Gastronomen und Hoteliers im Südwesten wollen keine Kontaktdaten mehr erfassen

| Politik Politik

Wenige Tage vor einer wichtigen Gesprächsrunde zu den Perspektiven für die Luca-App in der Corona-Pandemie fordern Gastronomen und Hoteliers in Baden-Württemberg ein Ende der Kontaktdatenerfassung. Das Sammeln von Daten der Gäste sei enorm aufwendig und trage in der Praxis nicht wirkungsvoll dazu bei, die Pandemie einzudämmen, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga).

Es passiere nur wenig mit den erhobenen Daten, die unter anderem mit der Luca-App gesammelt werden. «Aufwand und Nutzen stehen bei der Pflicht zur Gäste-Kontaktdatenerfassung im Gastgewerbe in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zueinander», kritisierte der Verband. «Die Landesregierung sollte die Betriebe deshalb so schnell wie möglich von dieser überflüssigen Pflicht befreien.»

Die Luca-App soll Restaurantbesitzern und Event-Veranstaltern helfen, die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung der Kontakte der Besucher ohne Zettelwirtschaft zu erledigen. Sie kann direkt mit den Gesundheitsämtern verbunden werden. In der App können auch Impfnachweise hinterlegt werden. Die Alternative dazu, die Corona-Warn-App der Bundesregierung, kann Bürger wiederum über ein mögliches Infektionsrisiko informieren. Kontaktdaten können auch auf Papier gesammelt werden.

Vor einer Entscheidung des Landes über eine weitere Nutzung der kostenpflichtigen Luca-App zur Kontaktverfolgung in der Corona-Pandemie wird sich der Dehoga am Montag auch mit Kritikern, Betreibern und Gesundheitsämtern austauschen. Auf Einladung des Gesundheitsministeriums werden an dem öffentlichen Hearing (10.00 Uhr) außerdem Experten des Freiburger Chaos Computer Clubs sowie Vertreter der staatlichen Corona-Warn-App teilnehmen.

Die Luca-Software war von Anfang an heftiger Kritik ausgesetzt. Die App sorgte zuletzt erneut für Diskussionen, weil in Mainz die Polizei bei Ermittlungen zu einem tödlichen Sturz in einer Gaststätte auf Daten aus der App zurückgegriffen hatte - dafür reichte die Rechtsgrundlage aber nicht.

Derzeit wird in fast allen Bundesländern mit einer Lizenz beraten, ob der Vertrag mit den Betreibern der Software verlängert werden soll oder nicht. Baden-Württemberg will nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums bis Ende Februar entscheiden. Wenige andere haben bereits beschlossen, nicht länger auf die App zu setzen.

Auch der Chaos-Computer-Club (CCC) Freiburg stellt den Nutzen der App in Frage. Die baden-württembergische Landesregierung hatte hingegen zuletzt betont, die App sei ein «guter und datenschutzkonformer Baustein» der Vorsorge. Die Gesundheitsämter im Land seien «sehr zufrieden mit der Luca-App».

In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen müssen bereits keine persönlichen Daten mehr angegeben werden. Bayern sieht eine solche Pflicht nur noch bei Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern und in Beherbergungsbetrieben vor (dpa)

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die erste Tarifrunde für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Mecklenburg-Vorpommern blieb ohne Ergebnis. Die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaft liegen noch weit auseinander.

Während der Fußball-EM dürfen Berliner Restaurants, Kneipen und Biergärten, die Spiele übertragen, ihre Außenbereiche bis zum Spielende öffnen. Eine entsprechende Verordnung erließ Umweltsenatorin Ute Bonde.

MV-Tourismusminister Meyer sorgt sich um die Auslandswerbung der Deutschen Zentrale für Tourismus. Die Bundesmittel sollen gekürzt werden, sagt er. Dagegen macht er jetzt mobil.

Der Zoll ist am Samstag in Hotels und Gaststätten bundesweit gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgegangen. Insgesamt seien rund 2400 Beschäftigte aller Hauptzollämter im Einsatz, teilte die Generalzolldirektion am Abend in Bonn mit.

Frust im Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus auf Platz zwei. Im Osten liegt sie sogar vorn.

Angesichts der Herausforderungen zählen mehr denn je Vernetzung, das Bündeln der Kräfte und das Schaffen von Synergien. Vom 2. bis 4. Juni kamen dazu in Warnemünde die deutschsprachigen Verbände der Hotellerie und Gastronomie zu ihrem traditionellen Jahrestreffen zusammen.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Nach Protesten des DEHOGA Bayern zieht die Bahn das Kampagnenmotiv jetzt zurück.

Auch Hoteliers und Gastronomen sind von dem Hochwasser in Bayern betroffen. Angesichts der schweren Schäden hat das bayerische Kabinett gestern ein Soforthilfe-Paket beschlossen. Dieses soll eine Summe von „100 Millionen plus x“ umfassen. Was es zu beachten gibt.

Der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude soll im Tarifstreit in der bayerischen Gastronomie vermitteln. Der Dehoga sieht aktuell aber keinen Bedarf für einen Schlichter. Vielmehr sei ein Angebot der Arbeitgeber an die NGG gegangen.

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt plant eine Image-Kampagne. Die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen soll gerettet werden. Beides sehen die Lobbyisten in Gefahr. Ich halte diese Kampagne für brandgefährlich. Ein Kommentar von Marc Schnerr.