell gerettet wurden. 

Grundsubstanz des Hotels aus dem 17. Jahrhundert

Kröv liegt an der Mittelmosel im Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz. Gerade jetzt zur Sommerzeit sind in der für Weinbau bekannten Region viele Touristen unterwegs. Die Grundsubstanz des teilweise eingestürzten Hotels mitten in der Ortschaft ist laut Teusch wohl aus dem 17. Jahrhundert.

Darauf seien 1980 noch einmal zweieinhalb Geschosse aufgesattelt worden. Dabei sei «eine Grundkonstruktion über Hohlkammerdecken mit entsprechenden Tragkonstruktionen» gebaut worden, auf denen dann alles lag. Gutachten müssten nun zeigen, «ob da irgendwas in der Unterkonstruktion der alten Bausubstanz versagt hat». Fakt sei, dass es am Dienstag noch Bauarbeiten an dem Gebäude gegeben habe. Ob die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Einsturz stehen, würden die Ermittlungen zeigen. 

Dehoga: Älteres Ehepaar suchte Nachfolger für Hotel

Die Betreiber des eingestürzten Hotels im Mosel-Ort Kröv haben nach Darstellung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) aus Altersgründen einen Nachfolger für ihren Betrieb gesucht. Über die Ursache des Unglücks könne nur spekuliert werden, sagte der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende des Dehoga, Gereon Haumann, in Bad Kreuznach. «Das ist eine Tragödie, absolut bedauernswert.»

Ob die Nähe zur Mosel, die Bauarbeiten am Vortag oder etwas anderes ursächlich für den Einsturz sei, würden Sachverständige und Ermittler hoffentlich bald klären können, auch damit Spekulationen verhindert würden, sagte Haumann. «Das ist ein absoluter Einzelfall.» Das Hotel ist Haumann zufolge Mitglied im Dehoga. 

Haumann: Kröv braucht Unterstützung der Urlauber, nicht von Gaffern

«Als die Katastrophe da war, hat der Katastrophenschutz funktioniert», betonte Haumann auch mit Blick auf die Mängel bei der Flutkatastrophe an der Ahr vor gut drei Jahren. «Das ist ein ganz schlimmes Unglück», betonte Haumann. 

Bei allem Leid sei ihm aber ein großes Dankeschön an die Leitung des Einsatzes und an die Einsatzkräfte wichtig. Deren beherztes Vorgehen gebe den Menschen ein Gefühl der Sicherheit. 

«Die Mosel ist weiter ein ganz, ganz sicheres Urlaubsgebiet.» Der Weinort Kröv brauche jetzt die Unterstützung der Urlauber und Gäste, «aber nicht der Gaffer».

Teile des eingestürzten Hotels sind Kulturdenkmal

Das Vorderhaus des eingestürzten Hotels im Mosel-Weinort Kröv ist nach den Worten von Landeskonservator Markus Fritz-von Preuschen «ein Zeugnis der Baukunst des 18. Jahrhunderts» und seit 2008 Kulturdenkmal. Das stattliche Gebäude sei aber kein Fachwerkhaus, sondern ein gemauerter barocker Massivbau, sagte Fritz-von Preuschen der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Solche Häuser seien wie Fachwerkhäuser typisch für die Region.

Das zweigeschossige Wohnhaus sei ein traufständiger Bau mit einem teils sehr steilen Satteldach. Es stamme von Anfang des 18. Jahrhunderts, könne im Kern aber auch älter sein. Im Torbogen in der Einfriedungsmauer neben dem Haus finde sich das Jahr 1731. 

Zum Anbau aus den 1980er Jahren liegen Fritz-von Preuschen keine Informationen vor. Dafür habe aber selbstverständlich ein Bauantrag gestellt werden müssen. 

Zweieinhalb Geschosse wurden in den 1980er Jahren aufgesattelt

Über das eingestürzte Stockwerk sagte der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich, Jörg Teusch, die Grundsubstanz des Gebäudes sei wohl aus dem 17. Jahrhundert. «Da wurden auf dem Erdgeschoss circa 1980 noch mal zweieinhalb Geschosse aufgesattelt.» 

Damals sei eine Grundkonstruktion über Hohlkammerdecken mit Tragkonstruktionen gebaut worden. «Da genau lag jetzt irgendwo der Knackpunkt, dass es dazu kam, dass das erste Obergeschoss komplett eingestürzt ist.» Gutachten müssten nun zeigen, ob etwas in der Unterkonstruktion in der alten Bausubstanz versagt habe.

Schwere Einsturz-Unfälle in Deutschland

Beim Zusammenbruch einer ganzen Etage in einem Hotel an der Mosel sind zwei Menschen getötet worden. Es gibt mehrere Verletzte. Der stundenlange Rettungseinsatz gestaltet sich als extrem kompliziert. In den vergangenen Jahrzehnten forderten bundesweit bereits mehrere große Einstürze von Gebäuden viele Opfer und richteten hohe Schäden an. Ein Rückblick auf frühere Notfälle und Rettungsaktionen:

Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009

Am 3. März stürzt in der Kölner Innenstadt das Historische Stadtarchiv ein und reißt zwei Nachbargebäude teilweise mit sich. Mehrere Tage später werden die Leichen eines 17- und 24-Jährigen geborgen. Die Stadt verweist auf einen hydraulischen Grundbruch an einer U-Bahn-Baustelle als wahrscheinliche Ursache des Unglücks.

Das Archiv enthielt wertvolle Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten wie Heinrich Böll und Konrad Adenauer und hatte einen Versicherungswert von 400 Millionen Euro. Der Schaden liegt nach Schätzung der Stadt Köln bei 1,2 Milliarden Euro. Oberbürgermeister Fritz Schramma tritt infolge der Kritik an seinem Krisenmanagement nicht zur nächsten Wahl an. Im August 2011 meldet die Stadt die Bergung von 95 Prozent der Archivbestände.

Trägerabsturz am Berliner Hauptbahnhof 2007

Ein zwei Tonnen schwerer Stahlträger wird am 18. Januar 2007 durch den Orkan «Kyrill» aus seiner Verankerung gerissen. Er stürzte 40 Meter tief auf eine Treppe im Eingangsbereich des Bahnhofs. Verletzt wurde dabei niemand. Im Juni 2008 stellt ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger fest, dass ein Planungsfehler die Ursache für den Trägerabsturz war. 

Dach der Eissporthalle in Bad Reichenhall bricht 2006

Beim Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall in Bayern sterben 15 Menschen, unter ihnen überwiegend Kinder und Jugendliche, beim Freizeitsport. Am 2. Januar bricht das Dach der in den 1970er Jahren erbauten Halle unter Schneemassen zusammen. Die Ursache ist zunächst unklar. Erst später werden massive Mängel bei Planung und Bau festgestellt. 

Die Staatsanwaltschaft Traunstein leitet Ermittlungen gegen acht Verantwortliche ein. Das Landgericht Traunstein verurteilt am 18. November 2008 den Konstrukteur des Dachs zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung. Der Architekt und ein Gutachter werden zunächst freigesprochen, der Bundesgerichtshof hebt die Freisprüche Anfang 2010 wieder auf.

Einsturz einer Schule in Goldberg 2004

Im August 2004 kommen nach dem teilweisen Einsturz einer Schule in Goldberg (Mecklenburg-Vorpommern) fünf Bauarbeiter ums Leben. Die Ursache ist vermutlich auf Fehler bei den Sanierungsarbeiten zurückzuführen. Die genaue Untersuchung dauert mehrere Wochen an. Bei den Arbeiten am Plattenbau wurden möglicherweise vor dem Abbruch einer tragenden Wand die Abstützungen nicht vorschriftsgemäß angebracht. 

Dacheinsturz im Gemeindezentrum in Duisburg 1999

In einem katholischen Gemeindezentrum in Duisburg-Homberg kommen vier Menschen ums Leben, sieben weitere werden verletzt, als im Mai 1999 eine etwa 150 Quadratmeter große Dachfläche einstürzt. Verursacht wurde das Unglück durch Handwerker, die auf dem Flachdach des Hauses 20 Tonnen Kies zwischengelagert hatten. Das Landgericht Duisburg hatte drei Männer im Februar 2000 wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils 18 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. (dpa)


 

Was ist passiert?

Am späten Dienstagabend stürzen Teile des Hotels ein - nur fünf Menschen können sich aus dem Gebäude retten. Acht Menschen werden teils schwer verletzt in den Trümmern gefangen. Die Einsatzkräfte haben via Handy schnell zu einigen von ihnen Kontakt. Wie es zu dem Teileinsturz des Gebäudes kommen konnte, war zunächst unklar. Anwohner hatten laut Polizei am späten Dienstagabend den Notruf gewählt.

Polizei: «Extrem anspruchsvoller Einsatz»

Am Unglücksort sieht man, dass Teile des mehrstöckigen Fachwerkgebäudes eingestürzt sind. Betontrümmer liegen auf dem Boden. «Aufgrund des Schadensbildes handelt es sich um einen extrem anspruchsvollen Einsatz, da das Gebäude nur unter größter Vorsicht von den Einsatzkräften betreten werden kann», hieß es in einer Polizeimeldung. Der Sprecher der Technischen Einsatzleitung des Kreises Bernkastel-Wittlich, Gregor Zehe, sagte: «Die Bergung ist unglaublich schwierig.» Bei der instabilen Lage müsse man genau schauen, welchen Schritt man macht. Laut Teusch wurde über mehrere Stunden versucht, einen Zugang zu schaffen.

Rund 250 Helfer unter anderem von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) seien vor Ort - darunter Spezialkräfte und eine Rettungshundestaffel. Auch mit Drohnen wird der Unglücksort untersucht.

Kröv liegt an der Mittelmosel im Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz. Gerade jetzt zur Sommerzeit sind in der für Weinbau bekannten Region viele Touristen unterwegs. (dpa)


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