Bundeskartellamt sieht Handlungsbedarf bei Vergleichsportalen

| Politik Politik

Das Bundeskartellamt hat heute die Ergebnisse seiner Untersuchung zu Internet-Vergleichsportalen vorgestellt. Die Untersuchung zahlreicher Vergleichsportale aus den Dienstleistungsbereichen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen habe den Verdacht auf Verbraucherrechtsverstöße in einigen Punkten erhärtet, so die Mitteilung. Die betroffenen Unternehmen haben nun Gelegenheit, zu dem Konsultationspapier Stellung zu nehmen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Internet-Vergleichsportale sind ein wichtiges Werkzeug, solange sie objektive und unverfälschte Ergebnisse liefern. Viele Vergleichsinformationen sind zutreffend und seriös. Aber unsere Untersuchung offenbart auch eine Anzahl von möglichen Rechtsverstößen. Es fehlt oft an einer Aufklärung der Verbraucher darüber, wie die Reihenfolge der Suchergebnisse und die Empfehlungen der Vergleichsportale im Einzelnen zu Stande kommen. Dies kann zu Fehleinschätzungen der Verbraucher führen. So werden bei Versicherungsvergleichen zum Teil wichtige Anbieter nicht einbezogen. Anbieter von Hotelzimmern können sich Listenplätze auf Hotelplattformen erkaufen. Und mitunter deckt ein Portal weniger als 50 Prozent der im Markt befindlichen Angebote ab. Kurzum: Der Verbraucher kann sich nicht immer darauf verlassen, tatsächlich das für ihn beste Angebot auf einem Vergleichsportal zu finden.“

Viele Vergleichsportale liefern seriöse Informationen, die dem Verbraucher die Bestellentscheidungen erleichtern. Allerdings gibt es nach den Erkenntnissen des Bundeskartellamtes auch Verhaltensweisen, die den Verbraucher in die Irre führen können:

  • Häufig haben die von den Anbietern gezahlten Entgelte bzw. Provisionen Einfluss auf die vom Portal voreingestellte Ergebnisdarstellung. Dies erfolgt je nach Branche über eine Vorauswahl der berücksichtigten Angebote, über die Positionierung einzelner Angebote vor dem eigentlichen Ranking oder über die Berücksichtigung der Höhe der Zahlungen der Anbieter im Ranking selbst.
  • Vergleichsportale haben in einigen Branchen eine geringe Marktabdeckung und stellen teilweise nur eine Auswahl von weniger als 50 Prozent der insgesamt im Markt existierenden Angebote dar.
  • Viele Vergleichsportale setzen Hinweise auf angeblich begrenzte Verfügbarkeiten, praktisch kaum realisierte Vorteile oder vermeintliche Exklusivangebote ein.
  • Zahlreiche Portale erstellen keinen eigenständigen Vergleich, sondern greifen lediglich auf die Datensätze und/oder Tarifrechner anderer Portale zu.

Die Verbraucher werden über diese Praktiken der Vergleichsportale häufig nicht angemessen informiert. Soweit dies der Fall ist, kann eine unzulässige Irreführung bzw. eine verdeckte Werbung und damit ein Verstoß gegen die verbraucherrechtlichen Vorgaben des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliegen.

Im Rahmen einer ersten Ermittlungsrunde hat das Bundeskartellamt zunächst rund 150 Vergleichsportale aus den Branchen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen zu allgemeinen Strukturdaten befragt. Die darauf aufbauende zweite Befragungsrunde richtete sich mit spezifischen Fragen an insgesamt 36 Vergleichsportale, die in den untersuchten Branchen am relevantesten waren. Die Befragungen umfassten die Themenkomplexe Kooperationen zwischen verschiedenen Portalen, Marktabdeckung der einzelnen Portale, Zustandekommen des Rankings der Suchergebnisse, sonstige Faktoren zur Beeinflussung der Auswahl der Verbraucher sowie den Umgang mit Nutzerbewertungen.

Das Bundeskartellamt hatte die Sektoruntersuchung Vergleichsportale im Oktober 2017 auf Basis seiner neuen, seit Mitte 2017 bestehenden verbraucherrechtlichen Kompetenzen eingeleitet (vgl. Pressemitteilung vom 24.Oktober 2017). Das Bundeskartellamt kann im Bereich Verbraucherschutz Untersuchungen durchführen und so Defizite identifizieren – eine Befugnis, etwaige Rechtsverstöße auch per behördlicher Verfügung abzustellen, ist damit bislang hingegen nicht verbunden (vgl. Pressemitteilung vom 12. Juni 2017).

Mit dem vorgelegten Konsultationspapier stellt das Bundeskartellamt die Erkenntnisse aus den Ermittlungen ausführlich dar und nimmt eine erste rechtliche Einordnung vor. Betroffene Marktteilnehmer sowie weitere interessierte Kreise haben nun bis zum 4. Februar 2019 die Gelegenheit, zu dem Konsultationspapier Stellung zu nehmen. Nach Auswertung der Stellungnahmen wird das Bundeskartellamt im kommenden Jahr einen abschließenden Bericht zur Sektoruntersuchung Vergleichsportale veröffentlichen.

Die vollständige Untersuchung kann hier heruntergeladen werden.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ein Bürgerrat des Bundestags hat Empfehlungen zur Ernährung vorgelegt. Einen Punkt daraus will die SPD nach den Worten ihres Generalsekretärs umsetzen - aber das ist teuer.

In Rahmen einer öffentlichen Anhörung hat sich der Tourismusausschuss im Bundestag mit neue Arbeits- und Urlaubsformen auseinandergesetzt. Es ging also um das Thema „Workation“. Neben zahlreichen Verbandsvertretern, war der Unternehmer und Hoteliers Marco Nussbaum als Sachverständiger mit dabei.

Eine Mehrheit der EU-Gesundheitsminister will einen strengeren Nichtraucherschutz im Freien, auch in der Außengastronomie. Nachdem das EU-Parlament in der letzten Woche gegen einen Empfehlung der Kommission gestimmt hatte, fand diese jetzt die Zustimmung des Ministerrates. Deutschland, wo Rauchverbote Ländersache sind, enthielt sich.

Rauchverbot im Biergarten, Freibad oder am Bahnhof?  - Die EU-Kommission hatte im September den Staaten nahegelegt, rauchfreie Zonen auszuweiten. Dagegen stimmte jetzt das EU-Parlament. DEHOGA und Hotelverband hatten zuvor Einspruch eingelegt.

Reinhard Meyer ist Präsident des Deutschen Tourismusverbands. Er äußert sich unzufrieden über fehlende Leitlinien der Politik für die Branche. Und fordert eine Strategie, «die ihren Namen verdient».

Der DEHOGA im Südwesten hat bei seinem Landesdelegiertentag in Stuttgart die Mitglieder auf die anstehende Bundestagswahl eingeschworen. Unterstützung kam vom CDU-Vorsitzenden in Baden-Württemberg, Manuel Hagel, der mit „Mann und Maus“ für die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen kämpfen will.

In Berlin dachte man eigentlich im Regierenden Bürgermeister Kai Wegner von der CDU einen Verbündeten zu haben. Jetzt hat die schwarz-roten Koalition angekündigt, die City Tax auf 7,5 Prozent zu erhöhen. Der Verband, der von den Plänen aus den Medien erfuhr, setzt dem Politiker eine Frist und will eine Erhöhung gegebenenfalls juristisch abwenden.

Statt des vom DEHOGA geforderten „Mehr Netto vom Brutto“ rollt der Zug bei den Sozialversicherungsbeiträgen weiter in die andere Richtung: Zum 1. Januar 2025 werden sowohl in der Kranken- als auch in der Pflegeversicherung die Beiträge steigen.

Viele Beschäftigte gehen bald in den Ruhestand, gleichzeitig werden weniger Menschen geboren - Unternehmen suchen händeringend Arbeitskräfte. Sachsen-Anhalt will bei der Anwerbung unterstützen.

Ab April 2025 wird in Magdeburg eine Beherbergungssteuer für Übernachtungsgäste fällig. Das Steueraufkommen soll zunächst vollständig in den allgemeinen Haushalt fließen, um bestehende Defizite auszugleichen.