Trüffelanbau in Deutschland kommt in Mode

| Industrie Industrie

Schnüffel, schnüffel. Balou läuft schwanzwedelnd mit der Nase am Boden entlang, um die kleinen Bäume herum und fängt dann an zu buddeln, was das Zeug hält. Erdklumpen fliegen - ob da ein Trüffel dabei ist? Der Laie würde es nicht sehen, aber Michael Heiler, der bei Waghäusel nahe Karlsruhe drei Trüffelplantagen hat, schon. Außerdem zeigt ihm Trüffel-Suchhund Balou mit der Schnauze an, wenn er etwas gefunden hat. Brav, sagt Heiler. Balou bekommt ein Leckerli in Form von Leberwurst aus der Tube. Und weiter geht's.

Die Ausbeute an dem Tag ist nicht schlecht: Innerhalb von eineinhalb Stunden findet der fast neun Jahre alte Golden Retriever einige sogenannte Burgundertrüffel. Der kleinste ist so groß wie ein Kirschkern, der größte hat immerhin den Umfang eines Gummiflummis und wiegt schätzungsweise 60 Gramm. Heiler lebt seine Trüffel-Leidenschaft seit vielen Jahren, fing mit einer Anlage an, heute sind es drei mit insgesamt etwa 200 Bäumen. Er betreut einen halben Hektar Land, den Boden hat er dafür mühevoll mit Kalk aufbereitet, damit die Trüffel gedeihen können. Die Zahl seiner trüffelanbauenden Kollegen im Südwesten schätzt er auf etwa 20.

 

Trüffel zu züchten sei sehr aufwendig, erzählt er. Und doch: Der 48-Jährige gehört zu einer laut Verband für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland seit 2014 steigenden Zahl von Menschen, die die begehrte Delikatesse züchten. «Wir schätzen die Zahl der Trüffelanbauer bundesweit auf derzeit 250 bis 350», sagt Verbandssprecher Markus Mayer. Die Gesamtanbaufläche betrage zwischen 300 und 400 Hektar. Die Erntemenge sei aber noch gering. «Die Datenlage ist sehr schwierig.» Landwirtschafts- und Umweltministerium können ebenfalls nicht mit Zahlen aufwarten.

Der Markt in Deutschland, einst Exportnation für die sündhaft teuren Knollen, muss sich erstmal entwickeln», sagt Silke Friedrich, die mit ihrer Freiburger Trüffelbaumschule vor Kurzem nach Bayern umgesiedelt ist. Die Nachfrage sei zwar da. «Die Allermeisten bestellen aber weiterhin aus dem Ausland, weil die deutschen Plantagen noch nicht so weit sind.» Bis nämlich Trüffel zum ersten Mal geerntet werden können, dauert es sieben bis acht Jahre. So mancher Anbauer sieht der ersten Ernte noch entgegen, die meisten Plantagen sind jung.

Ludger Sproll, der mit seinem Geschäftspartner Ulrich Stobbe vor zehn Jahren die eigenen Angaben zufolge erste Trüffelbaumschule Deutschlands gründete, sieht auf jeden Fall einen lohnenden Markt. «Die Gastronomie ist sehr beeindruckt.»Trüffel würden pro Tag fünf Prozent ihres Geschmacks und Geruchs verlieren - «je regionaler, desto frischer», erklärt er.

Auf den Verkauf von Trüffelbäumen spezialisierte Baumschulen wie seine oder die von Friedrich «impfen» als Wirtsbaum geeignete Bäume wie Haselnuss oder Eiche mit den Trüffelsporen. Der Trüffelpilz siedelt sich dann in den Wurzeln an und geht, gute Bedingungen vorausgesetzt, eine lebenslange Symbiose mit dem Baum ein.

In Deutschland dürfte es Sprolls Angaben zufolge tausende Fundstellen für wilde Trüffel geben - sie zu ernten und zu vermarkten, ist in Deutschland aber verboten, auch wenn für Forschungszwecke laut Umweltministerium mitunter Ausnahmen gemacht werden. Andere Länder erlauben die Trüffelsuche, zumindest mit etwas großzügigeren Sonderlizenzen. Davon hält das Umweltministerium nichts. Auch die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) will keine Trüffelsammelei unterstützen, die gewerblichen Zwecken dient.

Bleiben in Deutschland also Trüffel von Plantagen. Regionale Restaurants seien daran sehr interessiert, sagt Heiler. Aber ob Trüffel aus heimischer Zucht auch ihren Weg in die Spitzengastronomie finden? Experten sind sich uneins. Aus Sicht von Sproll stehen sie den aus dem Ausland importierten geschmacklich in nichts nach.

Ein Sternekoch aus Baden-Württemberg, der lieber anonym bleiben will, ist hingegen skeptisch. Die Qualität sei bislang einfach nicht mit jener aus Italien oder Frankreich vergleichbar. «Leider habe ich noch kein einheimisches Produkt gefunden, das mit der Qualität der Nachbarländer zu vergleichen wäre», sagt auch Elisabeth Albrecht vom Trainerteam der deutschen Köche-Nationalmannschaft des Verbandes der Köche Deutschlands (VKD).

Mayer vom Trüffelverband ist jedoch optimistisch. Noch habe man zu wenig Erfahrung mit hierzulande gezüchteten Trüffeln, um Qualitäten grundsätzlich beurteilen zu können. «In zehn Jahren wird die Sterne-Gastronomie möglicherweise ganz anders darüber denken.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Fußball und Bier - das gehört für viele Fans einfach zusammen. Daher dürften sich auch die Brauereien im Südwesten auf die Europameisterschaft freuen. Doch nicht nur das deutsche Team muss mitspielen.

Eigentlich gilt Bayern als Geburtsstätte des Weißbiers, doch eine bekannte Weißbiersorte stammt aus einer kleinen Brauerei aus Baden-Württemberg: Farny aus Kißlegg im Allgäu gilt als Urheberin des Kristallweizens. In diesem Sommer feiert die Sorte ihren 100. Geburtstag.

Für alle, die auf Alkohol verzichten wollen, hat die Stiftung Warentest pünktlich zur Fußball-EM alkoholfreies Bier getestet. Das Niveau ist hoch: Von den 20 untersuchten Bieren schnitten 12 insgesamt gut ab, wobei einige auch muffig oder leicht käsig schmecken.

«Juni trocken mehr als nass, füllt mit gutem Wein das Fass» lautet eine Bauernregel. Bis dahin sind noch ein paar Tage - und die Branche hofft auf geeignetes Wetter.

Schaumwein wird in Frankreich beliebter. Statt zu einem Champagner greifen die Menschen verstärkt zu einem Crémant. Zu dessen Höhenflug hat auch ein Trendgetränk aus Italien beigetragen.

Die Fruchtsaft-Industrie kämpft mit schlechten Ernten. Der beliebte Saft könnte deshalb künftig noch teurer werden. Bereits in den vergangenen Jahren waren die Erträge und die weltweiten Lagerbestände an Saftkonzentrat immer weiter zurückgegangen. 

Trockene und Rosé-Weine aus Deutschland sind zunehmend gefragt. Das ergab die Qualitätsweinprüfung, wie das Deutsche Weininstitut (DWI) im rheinhessischen Bodenheim am Freitag mitteilte. Sie zeigt auch, welcher Wein unterdessen Marktanteile verliert.

Die Frostschäden in deutschen Weinbauregionen könnten eine ganze Reihe von Winzern in Schwierigkeiten bringen. Dass Kunden deshalb am Weinregal tiefer in die Tasche greifen müssen, ist aber bislang nicht ausgemacht. Hunderte Weinbaubetriebe werden nicht überleben.

Die Frostschäden in südwestlichen Weinbauregionen könnten eine ganze Reihe an Winzern in Schwierigkeiten bringen. Viele Betriebe verfügen allerdings über Ertragsversicherungen, die einen wesentlichen Teil der Schäden abdecken könnten.

Die Metro AG verschlankt ihren Vorstand. Gleichzeitig ziehen zwei neue Mitglieder in das Führungsgremium ein. Der Schritt soll den Fokus weiter auf die Stärkung des operativen Großhandels richten und kann als Bestätigung der Strategie von CEO Greubel interpretiert werden, die auch die konsequente Ausrichtung der Metro auf die Gastronomie vorsieht.