Lauterbach warnt vor Lockerungen - Vorschlag für PCR-Priorisierung

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Vor neuen Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Lage hat sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dafür ausgesprochen, die bestehenden Maßnahmen derzeit beizubehalten. Der SPD-Politiker wandte sich in der «Rheinischen Post» gegen Verschärfungen - zugleich warnte er: «Aber eine Lockerung wäre fatal. Wir würden Öl ins Feuer gießen und die Welle beschleunigen.» Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen schlägt Lauterbach eine Priorisierung der besonders genauen PCR-Tests und eine Konzentration der Kontaktnachverfolgung auf bestimmte Berufsgruppen vor.

So will der Minister, dass in vielen Fällen künftig auf einen positiven Schnelltest kein PCR-Test folgt. «Mein Vorschlag für die Ministerpräsidentenkonferenz sieht vor, dass künftig nur noch Beschäftigte der kritischen Infrastruktur einen positiven Schnelltest mit einem PCR-Test bestätigen lassen können», sagte er. Alle anderen, die beispielsweise zu Hause einen positiven Schnelltest hatten, sollten diesen im Testzentrum nur noch mit einem «professionellen Antigen-Schnelltest» bestätigen lassen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten der Länder beraten am Montag über die Lage. Bereits an diesem Samstag sprechen die Gesundheitsminister über das weitere Vorgehen, dabei geht es auch schon um die PCR-Tests.

Im Fokus steht aktuell der Umgang mit der neuen Virusvariante Omikron, die sich rasant ausbreitet. Lauterbach rechnet für Mitte Februar mit mehrere Hunderttausend Neuinfektionen pro Tag. Zwar geht Omikron tendenziell mit milderen Verläufen einher als die Delta-Variante. Es gibt aber Befürchtungen, dass sehr hohe Fallzahlen und massenhafter Personalausfall dennoch zu Belastungen des Gesundheitssystems und wichtiger Versorgungsbereiche führen könnten.

Deshalb will die Regierung das Pandemiemanagement anpassen. Lauterbach hatte bereits angekündigt, an diesem Wochenende einen Vorschlag für eine Priorisierung bei den knappen PCR-Tests vorzulegen. Ein Verordnungsentwurf mit Stand Dienstagnachmittag sah «eine vorrangige Befundung von Probenmaterial von Beschäftigten mit Kontakt zu besonders vulnerablen Personengruppen» vor.

Der Minister argumentierte in der «Rheinischen Post», die Wahrscheinlichkeit, dass der PCR-Test ein anderes Ergebnis anzeige als ein professioneller Antigen-Test, sei «sehr gering bei der hohen Prävalenz der Omikron-Variante». Auch das Schnelltest-Ergebnis gehe an das Gesundheitsamt. «Der PCR-Test ist nicht mehr Voraussetzung für die Meldung beim RKI. So sparen wir wichtige PCR-Kapazitäten für den Höhepunkt der Welle.»

Der Deutsche Hausärzteverband befürwortet es, die PCR-Tests seltener einzusetzen. «Ich begrüße es, wenn PCR-Tests künftig nicht mehr zur Bestätigung jedes Antigentests gemacht werden müssen - gerade wenn die Testkapazitäten jetzt zur Neige gehen», sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Medizinisch ist es nicht sinnvoll, nach einem positiven Antigen-Test und eindeutigen Symptomen auch noch einen PCR-Test machen zu müssen.»

Der Patientenschützer Eugen Brysch forderte, Corona-Risikogruppen bei den PCR-Tests zu priorisieren. «Hochbetagte, Pflegebedürftige, Schwerstkranke und ihre Angehörigen müssen bei der PCR-Testung an erster Stelle stehen», sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Kern aller Pandemie-Maßnahmen sei doch der Schutz der am stärksten gefährdeten Menschen. «Jetzt nur Berufsgruppen bei den Labortests vorrangig zu behandeln kann diesem gesellschaftlichen Anspruch gar nicht gerecht werden.»

Zur Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten sagte Lauterbach mit Blick auf die erwartete hohe Fallzahl: «Das wird kein Gesundheitsamt mehr abarbeiten können, auch nicht mit Hilfe der Bundeswehr. Wir brauchen daher schnellstmöglich einen Fokus der Kontaktnachverfolgung, zum Beispiel bei Lehrkräften, medizinischem Personal, Beschäftigten von Energie- und Wasserversorgern, Einsatzkräften und anderen Bereichen der kritischen Infrastruktur.»

Hinsichtlich der Corona-Maßnahmen kamen aus den Ländern bereits Stimmen, von neuen härteren Beschränkungen abzusehen - etwa von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Dieser sagte am Freitag, auf der anderen Seite gebe es auch keinen Anlass dafür, wie etwa in Großbritannien auf ein Corona-Management völlig zu verzichten. Es könne aber nach Lage der Dinge Erleichterungen geben. Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist nicht die Zeit für Lockerungen, aber Verschärfungen sind ebenfalls noch nicht angezeigt.»

Bundesjustizminister Marco Buschmann knüpfte die Rücknahme von Corona-Einschränkungen an den Verlauf der Omikron-Welle: «Wenn die nächsten Wochen zeigen, dass Omikron beherrschbar ist und mit milderen Mitteln zu bekämpfen ist, müssen Maßnahmen zurückgenommen werden», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Zur ganzen Wahrheit gehört, dass es Modellierungen gibt, die im Laufe des Februars eine starke Belastung der Krankenhäuser prognostizieren.» Man müsse die Lage «genau im Blick behalten».

«Spätestens Anfang Februar wird es in den Krankenhäusern deutschlandweit sehr eng werden, wenn die Infektionszahlen weiterhin in diesem Tempo steigen», sagte die Vorsitzende der Ärzteorganisation Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dabei gehe es nicht nur um steigende Patientenzahlen. «Wir erwarten, dass in den kommenden Wochen sehr viele Beschäftigte des ärztlichen und pflegerischen Personals ausfallen werden, weil sie sich infiziert haben und in Isolation müssen.» (dpa)


 

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