Jeunes Restaurateurs (JRE) zum Agrargipfel: „Ernährungskrise muss gestoppt werden“

| Politik Politik

Anlässlich eine „Agrargipfels“ in Berlin, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Landwirtschaftsverbänden zusammentraf, fordert Alexander Huber, Präsident der Jeunes Restaurateurs (JRE) eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft. Die Proteste der Landwirte seien nachvollziehbar - ihr Ansatz hingegen nicht: „Grenzwerte von umweltschädlichem Dünger sind einfach nicht verhandelbar. Was die Bauern brauchen, ist finanzielle Unterstützung für umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft. Solange das nicht geschieht, wird bei den Landwirten kein Umdenken einsetzen. Mit dem Festhalten an überkommenen Verhaltensmustern sind sie nicht alleine. Sie sind Teil eines großen Problems: In unserer Gesellschaft herrscht ein Selbstverständnis von dauerhaft verfügbarer Massenware zu Dumpingpreisen. Der Anspruch der Verbraucher, die Konzepte des Handels und die Industrialisierung unserer gesamten Ernährung haben dazu geführt, dass Bauern immer mehr und immer billiger produzieren müssen. Die Folgen sind fatal“, sagte Huber.

Angesichts anhaltender Proteste hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den deutschen Bauern zugesichert, sie bei weiteren Natur- und Klimaschutzvorgaben einzubeziehen. Es müssten in vielen Bereichen neue Antworten gefunden werden, sagte sie bei einem «Agrargipfel» mit Landwirtschaftsverbänden am Montag in Berlin. «Aber das wollen wir mit Ihnen machen, und das wollen wir nicht gegen Sie machen.» Landwirte seien «ein ganz wichtiger Teil der Gesellschaft», sagte Merkel: «Großer Respekt für ihre Arbeit, die schwierig ist.» Sie bekräftigte zugleich Handlungsbedarf beim Umweltschutz.

Es gebe «ein dramatisches Problem bei der Artenvielfalt», sagte die Kanzlerin. Dabei seien Landwirte «nicht die einzigen Verursacher», aber Teil des Gesamtsystems. Ein gemeinsames Anliegen sei außerdem, sich dem Klimawandel zu stellen. Die Bauern seien aber auch ein Wirtschaftszweig, der rentabel wirtschaften müsse. Es gelte daher, verschiedene Bereiche zusammenzubringen und Wege zu finden, die der Branche auch Berechenbarkeit gäben. Dies solle «partnerschaftlich» geschehen. «Wir wollen regionale Produkte und zu Hause Landwirtschaft haben. Das bedeutet, dass Sie eine Zukunft haben müssen.»

In der vergangenen Woche hatten in Berlin Tausende Bauern mit Traktoren gegen die Agrarpolitik der Regierung demonstriert und auch mehr gesellschaftliche Wertschätzung eingefordert. Schon zuvor gab es Proteste in mehreren anderen Städten. Ärger ausgelöst hat vor allem ein «Agrarpaket», das das Kabinett im September auf den Weg gebracht hatte. Unter anderem zum Insektenschutz soll der Einsatz von Unkraut- und Schädlingsgiften stark eingeschränkt werden. Für einen besseren Grundwasserschutz müssen auf Druck der EU auch Düngeregeln erneut verschärft werden. Aus den wichtigen EU-Agrarzahlungen an die Höfe wird im neuen Jahr mehr Geld für Umweltmaßnahmen reserviert.

„Huber von JRE ergänzt dazu: „Wann verstehen wir endlich, dass dringend ein grundsätzliches Umdenken stattfinden muss? Wann erkennen wir endlich, dass der Sinn von Ernährung nicht darin liegt, schnell und billig satt zu werden? Wie wollen wir uns besser ernähren, ohne über die fälligen Kosten zu sprechen? Wir stecken knietief in einer gewaltigen Ernährungskrise! Und dazu haben wir alle beigetragen. Die Lebensmittelindustrie, der Handel, der Verbraucher und auch die Gastronomie. Um dem ein Ende zu setzen, müssen wir bewusster über die Qualität und Herkunft unserer Lebensmittel nachdenken. Schluss mit Billigproduktion und Dauerverfügbarkeit! Deutschland braucht eine neue Politik, die die Wertschätzung von Lebensmitteln unterstützt und eine faire sowie nachhaltige Nahrungsmittelproduktion fördert.

Einige Netzwerke unserer Branche kämpfen bereits für die Umsetzung dieser Forderungen und forcieren einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln. Damit unterstützen sie auch die Landwirte, die umweltbewusst produzieren und nicht nur auf Menge achten. Gemeinsam muss allen Anstrengungen sein, dass es uns etwas wert ist, was wir essen. Genau dafür stehen auch die Jeunes Restaurateurs in Deutschland und Europa. Wir legen großen Wert auf qualitativ hochwertige Lebensmittel, die nachhaltig, regional und saisonal produziert werden. Mit dem JRE Genussnetz, deren Mitglieder sich aus kleinen feinen Produzenten und Manufakturen zusammenstellen, repräsentieren wir unsere Philosophie auf eindrückliche Weise. Doch wir gehen noch einen Schritt weiter. Unser Bündnis „Chefsinitiative für die Zukunft der Gastronomie“ arbeitet aktiv an einer neuen Esskultur für Deutschland. Wir setzen uns für die Garantie von Nachhaltigkeit, Regionalität und Qualität sowie die Wertschätzung von Genuss und Ernährung ein. Diese Aufgabe können wir nur gemeinsam mit der Branche, der Politik, der Gesellschaft und natürlich auch mit den Landwirten bewältigen – nicht morgen, sondern jetzt!“

(Mit Metrial der dpa)

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die erste Tarifrunde für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Mecklenburg-Vorpommern blieb ohne Ergebnis. Die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaft liegen noch weit auseinander.

Während der Fußball-EM dürfen Berliner Restaurants, Kneipen und Biergärten, die Spiele übertragen, ihre Außenbereiche bis zum Spielende öffnen. Eine entsprechende Verordnung erließ Umweltsenatorin Ute Bonde.

MV-Tourismusminister Meyer sorgt sich um die Auslandswerbung der Deutschen Zentrale für Tourismus. Die Bundesmittel sollen gekürzt werden, sagt er. Dagegen macht er jetzt mobil.

Der Zoll ist am Samstag in Hotels und Gaststätten bundesweit gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgegangen. Insgesamt seien rund 2400 Beschäftigte aller Hauptzollämter im Einsatz, teilte die Generalzolldirektion am Abend in Bonn mit.

Frust im Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus auf Platz zwei. Im Osten liegt sie sogar vorn.

Angesichts der Herausforderungen zählen mehr denn je Vernetzung, das Bündeln der Kräfte und das Schaffen von Synergien. Vom 2. bis 4. Juni kamen dazu in Warnemünde die deutschsprachigen Verbände der Hotellerie und Gastronomie zu ihrem traditionellen Jahrestreffen zusammen.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Nach Protesten des DEHOGA Bayern zieht die Bahn das Kampagnenmotiv jetzt zurück.

Auch Hoteliers und Gastronomen sind von dem Hochwasser in Bayern betroffen. Angesichts der schweren Schäden hat das bayerische Kabinett gestern ein Soforthilfe-Paket beschlossen. Dieses soll eine Summe von „100 Millionen plus x“ umfassen. Was es zu beachten gibt.

Der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude soll im Tarifstreit in der bayerischen Gastronomie vermitteln. Der Dehoga sieht aktuell aber keinen Bedarf für einen Schlichter. Vielmehr sei ein Angebot der Arbeitgeber an die NGG gegangen.

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt plant eine Image-Kampagne. Die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen soll gerettet werden. Beides sehen die Lobbyisten in Gefahr. Ich halte diese Kampagne für brandgefährlich. Ein Kommentar von Marc Schnerr.