DEHOGA-Umfrage - Sozialsystem hemmt Arbeitseinstieg von Langzeitarbeitslosen

| Politik Politik

Für 82,5 Prozent der Umfrageteilnehmer ist das Mindset mit Faktoren wie Verlässlichkeit, Leidenschaft und Stolz auf die Arbeit entscheidend. Wenn diese vorhanden sind, so schildern es die Unternehmer anschaulich, dann gelingt auch die Integration - und zwar unabhängig von der Qualifikation. Wenn nicht, dann häufen sich schnell Krankschreibungen, Unpünktlichkeiten oder das Gefühl von Überlastung. Eng damit zusammen hängen die Top 2 und 3 Hindernisse: zu wenig Sanktionen der Arbeitsagenturen bei nicht ernsthafter Arbeitssuche (66,9 Prozent) sowie ein zu geringer Abstand zwischen Lohn und staatlichen Transferleistungen wie dem Bürgergeld (58,7 Prozent).

Vielfach wird geschildert, dass von den Jobcentern benannte Arbeitssuchende sich nicht bewerben, zu vereinbarten Vorstellungsterminen nicht erscheinen bzw. nicht erreichbar sind. Nicht selten machen die Bewerber keinen Hehl daraus, dass sie sich im staatlichen Leistungsbezug eingerichtet haben und legale Arbeit sich für sie finanziell nicht lohnt. Alle anderen denkbaren Hindernisse wie Arbeitszeiten und Lohnhöhe, fehlende Ausbildung oder Berufserfahrungen, gesundheitliche Einschränkungen oder fehlende Kinderbetreuung spielen eine untergeordnete Rolle.

Etliche Betriebe berichten von der Erfahrung eines höheren Betreuungs- und Einarbeitungsaufwandes. Misserfolge sind vergleichsweise häufig, auch weil viele Bewerber nach langer Beschäftigungslosigkeit von körperlicher Belastung und Stress entwöhnt sind, es daher an Durchhaltewillen, Resilienz, Struktur und Teamfähigkeit fehlt. Dennoch gibt es viel Bereitschaft der Betriebe, Langzeitarbeitslose zu beschäftigen und sogar eine gewisse „Seelsorge“ begleitend mit zu übernehmen. Aufgrund des hohen Bedarfs an Mitarbeitenden für Helfertätigkeiten und auch aus sozialen Gründen werden Nachteile in Kauf genommen.

Die Fachkräftestrategie der Bundesregierung sieht u.a. vor, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte verstärkt weiterzubilden, um sie besser in Beschäftigung zu bringen und langfristig ist stabiler Beschäftigung zu halten. Ein konkretes Konzept, wie erfolgversprechende Maßnahmen aussehen sollen und wie diese finanziert werden, wird allerdings erst noch erarbeitet. Der DEHOGA hat daher Gastronomen und Hoteliers auch gefragt, welche Arten von Qualifizierungsmaßnahmen sie für geeignet und sinnvoll halten, wenn der Staat in Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen investiert. Die mit Abstand häufigsten Empfehlungen: Deutschkurse (63,2 Prozent), Betriebspraktika (60,8 Prozent) und Kurse / Coachings zur Vermittlung von Soft Skills (z.B. Teamfähigkeit, Verlässlichkeit). Mit 34,7 Prozent finden auch modulare Teilqualifizierungen auf der Grundlage von Ausbildungsinhalten einigen Zuspruch. Alle anderen Möglichkeiten wie Nachholen von Schul- oder Ausbildungsabschlüssen oder Fachkurse liegen unter einem Drittel Zustimmung. Die Unternehmen machen auch deutlich, dass Qualifizierungen nur angeboten werden sollten, wenn sichergestellt ist, dass Motivation und Wille zur Arbeit da sind.

Der DEHOGA hat am 13. Oktober 2023 an einem Workshop des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit Wissenschaft, Jobcentern und Betroffenen teilgenommen und die Erfahrungen der Branche in den Diskurs eingebracht.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wer über das Rentenalter hinaus arbeitet, kann schon bisher die eigene Rente aufbessern. Nun will die Ampel längeres Arbeiten noch attraktiver machen. Den Beschäftigten winkt eine Prämie.

Jugendliche dürfen in Begleitung Sorgeberechtigter etwa Bier oder Wein trinken. Das geht dem Bundesdrogenbeauftragten deutlich zu weit. Denn: Alkohol schadet - egal, wie viel man trinkt.

SPD und Grüne wollen den Nichtraucherschutz in Niedersachsen auf das Dampfen von E-Zigaretten und Cannabis ausweiten. Das sieht eine Gesetzesänderung vor, die die Regierungsfraktionen in den Landtag einbringen. 

Die deutsche Tourismuswirtschaft sieht eine Gefahr in zunehmender Abschottung und Nationalismus. Zwei große Verbände zeigen klare Haltung gegen Diskriminierungen und Rassismus.

Je mehr Fachkräfte fehlen, desto lauter der Streit um die Lebensarbeitszeit in Deutschland. Das Ifo-Institut hat die möglichen Auswirkungen kontroverser Vorschläge für den Arbeitsmarkt berechnet.

Trinkgelder sollen in den USA künftig steuerfrei sein. Mit diesem Vorschlag konnte der Republikaner Trump punkten. Nun fordert das auch die Demokratin Harris. Nimmt sie ihm den Wind aus den Segeln?

Ein Vorstoß aus der Türkei zum Schutz von Dönerfleisch erhitzt in Deutschland die Gemüter. Bei der EU in Brüssel läuft dazu jetzt ein Prüfverfahren. Kommen schon bald strengere Regeln? Der Döner-Streit geht in die heiße Phase. Selbst der DEHOGA hat bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung als traditionelle Spezialität eingelegt. 

Mit einem Aktionsplan wollen Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Kinder- und Jugendreisen stärken. Zunächst soll der Fokus auf der Teilhabe von sozial Benachteiligten sowie der Demokratieförderung und der Bildung im Bereich des nachhaltigen Reisens liegen.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz werden auch Gastronomen und Hoteliers dazu verpflichtet, Anforderungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Darunter können auch Tisch- und Hotelreservierungen fallen.

Ihre harte Gangart gegen Cannabis-Konsum hat die Staatsregierung immer wieder betont. Strengere Regeln gelten im Freistaat aber erst jetzt - unter anderem auf Volksfesten und in Gaststätten.