Gastronomen fordern mehr Klarheit im Steuersystem

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Dass das deutsche Steuersystem äußerst komplex ist, ist kein Geheimnis. In der Gastronomie gelten Sonderregelungen, die das Thema noch komplizierter machen und zu teuren Irrtümern führen. Immer wieder kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen bei Fragen rund um die Umsatzsteuer, Sachentnahmen und viele weitere steuerrechtliche Themen. Der Ruf der deutschen Gastronomen nach mehr Klarheit und Einfachheit im Steuersystem wird immer lauter.

Entscheidung des EuGH sorgt erneut für Ärger

Die Umsatzsteuer ist also zwar nicht das einzige Problem in Steuerfragen, mit welchem sich Gastronomen im Alltag konfrontiert sehen, häufig aber das größte. So müssen Gastwirte nach wie vor verschiedene Umsatzsteuersätze berechnen, je nach Leistung. Während also einige Service- oder Hotelleistungen einen vergünstigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent genießen, müssen andere mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belangt werden. Die jüngste Gerichtsentscheidung hierzu fällte der Europäische Gerichtshof zu Beginn des Jahres 2018. Seiner Aussage zufolge könne eine einheitliche Leistung fortan zu einem ebenfalls einheitlichen Steuersatz abgerechnet werden – und zwar jenem des Hauptbestandteils der Leistungen. Die Bundesregierung stellt sich hingegen quer und bekräftigt, dass die Finanzverwaltung einen solchen einheitlichen Steuersatz nicht akzeptieren dürfe. Sie erkennt die Entscheidung des EuGH also nicht als richtungsweisend und somit als Anhaltspunkt für eine Änderung der nationalen Gesetze im Bereich Umsatzsteuerrecht an. Dementsprechend gilt trotzdem nach wie vor der gesetzliche Aufteilungsgrundsatz. Diese erneute Unstimmigkeit bezüglich der Rechtsprechung hat unter den deutschen Gastronomen zu Unmut geführt. Seitdem ist die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der unterschiedlichen Umsatzsteuersätze erneut aufgeflammt.

Vergünstigte Umsatzsteuersätze verleiten zu Steuerbetrug

Dieser Unmut der Gastronomie rührt auch daher, dass die Komplexität der Bestimmungen im Bereich der Umsatzsteuersätze immer wieder zum Steuerbetrug verführt, so beispielsweise im „To-Go“-Geschäft. Denn wird das Essen mitgenommen, berechnet es der Gastronom mit nur sieben Prozent Mehrwertsteuer. Wer hingegen im Sitzen isst, muss 19 Prozent Umsatzsteuer bezahlen. Und wenn der Gast vor Ort, aber im Stehen isst – was dann? Dann kommen Regelungen zum Außengelände ins Spiel oder die Frage danach, wie viele Meter der Gast maximal vom Marktstand entfernt essen darf. An einheitlichen Aussagen mangelt es hingegen und somit ist es kein Wunder, dass der Ruf nach der Abschaffung der verschiedenen Steuersätze gerade in betroffenen Berufsgruppen wie der Gastronomie immer vehementer wird.

Steuerirrtümer können Gastronomen teuer zu stehen kommen
 

Nicht immer steckt hinter dem Steuerbetrug aber böse Absicht. Stattdessen ist die komplizierte Rechtslage auch für viele Fälle verantwortlich, in welche schlichtweg ein Irrtum vorlag. Aus rechtlicher Sicht macht das jedoch keinen Unterschied. Wer seine Steuern nicht oder falsch abführt, muss mit hohen Geldstrafen und weiteren Sanktionen rechnen. Demgegenüber wird es ebenfalls teuer, wenn zu viele Steuern gezahlt oder Vorteile wie der Betriebsausgabenabzug nicht genutzt werden. So oder so, kommen Steuerirrtümer Unternehmen in der Gastronomie also teuer zu stehen. Ein einfacheres Steuersystem könnte diesbezüglich viele Kosten sowie auch eine Menge Zeit und Nerven sparen. Ob ein solches kommt und wann, ist allerdings zum momentanen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Bis dahin hilft daher nur die unterstützende Hand eines internen oder externen Steuerexperten. Während also kleine Gastronomiebetriebe ihre Buchhaltung häufig an einen Steuerberater auslagern, entscheiden sich viele größere Unternehmen für die Einstellung eigener Buchhalter und eventuell sogar Juristen.

Die häufigsten Steuerirrtümer in der deutschen Gastronomie

Für die meiste Verwirrung sorgt im aktuellen System also die bereits erwähnte Umsatzsteuer. Isst der Restaurantbesucher vor Ort, so werden ganz normal 19 Prozent Mehrwertsteuer veranschlagt. Nimmt er sein Essen hingegen mit, handelt es sich um eine Art Lebensmittellieferung mit ermäßigter Umsatzsteuer. Wieder anders sieht das aus, wenn es sich um Luxusgetränke und -speisen wie Champagner und Hummer handelt. Diese wiederum müssen ebenfalls mit 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet werden. Unterschiede im Bereich der Umsatzsteuer gibt es zudem bei den gültigen Fristen für die Anmeldung und Zahlung.

Umsatzsteuer wird für viele Unternehmen zur Kostenfalle

Wer im Vorjahr zwischen 1.000,- und 7.500,- Euro an Umsatzsteuer verbucht hat, muss die Voranmeldung quartalsweise einreichen. Lag die Umsatzsteuer hingegen über 7.500,- Euro, so gilt die Frist für die Umsatzsteuervoranmeldung monatlich. In beiden Fällen muss das Dokument dem Finanzamt bis zum 10. des Folgemonats vorliegen. Möglich ist aber auch der Antrag einer Dauerfristverlängerung, wodurch die Frist jeweils um einen Monat nach hinten verschoben wird. Wer mit der klassischen Banküberweisung bezahlt, muss das Geld zum selben Zeitpunkt entrichten. Allerdings gilt dann eine „Schonfrist“ von drei Tagen. Einfacher ist es hingegen, dem Finanzamt ein SEPA-Lastschriftmandat einzurichten, damit es den Betrag entsprechend einziehen kann, nachdem die  Sichtung der Umsatzsteuervoranmeldung erfolgt ist. So drohen keine Versäumniszuschläge. Allerdings muss dafür unbedingt auf eine ausreichende Kontodeckung geachtet werden. Sollte das Unternehmen jedoch umziehen und dabei die Steuernummer wechseln, muss auch zeitgleich ein neues SEPA-Lastschriftmandat erstellt werden. Eine extra Aufforderung dafür kommt nicht. Wer das versäumt, riskiert also eine Mahnung mit entsprechenden Gebühren.

Pauschalbeträge für Sachentnahmen stiften Verwirrung

Ein weiterer häufiger Irrtum in Sachen Steuern sind die Pauschalbeträge für Sachentnahmen. Auch hierbei gelten nämlich Ausnahmeregelungen für Gastronomen – allerdings negativer Art. So geht das Finanzamt davon aus, dass diese in ihrem eigenen Restaurant essen und somit ein Teil der Betriebsausgaben für Waren auf den privaten Bereich entfällt. Deshalb muss in einem Gastronomiebetrieb beim Vorsteuerabzug die Sachentnahme korrigiert werden und hierfür gelten fixe Pauschalbeträge. Wer diese als zu hoch erachtet, müsste ähnlich einem Fahrtenbuch beim Geschäftswagen akribisch Buch darüber führen, wann was und wie viel gegessen wird. Der Aufwand würde dabei in der Regel den Nutzen übersteigen und so mindert die Sachentnahme den Vorsteuerabzug. Auch diesbezüglich macht das Umsatzsteuerrecht Gastronomen in Deutschland das Leben schwer.

Das Schwundbuch scheidet die Geister der Gastronomen

Ein weiterer häufiger Fehler im Bereich der Steuern ist das falsche oder Nichtführen eines Schwundbuches. Bei manchen Gastronomen steckt dahinter Nachlässigkeit, bei anderen ein bewusster Betrugsversuch. Aus diesem Grund wird das Schwundbuch bei einer Betriebsprüfung vom Finanzamt ganz genau unter die Lupe genommen. Stimmen die Einnahmen sowie Ausgaben für Lebensmittel nicht überein und das Schwundbuch gibt nicht ausreichend Informationen darüber her, weshalb das so ist, kann das für den Gastronomen teuer werden. Schlimmstenfalls steht dann sogar der Verdacht einer Steuerhinterziehung im Raum.

Die Sofortmeldung darf nicht versäumt werden

Ein letzter typischer Steuerirrtum in der Gastronomie ist das Versäumen der Sofortmeldung. Schließlich hat jeder Betrieb auch Mitarbeiter, sei es dauerhaft oder nur ersatzweise, weil beispielsweise eine Aushilfe kurzfristig erkrankt ist. Auch Letztere müssen ordentlich angemeldet werden. Das heißt: Arbeitet jemand kurzfristig im Betrieb, greift die Sofortmeldepflicht – auch, wenn es sich nur um wenige oder sogar unbezahlte Stunden handelt. Ansonsten gilt der Mitarbeiter als Schwarzarbeiter und dafür drohen Strafen in Höhe von bis zu 25.000,- Euro. Sinnvoll ist es daher, eine Betriebsnummer bei der Bundesagentur für Arbeit direkt bei der Unternehmensgründung zu beantragen, damit die Sofortmeldung anschließend jederzeit und schnell über das Internet vorgenommen werden kann.

Wann kommt das vereinfachte Steuersystem?

Diese Beispiele machen deutlich, wie komplex das deutsche Steuersystem im Bereich der Gastronomie ist und weshalb es für Betriebe mittlerweile unmöglich geworden ist, einen internen oder externen Spezialisten als Berater an der Seite zu haben. Diese kosten allerdings zusätzlich Geld und dennoch unterlaufen zahlreichen Gastronomen immer wieder dieselben – soeben erwähnten – Steuerirrtümer. Gleichzeitig macht die Komplexität das System anfällig für Betrug. Von einer Vereinfachung könnten daher schlussendlich alle Parteien nur profitieren. Bleibt also die Frage, wann eine solche kommt? Experten bezweifeln jedoch, dass es in absehbarer Zukunft einen Umbruch geben wird. Dafür müsste das Steuersystem grundlegend neu gedacht werden, was Investitionen und unter Umständen einen Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten würde. Erst einmal bleibt ein kompetenter Steuerberater für Gastronomiebetriebe in Deutschland also unverzichtbar.


 

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