Recht unscheinbar und ungefähr so groß wie ein Zwei-Euro-Stück. Doch ihre große innere Oberfläche und ihre poröse Struktur machen sie einzigartig und wertvoll für die Bodenverbesserung. Peter Geil, der Weingutsleiter der Fürstlich Castell´schen Domäne, hält das erste Mal eigene Pflanzenkohle in den Händen: „Hier ist viel Potenzial versteckt.“ Schon länger sucht er nach Ansätzen, um Kreisläufe zu schließen, Böden langfristig zu verbessern und sie so fit zu machen für die Zukunft. Ein Baustein kann hierbei Pflanzenkohle sein. Im Winter wurde ein erster Versuch umgesetzt.
Mit der Herstellung von Pflanzenkohle ist die Fürstlich Castell´sche Domäne Vorreiter. In Kooperation mit dem Unternehmen klimafarmer, das 2024 für sein Konzept „Klimawinzer – Bodenverbesserungskonzept durch Karbonisierung von Rebholz“ den Preis für Nachhaltigkeit Rheinhessen erhalten hat, wurden Rebstöcke aus einem gerodeten Weinberg zu Hackschnitzeln verarbeitet. Diese werden durch einen speziellen Pyrolyseprozess unter Ausschluss von Sauerstoff zu Pflanzenkohle. Dabei wird die Hälfte des ursprünglich von der Pflanze gespeicherten Kohlenstoffs für mindestens 1000 Jahre fixiert. Eine Tonne hochwertige Pflanzenkohle speichert damit bis zu drei Tonnen CO₂.
Pflanzenkohle ist der Hauptbestandteil der sogenannten schwarzen Erde, auch „Terra Preta“ genannt. Diese entstand durch jahrhundertelange Bewirtschaftung der kargen Amazonasböden durch Urvölker. Erst im 20. Jahrhundert entdeckten Forscher das große Potenzial der „Terra Preta“. Ron Richter, Geschäftsführer der klimafarmer GmbH, gilt als Pionier der Produktion und Verwendung von Pflanzenkohle in Deutschland. Heute ergeben sich aus diesem Wissen Potenziale für die heimische Landwirtschaft und den Weinbau.
„Die Verbesserung der Bodenqualität sehen wir vorrangig zur Bewässerung unserer Reben“, so Peter Geil. Mit Pflanzenkohle könnten die Weinberge also besser mit den längeren Trockenphasen zurechtkommen. Eine Tonne speichert rund 3000 bis 5000 Liter Wasser über einen langen Zeitraum, die sie bei Bedarf wieder an die Reben abgibt. Wenn wir die alten Weinstöcke in Form von Pflanzenkohle zurück in die Weinberge bringen und als Wasserreservoir nutzen, schließt sich der Kreis. Im Frühjahr wird die Casteller Pflanzenkohle in die Weinberge ausgebracht.
„Ein großer erster Schritt in Richtung regenerativer Weinbau. Ich bin gespannt, wie sich die Böden mit der Pflanzenkohle entwickeln und wann wir die ersten Ergebnisse sehen.“ Neben der Pflanzenkohle gibt es noch weitere Ansätze des Bodenpflegesystems, die bereits heute nachweislich Wirkung zeigen. So wird seit über 40 Jahren durch eine regelmäßige Kompostgabe und Einsaat von Begrünungen wertvoller Humusaufbau betrieben. Humus speichert CO₂ und leistet somit einen Beitrag gegen die Erderwärmung. Damit verbinden wir Klimaschutz und Klimaanpassung. So können auch nachfolgende Generationen von der Fruchtbarkeit und einem funktionierenden Ökosystem in den Weinbergen profitieren.
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