Ende der Durststrecke: Brauer füllen wieder Bier in Fässer

| Industrie Industrie

Der Neustart der Gastronomie in vielen Teilen Deutschlands ist auch für die Brauereien ein Hoffnungsschimmer. Nach monatelanger Pause füllen sie wieder Bier in Fässer ab. Damit ende für die Brauwirtschaft «eine der längsten Durststrecken ihrer Geschichte», sagte der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Jörg Lehmann, am Mittwoch.

Während gewöhnlich rund ein Fünftel des in Deutschland gebrauten Bieres in die Gastronomie fließe, habe dieser für die Brauereien äußerst wichtige Absatzkanal über Monate praktisch nicht mehr existiert, beklagte der Verband. Drastische Umsatzeinbußen, Kurzarbeit und Entlassungen seien für viele Betriebe die Folge gewesen.

«Die Brauereien sind gut vorbereitet auf das Wiederanlaufen der Gastronomie», sagte der Hauptgeschäftsführer des Brauer-Bundes, Holger Eichele. Die Fassbierabfüllungen seien vor etwa ein, zwei Wochen angelaufen. Die Gastronomen und der Getränkefachgroßhandel orderten allerdings in den meisten Fällen verständlicherweise noch sehr zögerlich. «Der Fassbiermarkt läuft mit gebremsten Schaum», beschreibt Eichele die Lage.

«Wir sind weit entfernt von einem planbaren verlässlichen Rückweg zur Normalität. Wir sind nach wie vor in einer Zeit voller Ungewissheit», sagte Eichele. In den vergangenen Monaten habe es nur vereinzelt Abfüllungen in «homöopathischen Mengen» gegeben – Kleinstmengen oder Exportchargen. Die Braubranche habe zwar Zuwächse beim Absatz von Flaschenbier verzeichnet. Das konnte aber die Rückgänge bei Fassbier nach früheren Angaben nicht ausgleichen.

Die Brauereikunden in Gastronomie und Getränkegroßhandel müssten selbst noch viele Unwägbarkeiten meistern. «Über allem schwebt das Damoklesschwert der Inzidenzen», sagte Eichele mit Verweis auf die Öffnungsschritte, die von einem stabilen Rückgang der Corona-Neuinfektionen abhingen. Die Fallzahlen könnten sich auch wieder ändern. Hinzu komme noch der Wetterfaktor, der für die Außen-Gastronomie besonders wichtig sei. So seien für Pfingsten die Wetteraussichten nicht die besten. Andere Gastronomen könnten mangels Außenbereich noch gar nicht öffnen. Vor diesem Hintergrund kauften die Kunden in der Gastronomie sehr behutsam und vorsichtig Fassbier.

Die Brauerei Veltins sieht trotz des langen Stillstands bei der Fassbierabfüllung keine Lieferengpässe. Pro Stunde könnten 500 Fässer abgefüllt werden, sagte ein Unternehmenssprecher. Im Bedarfsfall könne die Kapazität «auf eine 24-stündige Abfüllung im 7-Tage-Rhythmus hochgefahren werden». Dass die Gastronomen nach Öffnung ihrer Lokale mit vielen Gästen rechnen können, hat eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Dimap im Auftrag von Veltins ergeben. Danach wollen 36 Prozent der Befragten gleich in der ersten Woche nach Wiedereröffnung Biergärten und Lokale besuchen, weitere 39 Prozent hätten das innerhalb der ersten Monats vor, wie die Brauerei mitgeteilt hatte.

«Unsere Gastronomen sehen bei ihren Gästen eine große Bereitschaft, selbst bei nicht so gutem Wetter die Außengastronomie zu besuchen, wie beispielsweise am letzten Wochenende in Koblenz», sagte Rainer Noll, Leiter Außer-Haus-Markt der Bitburger Braugruppe. Die Hygienekonzepte in der Gastronomie sorgten für große Sicherheit.

«Auch wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Fassbier jetzt wieder steigen wird», sagte ein Sprecher der Brauerei Krombacher. Dementsprechend werde bereits wieder Bier in Fässern abgefüllt.
Wie groß die Nachfrage durch die Gastronomie konkret sein wird, hänge von den weiteren Lockerungsmaßnahmen in den Bundesländern ab.

«Wir haben vor einigen Wochen wieder begonnen, Fassbiere abzufüllen und sind bereit für die Wiedereröffnung der Gastronomie», sagte ein Sprecher der Anheuser-Busch InBev Germany Holding, zu der Becks gehört. «Wir sehen derzeit noch eine verhaltene Nachfrage aufgrund der unklaren Lage, aber blicken sehr optimistisch in die Zukunft.»

Auch beim Marktführer, der Oetker-Tochter Radeberger Gruppe, läuft die Abfüllung von Fassbier wieder. Die Abfüllkapazitäten seien zunächst auf etwa die Hälfte der Volllast hochgefahren worden, um die eigenen Bestände aufzustocken und lieferfähig zu sein. «Die weitere Abfüllplanung hängt dann von der Nachfrage der Gäste ab – und damit dann auch ihrer Gastgeber», sagte eine Sprecherin der Gruppe. Bei Warsteiner hieß es, die Fassbierabfüllung sei an allen Standorten hochgefahren worden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Fußball und Bier - das gehört für viele Fans einfach zusammen. Daher dürften sich auch die Brauereien im Südwesten auf die Europameisterschaft freuen. Doch nicht nur das deutsche Team muss mitspielen.

Eigentlich gilt Bayern als Geburtsstätte des Weißbiers, doch eine bekannte Weißbiersorte stammt aus einer kleinen Brauerei aus Baden-Württemberg: Farny aus Kißlegg im Allgäu gilt als Urheberin des Kristallweizens. In diesem Sommer feiert die Sorte ihren 100. Geburtstag.

Für alle, die auf Alkohol verzichten wollen, hat die Stiftung Warentest pünktlich zur Fußball-EM alkoholfreies Bier getestet. Das Niveau ist hoch: Von den 20 untersuchten Bieren schnitten 12 insgesamt gut ab, wobei einige auch muffig oder leicht käsig schmecken.

«Juni trocken mehr als nass, füllt mit gutem Wein das Fass» lautet eine Bauernregel. Bis dahin sind noch ein paar Tage - und die Branche hofft auf geeignetes Wetter.

Schaumwein wird in Frankreich beliebter. Statt zu einem Champagner greifen die Menschen verstärkt zu einem Crémant. Zu dessen Höhenflug hat auch ein Trendgetränk aus Italien beigetragen.

Die Fruchtsaft-Industrie kämpft mit schlechten Ernten. Der beliebte Saft könnte deshalb künftig noch teurer werden. Bereits in den vergangenen Jahren waren die Erträge und die weltweiten Lagerbestände an Saftkonzentrat immer weiter zurückgegangen. 

Trockene und Rosé-Weine aus Deutschland sind zunehmend gefragt. Das ergab die Qualitätsweinprüfung, wie das Deutsche Weininstitut (DWI) im rheinhessischen Bodenheim am Freitag mitteilte. Sie zeigt auch, welcher Wein unterdessen Marktanteile verliert.

Die Frostschäden in deutschen Weinbauregionen könnten eine ganze Reihe von Winzern in Schwierigkeiten bringen. Dass Kunden deshalb am Weinregal tiefer in die Tasche greifen müssen, ist aber bislang nicht ausgemacht. Hunderte Weinbaubetriebe werden nicht überleben.

Die Frostschäden in südwestlichen Weinbauregionen könnten eine ganze Reihe an Winzern in Schwierigkeiten bringen. Viele Betriebe verfügen allerdings über Ertragsversicherungen, die einen wesentlichen Teil der Schäden abdecken könnten.

Die Metro AG verschlankt ihren Vorstand. Gleichzeitig ziehen zwei neue Mitglieder in das Führungsgremium ein. Der Schritt soll den Fokus weiter auf die Stärkung des operativen Großhandels richten und kann als Bestätigung der Strategie von CEO Greubel interpretiert werden, die auch die konsequente Ausrichtung der Metro auf die Gastronomie vorsieht.