Corona-Lockerungen in Nachbarländern befeuern Diskussion in Deutschland

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Die Corona-Zahlen steigen weiter, gleichzeitig nimmt die Debatte über eine Aufhebung von Maßnahmen in Deutschland immer mehr Fahrt auf. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) stellte bundesweite Lockerungen im größeren Stil für März in Aussicht. Parallel dazu werden aber bereits jetzt erste Schritte Richtung mehr Normalität gegangen: Die Bundesländer vereinbarten am Mittwoch, dass wieder mehr Zuschauer in die Stadien dürfen, Schleswig-Holstein kündigte ein Ende der 2G-Regel im Handel an und Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht wieder Wettkämpfe und Punktspiele im Amateursport.

Buschmann sagte der «Rheinischen Post»: «Ich hoffe, dass im März viele Schutzmaßnahmen zurückgenommen werden können.» Voraussetzung sei, dass sich das Infektionsgeschehen so entwickle wie vom Robert Koch-Institut prognostiziert «und ab Mitte Februar die Fallzahlen wieder sinken». «Und es setzt voraus, dass wir es nicht kurzfristig mit neuen Varianten des Virus zu tun bekommen, die die Lage wieder komplett verändern.»

Gesundheitssystem «nicht überlastet»

Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen innerhalb eines Tages stieg am Mittwoch auf 208 498 - ein neuer Höchststand. Vor einer Woche waren es 164 000. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die 7-Tage-Inzidenz mit 1227,5 an. Das ist ebenfalls ein Höchststand.

Von einer Überlastung des Gesundheitssystems wird derzeit aber nicht berichtet. Man müsse ganz klar feststellen, dass das Gesundheitswesen im Augenblick «Gott sei Dank» überhaupt nicht überlastet sei, sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann im Sender ntv. «Im Moment sieht es gut aus», sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, der «Rheinischen Post».

Er sprach sich dennoch dafür aus, mit Lockerungen abzuwarten. Diese könne es erst geben, wenn der Scheitelpunkt der Omikron-Welle überschritten sei und deutlich werde, dass den Krankenhäusern keine Überlastung mehr drohe, sagte Gaß der Deutschen Presse-Agentur. 

«Konzept Augenmaß und Hoffnung»

Ähnlich äußerten sich die Bundesregierung und Politiker verschiedener Parteien. «Die Voraussetzung für Lockerungen von Corona-Maßnahmen sind sinkende Fälle», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Der Höhepunkt der Welle werde in den nächsten 14 Tagen erwartet.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder plädierte für einen Stufenplan für Erleichterungen in den nächsten Wochen. Der CSU-Politiker, der sich selbst immer dem «Team Vorsicht» zugerechnet hatte, sagte in Berlin: «Weil Omikron anders ist als Delta, weil die Omikron-Wand zwar steil aber doch vielleicht eine Wand mit Türen und Fenstern ist, in eine hoffnungsvollere Zukunft, brauchen wir neben dem Konzept Vorsicht auch das Konzept Augenmaß und Hoffnung.»

Abwarten sogar bis Ostern? 

Für den 16. Februar - etwa zum erwarteten Höhepunkt der Omikron-Welle - sind die nächsten Corona-Krisenberatungen zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geplant. Dort könnten bundesweite Lockerungen vereinbart werden. Bei ihren letzten Beratungen am 24. Januar hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, «Öffnungsperspektiven» zu entwickeln, sobald eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann.

Ein zurückhaltendes Vorgehen empfahl der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité. Im Podcast «Coronavirus-Update» bei NDR-Info verwies er auf den zähen Impffortschritt in Deutschland im Vergleich zu Dänemark. «Deswegen ist eben keine Entwarnung für Deutschland zu geben.» Er sehe in den Osterferien eine zeitliche Schwelle und einen «Planungshorizont» für die Entspannung der Corona-Lage.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Dienstag vor einem falschen Signal gewarnt und gesagt, eine Debatte über Exitstrategien vor Ostern sehe er überhaupt nicht. Bis Ostern sind es noch gut zehn Wochen.

Der Virologe Klaus Stöhr kritisierte das im Fernsehsender «Welt», ohne direkten Bezug zu Drosten oder Kretschmann zu nehmen: «Ich kann es nicht mehr verstehen, dass man jetzt Ostern als Endpunkt der konservativen Maßnahmen sieht, so dass man sagt, wir können frühestens im April irgendwelche Lockerungen durchführen. Das passt einfach alles nicht mehr zusammen.» Der Begriff Paralleluniversum passe zu Deutschland. Es falle ihm im Austausch mit Kollegen aus dem Ausland schwer, noch die deutsche Position zu vertreten.

Wieder mehr Zuschauer in den Stadien

Die ersten Lockerungen finden aber schon statt: Kurz vor dem Jahreswechsel hatten Bund und Länder beschlossen, dass «überregionale Großveranstaltungen» bis auf weiteres ohne Zuschauer stattfinden sollen. Umgesetzt wurde das zuletzt unterschiedlich, zum Teil gab es leere Stadien zum Teil Spiele mit Zuschauern. Die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder verständigten sich nun am Mittwoch darauf, dass die Stadien zu 50 Prozent ausgelastet werden dürfen, höchstens aber mit 10 000 Menschen, drinnen dürfen es höchstens 4000 Menschen sein, bei maximal 30 prozentiger Auslastung.

Shoppen ohne Impfnachweis

In mehreren Bundesländern ist Shopping ohne Impf- oder Genesenennachweis bereits wieder erlaubt, weil Gerichte die entsprechende 2G-Regel gekippt hatten. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kündigte am Mittwoch an, diese Regel in seinem Bundesland ebenfalls aufzuheben. Außerdem entfällt die Sperrstunde in der Gastronomie.

Im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern verwies Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf die dort geltende Corona-Ampel, die bei einer sich entspannenden Lage automatisch zu Lockerungsschritten führe. Das sei schon in der vergangenen Woche auf Landkreis-Ebene der Fall gewesen. Zudem habe man Erleichterungen in der Kultur ermöglicht. Von diesem Wochenende an können auch überall wieder Wettkämpfe und Punktspiele im Amateursport stattfinden.

Söder fordert «konsequente Öffnungsschritte»

In der Debatte um mögliche Aufhebungen von Corona-Maßnahmen machen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai Druck. «Wir sollten konsequente Öffnungsschritte jetzt angehen», sagte der CSU-Vorsitzende Söder der «Bild» (Donnerstag). Djir-Sarai fordert eine «Exit-Strategie» mit klar definierten Schritten. Diese müsse bereits vorliegen, sollten die Infektionszahlen wie von Experten prognostiziert Ende Februar wieder sinken, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

Die Lockerungsdebatte hatte trotz steigender Infektionszahlen zuletzt an Fahrt aufgenommen. Einige Länder gehen mit ersten Maßnahmen voran, etwa mit der Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhandel. Befeuert wurde die Diskussion zusätzlich durch weitreichende Öffnungen in Ländern wie Dänemark.

Bundeskanzler Olaf Scholz will dem Kurs der Regierung in Kopenhagen aber vorerst nicht folgen. Entscheidungen über Lockerungsschritte könne es nach dem Höhepunkt der Infektionen geben. «Aber da sind wir leider noch nicht angekommen», sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend im ZDF-«heute-journal».

Für den 16. Februar - etwa zum erwarteten Höhepunkt der Omikron-Welle - sind die nächsten Krisengespräche zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und Scholz geplant. Dort könnten bundesweite Lockerungen vereinbart werden. Bei ihren letzten Beratungen am 24. Januar hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, «Öffnungsperspektiven» zu entwickeln, sobald eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann.

Auf die Frage, ob zu dem nächsten Bund-Länder-Treffen ein konkreter Lockerungsfahrplan vorliegen sollte, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann in den ARD-«Tagesthemen», die Politik müsse «raus aus dem Modus des Improvisierens» und «der spontanen Mitternachtsentscheidungen». Ob man allerdings Mitte Februar schon so weit sei, wenn sich Deutschland vermutlich auf dem Höhepunkt der Welle befinden werde, sei fraglich. «Trotzdem müssen wir jetzt mit den Vorarbeiten beginnen», sagte der FDP-Politiker. «Wir sollten schauen, welche Maßnahmen dann in welcher Reihenfolge aufgehoben werden können, wenn die Gefahrenlage sich entspannt».

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen riet am Mittwochabend in der ARD-Sendung «maischberger. die woche» zu Vorsicht. «Das Motto der nächsten Wochen muss doch heißen: vorausschauende Planbarkeit, aber nicht vorschnelles Lockern», sagte er. Handlungsmaxime sei eine «realistische Planung mit einem Stufenschema, angepasst an eine Datengrundlage, die das hergibt und nicht an Daten gekoppelt, die vorschnelle Versprechen sind, die man nicht einhalten kann, weil sich die Situation möglicherweise doch noch weiter verschlimmert».

Söder nannte in der «Bild» konkrete Lockerungsschritte: «Erstens: Mit einer FFP2-Maske können wir auf die 2G-Regel im Handel verzichten. Man hält sich nur kurz in Geschäften auf. Das könnte man bundesweit umsetzen.» Zweitens sollte die 2G-Regel in der Gastronomie beibehalten, aber auf einen zusätzlichen Test verzichtet werden. Zudem könnten wieder mehr Zuschauer in Stadien zugelassen werden. «Beim Fußball sind wir jetzt bei 25 Prozent. Da können wir auf 50 Prozent Zuschauer mit einer Kapazitätsgrenze gehen, allerdings mit Abständen.» Söder fügte an: «Und schließlich sollten wir ganz grundsätzlich nach dem Grundsatz vorgehen: Wo FFP2-Masken getragen werden, kann man Kontaktbeschränkungen runterfahren.» Söder rief Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, dafür einen Stufenplan zu erstellen.

Hessen lockert Corona-Regeln: kein 2G im Einzelhandel, mehr Zuschauer

Hessen lockert die Corona-Regeln. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kündigte am Mittwoch im Landtag in Wiesbaden an, dass die 2G-Regel für den gesamten Einzelhandel im Land aufgehoben werden soll - voraussichtlich Anfang der kommenden Woche. Da die Corona-Pandemie aber noch nicht vorbei sei, müsse weiter vorsichtig agiert werden. Deshalb werde künftig für den gesamten Einzelhandel im Land das Tragen von FFP2-Masken vorgeschrieben.

2G bedeutet, dass nur Geimpfte oder Genesene Zutritt haben. Ausgenommen waren von der 2G-Pflicht in Hessen bislang Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittelmärkte oder Apotheken. Eine Betreiberin dreier Modehäuser hatte vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt mit einem Eilantrag gegen die 2G-Regel einen Erfolg erzielt. Demnach kann sie ihre Geschäfte vorerst ohne Anwendung der 2G-Regel betreiben, wie eine Gerichtssprecherin am Montag mitteilte. (5 L 182/22.F)

Bouffier erklärte, es mache keinen Sinn mehr, zwischen Geschäften des Grundbedarfs und den übrigen Einzelhändlern zu unterscheiden. Außerdem stehe die Branche unter einem enormen Druck. Das hessische Corona-Kabinett werde sich nun mit den geplanten neuen Regelungen befassen. Es bestehe die Absicht, dass die Maßnahmen Anfang der kommenden Woche in Kraft treten.

Bund und Länder hatten die 2G-Regel für weite Teile des Einzelhandels angesichts der steigenden Corona-Inzidenzzahlen Anfang Dezember vergangenen Jahres beschlossen. In mehreren Bundesländern ist Shopping ohne Impf- oder Genesenennachweis bereits wieder erlaubt, weil Gerichte die Regel gekippt hatten.

Bouffier kündigte zudem die begrenzte Rückkehr von Zuschauern bei Sport- und Kulturveranstaltungen an. Hessen werde die Beschlüsse der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien übernehmen. Demnach sollen bei überregionalen Großveranstaltungen im Freien bei einer maximalen Auslastung von 50 Prozent bis zu 10 000 Menschen dabei sein dürfen.

In Innenräumen soll die zulässige Auslastung bei maximal 30 Prozent der jeweiligen Höchstkapazität, jedoch nicht mehr als insgesamt 4000 Zuschauenden liegen. Für die Besucher gelte hier grundsätzlich die 2G-plus-Regel, sagte der Regierungschef. Er begrüße diese bundesweit einheitlichen Beschlüsse sehr.

Im Geschäft nur noch Maskenpflicht - Der Norden lockert Corona-Regeln

Trotz anhaltend hoher Infektionszahlen entschärft Schleswig-Holstein einige Corona-Vorschriften. So müssen Kunden in Geschäften ab Mittwoch nächster Woche nur noch Masken tragen, aber keinen Status als Genesene oder Geimpfte mehr nachweisen. Außerdem sind wieder größere Veranstaltungen mit mehreren tausend Zuschauern möglich, wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch bekanntgab. Darüber hinaus entfällt die Sperrstunde in der Gastronomie ab 23.00 Uhr. Das Land gehe einen ersten Schritt in Richtung Normalität, sagte Günther. Er stellte weitere Öffnungsschritte ab 3. März in Aussicht.

Das Land habe auch dem Beschluss der Staatskanzleichefs zugestimmt, wonach bei Veranstaltungen im Freien wie Fußballspielen künftig bis zu 10 000 Zuschauer kommen dürfen, bei maximal 50 Prozent Platzbelegung. Drinnen werden bis 4000 Besucher und Besucherinnen erlaubt, bei maximal 30 Prozent Kapazität. Dies würde auch für Handballspiele gelten.

Günther begründete die Lockerungen damit, dass die Omikron-Variante des Coronavirus zwar ansteckender, aber weniger gefährlich sei. Schwere Verläufe seien unter Geimpften kaum zu verzeichnen. Und das Gesundheitssystem seit sehr weit entfernt von einer Überlastung, die Lage auf Intensiv- und Normalstationen stabil. Auch sei die Impfquote hoch. Andernfalls wäre der nun beschrittene Weg nicht möglich. «Mit unserer Impfquote liegen wir etwa auf gleicher Höhe wie unser Nachbar Dänemark, der alle Beschränkungen aufhebt», sagte Günther. Allerdings sei dort die Zahl der Genesenen höher.

In Schleswig-Holstein haben 87,6 Prozent der Bewohner die Corona-Grundimmunisierung und 61,1 Prozent eine Auffrischungsimpfung erhalten. Das sind mit die höchsten Quoten in Deutschland.

Für Gaststätten bleibt es vorerst bei 2G plus: Demnach haben nur Genesene und Geimpfte Zutritt, die zudem einen frischen Test oder eine Auffrischungsimpfung nachweisen müssen. Er empfinde 2G plus nicht als Belastung, sondern als sinnvolle Maßnahme, sagte Günther. Die Frage, ob eine Aufhebung der Regel an den Grünen gescheitert sei, verneinte er: «An mir wäre es auch gescheitert und am Gesundheitsministerium auch.»

Der Hotel- und Gaststättenverband reagierte enttäuscht. Angesichts eines Umsatzrückgangs von 60 Prozent infolge von 2G plus sei die Aufhebung der Sperrstunde «nicht annähernd das, was der Branche helfen würde», sagte Geschäftsführer Stefan Scholtis. Der Handelsverband Nord begrüßte die Aufhebung von 2G im Einzelhandel. Dies sei richtig und nötig, sagte eine Sprecherin.

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar werde er sich dafür einsetzen, den Weg zurück in die Normalität weiter zu beschreiten, sagte Günther. Diesen Weg gingen auch andere Länder. Deshalb sollte auch Deutschland eine Strategieanpassung schnell ins Auge fassen. «Das kann auch unterschiedliche Geschwindigkeiten in den Ländern aufgrund der abweichende Impfquoten bedeuten.»

Die Infektionen im Norden stabilisierten sich zuletzt auf hohem Niveau. Die Zahl der neuen Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen sank wieder unter 1000. Die Inzidenz von 895,2 am Dienstag bedeutete Platz 13 der Bundesländer.

Die Zahl der in Krankenhäusern behandelten Covid-19-Patienten schwankte zuletzt um 350 und die der Intensivfälle um 50, Dienstag waren es 45. Damit blieb die Belastung der Kliniken moderat - ein entscheidendes Kriterium für Maßnahmen. «Bei den geplanten Schritten stützen wir uns auf das einhellige Votum unseres Expertenrates», sagte Günther. Die Runde hatte am Montag getagt.

Experten gehen davon aus, dass die Omikron-Welle in Deutschland Mitte Februar ihren Höhepunkt erreicht - in Schleswig-Holstein aber früher, weil sich Omikron hier früher als anderswo verbreitet hatte.

Aus Sicht von Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) steht das Land vor dem Übergang vom pandemischen zum endemischen Zustand. Dieser Übergang müsse gut gelingen. Wichtig bleibe das Impfen. Die jetzigen Schritte seien konsequent und nötig, sagte Garg auch unter Hinweis auf die fortwährenden Grundrechtseinschränkungen.

Zuletzt war auch der Druck aus der Wirtschaft gewachsen, Corona-Schutzmaßnahmen zurückzufahren. Das Land betreibe weiter Pandemie-Management mit Augenmaß, sagte Günther. Die Basisschutzmaßnahmen blieben bis 2. März bestehen, also bis Aschermittwoch. Damit seien größere Karnevalveranstaltungen nicht möglich. Günther bekannte sich zu einem bundesweit einheitlichen Regelrahmen bei länderspezifischen Maßnahmen entsprechend der jeweiligen Situation.

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) bekräftigte den Kurs des Jamaika-Bündnisses, vorsichtig zu sein, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten und verantwortbare Schritte in Richtung Normalität zu gehen. Dies sei ein Spagat. Ziel sei es, aus dieser Ausnahmesituation herauszukommen.

Die Hospitalisierungsinzidenz - also die Zahl der in Kliniken neu aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche - ist in Schleswig-Holstein wieder unter 6 gefallen. Bei Überschreiten der Schwellenwerte 3, 6 und 9 können die Bundesländer jeweils schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie verhängen.

Designierter FDP-Generalsekretär will Strategie für Corona-Öffnung

Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat eine «konkrete Exit-Strategie» mit klar definierten Öffnungsschritten aus den Corona-Beschränkungen gefordert. Diese müsse bereits vorliegen, wenn Prognosen von Experten zutreffen und die Infektionszahlen Ende Februar wieder sinken, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

«Darüber hinaus müssen wir uns jetzt schon die Frage stellen, ob bestimmte Freiheitseinschränkungen in der derzeitigen Situation, in der eine Zunahme von Corona-Erkrankten auf den Intensivstationen trotz steigender Fallzahlen ausbleibt, noch wirkungsvoll und verhältnismäßig sind», sagte Djir-Sarai weiter. «Ich denke da insbesondere an die 2G-Regeln im Einzelhandel. Die 2G-Regel gilt nicht in Geschäften des täglichen Bedarfs, und ich könnte mir vorstellen, sie auch für den Einzelhandel aufzuheben.»

In mehreren Bundesländern ist Shopping ohne Impf- oder Genesenennachweis bereits wieder erlaubt, weil Gerichte die entsprechende 2G-Regel gekippt hatten. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kündigte an, diese Regel in seinem Bundesland ebenfalls aufzuheben. Andere Ministerpräsidenten traten auf die Bremse. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Dienstag zunächst vor einem falschen Signal gewarnt und gesagt, eine Debatte über Exit-Strategien vor Ostern sehe er überhaupt nicht. Bis Ostern sind es noch gut zehn Wochen.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte Kretschmann für diese Linie. Der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstag) sagte er: «Wenn Herr Kretschmann jegliche Lockerung vor Ostern ausschließt, wird dies der Lage nicht gerecht.» Lindner forderte: «Stattdessen sollten wir uns jetzt konkret auf Öffnungsschritte vorbereiten, zum Beispiel was Messen und größere Veranstaltungen betrifft.»

Nach Protest aus Wirtschaft, Opposition und auch vom eigenen Koalitionspartner hat Kretschmann seinen Kurs wieder etwas aufgeweicht. Der Grünen-Politiker stellte per Mitteilung vom Mittwoch nun ausdrücklich Lockerungen bis Ostern in Aussicht, sollte sich die Corona-Lage verbessern.

Wirtschaftsminister Aiwanger fordert Lockerung der Corona-Maßnahmen

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich für baldige Lockerungen der Corona-Maßnahmen im Freistaat ausgesprochen. «Wir müssen die Rückkehr zur Normalität vollziehen, sobald es die Krankenhauslage irgendwie zulässt», sagte der Freie-Wähler-Chef und stellvertretende Ministerpräsident der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstag).

Aktuell werde sehr stark gefordert, die Sperrstunde zu lockern oder gleich ganz aufzuheben, sagte Aiwanger der Zeitung. Auch die aktuellen strengen Kontaktbeschränkungen für Geimpfte wie für Ungeimpfte und das Verbot von körpernahen Dienstleistungen wie den Friseurbesuch für Ungeimpfte könne man nicht monatelang aufrechterhalten, wenn die Intensivbelegung weiter deutlich sinke, sagte der Freie-Wähler-Chef.

Zugleich kritisierte Aiwanger Äußerungen von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der ein Ende der Corona-Einschränkungen vor Ostern ausgeschlossen hatte. «Wenn ab Mitte Februar nach Einschätzung der Virologen die Omikron-Zahlen hoffentlich sinken, dann kann man nicht wie Herr Kretschmann sagen, wir gehen bis Ostern keine weiteren Öffnungsschritte», sagte Aiwanger. Das seien starke Eingriffe in die Freiheitsrechte der Menschen, die man gut begründen müsse. Kretschmann hatte seine Aussagen am Mittwoch relativiert.

Verbände unterstützen Stübgens Vorstoß zu Lockerung der Corona-Regeln

Der Vorstoß von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), die Corona-Beschränkungen im Handel und in der Gastronomie zu lockern, stößt bei den betroffenen Verbänden auf große Zustimmung. Aus Sicht des Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbandes, Olaf Schöpe, rennt Stübgen damit offene Türen ein. «Die Kollegen freuen sich, wenn Aussicht auf eine positive Lösung besteht und darüber diskutiert wird», sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei sehr willkommen.

Stübgen dringt darauf, die 2G-Regel im Handel, 2G plus in der Gastronomie sowie nächtliche Ausgangsbeschränkungen in Hotspot-Regionen für Ungeimpfte zu streichen. Zur Begründung sagte er, dass die Lage in den Krankenhäusern trotz steigender Infektionszahlen beherrschbar sei.

Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) verweist dagegen auf die steigenden Infektionszahlen im Land und hält Lockerungen zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. Die rot-schwarz-grüne Landesregierung will am kommenden Dienstag über die weiteren Corona-Regeln beraten. Am 13. Februar läuft die aktuelle Verordnung aus.

In der Diskussion um eine Lockerung der Corona-Auflagen in Brandenburg sollte nach Ansicht von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zügig an einer «Exit-Strategie» gearbeitet werden. Das diene dazu, so schnell wie möglich Lockerungen durchsetzen zu können, sobald die wissenschaftliche Basis beziehungsweise das Ampelsystem das zulasse, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Einen einzelnen Bereich mit früheren Lockerungen zu bevorzugen, hält Steinbach allerdings derzeit für «schwierig und wissenschaftlich kaum belegbar».

Schöpe hofft nach eigenen Worten, dass sich Stübgen durchsetzt. «Zumindest sollte ein Kompromiss herauskommen.» Er sehe aber auch die Schwierigkeit, angesichts der hohen Zahlen und Werte Lockerungen zu beschließen. Angesichts der zunehmend schwierigen Situation der Händler in Brandenburg sieht auch der Handelsverband Berlin-Brandenburg Lockerungen als wichtiges Zeichen für die Unternehmen. «Wir sind für jegliche Lockerung dankbar», sagte Christine Minkley, Regionalleiterin für Ostbrandenburg und Südbrandenburg am Mittwoch.

Die Probleme in den Innenstädten, auch durch Geschäftsaufgaben aufgrund von Corona, nähmen zu. Die geforderten Kontrollen der Kunden seien eine zusätzliche Belastung der Unternehmen, aber auch für Kaufinteressierte. «Gerade in den kleinen Strukturen führt das dazu, dass im öffentlichen Raum kaum noch Kunden sichtbar sind», sagte Minkley. Unbedingt müsse die Situation im Sinne der Belebung der Innenstädte verbessert werden. «Das könnten Lockerungen sein.»

Unterdessen hat die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Brandenburg erneut einen Höchststand erreicht: Innerhalb eines Tages seien 8755 neue Fälle registriert worden, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 1463,0 nach 1385,3 am Vortag. Sieben weitere Menschen starben im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung.

Zwar nahm auch die Zahl der im Krankenhaus behandelten Covid-19-Patienten von 483 am Montag auf 520 am Dienstag zu. Gleichzeitig sank jedoch die Zahl der davon auf Intensivstationen Behandelten von 81 auf 75. Der Anteil der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten blieb wie am Vortag bei 10,2 Prozent und damit knapp im gelben Bereich des Warnsystems.

Vom kommenden Dienstag an sollen auch Apotheken in Deutschland Corona-Schutzimpfungen anbieten. Dazu wird das Personal vorab ärztlich geschult. In Brandenburg haben sich bislang 27 Apothekerinnen und Apotheker für eine Fortbildung zur Durchführung der Impfungen angemeldet, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte (Stand: 27.1.). Nach der Schulung können sie in ihren Einrichtungen, Impfstellen oder mobilen Impfteams eigenständig Impfungen verabreichen. Die Fortbildung haben Landesapothekerkammer und Landesärztekammer gemeinschaftlich angeboten.

«Wir gehen davon aus, dass die niederschwelligen Impfangebote in Apotheken zusätzliche Bevölkerungsgruppen erreichen», sagte der stellvertretende Sprecher des Gesundheitsministeriums, Dominik Lenz, am Mittwoch. Auch sollten durch das Angebot die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte entlastet werden. Die Praxen seien derzeit wegen hoher Erkrankungsraten extrem belastet. (dpa)


 

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