Reisewirtschaft: Überarbeitung der EU-Fahrgastrechteverordnung

| Politik Politik

Die Überarbeitung der Fahrgastrechteverordnung im Eisenbahnverkehr steht weiterhin auf der europäischen Agenda. Nun hat sich der EU-Verkehrsministerrat dazu auf eine Position verständigt. Ursprünglich geplante Belastungen für Reisebüros und Touristinformationen wurden weitgehend gestrichen. Der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Deutsche Tourismusverband (DTV) begrüßen dies ausdrücklich.

Ursprünglich hatten die Pläne der Europäischen Kommission vorgesehen, dass nicht nur Bahnunternehmen, sondern auch Fahrkartenverkäufer nach Reiseantritt u.a. über Verspätungen und Anschlussverbindungen informieren und Hilfeleistungen im Fall von Verspätungen leisten. So zum Beispiel Mahlzeiten anbieten oder für Hotelunterbringung sorgen. Auch war daran gedacht, dass Fahrkartenvermittler ein System zum Beschwerdemanagement einrichten sollten. Der EU-Ministerrat ist jedoch den Forderungen der Reisewirtschaft gefolgt: In seiner Position nimmt er die Fahrkartenvermittler – also Reisebüros und Touristinformationen – von eben diesen Pflichten aus.

Doch die Kuh ist noch nicht vom Eis. Denn nun stehen Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Ministerrat an. DRV und DTV fordern, dass das bisher Erreichte nun nicht mehr in Frage gestellt wird. „Der Fahrkartenverkauf ist bereits jetzt wenig rentabel für Reisebüros. Für die typischerweise kleinen und mittelständischen Betriebe wären noch mehr Verpflichtungen nicht zu schultern. Insofern freuen wir uns sehr, dass der EU-Ministerrat unseren Bedenken Rechnung trägt“ sagt Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV).

Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) ergänzt: „Der Verkauf von Bahntickets ist mehr eine Serviceleistung der Touristinformationen gegenüber den Verbrauchern als ein Geschäft. Jede zusätzliche Belastung oder gar drohende Haftungsrisiken würden daher zu einem Rückzug aus dem Fahrkartenverkauf führen. Damit würden vor allem die Reisenden abgestraft“.

Nachbesserungen bei Durchgangsfahrkarten nötig

In einem Detail ist die Position des EU-Ministerrats nicht auf der Linie der Reisewirtschaft. Konkret geht es um so genannte kombinierte Durchgangsfahrkarten. Eine solche liegt vor, wenn ein Vermittler, wie z.B. ein Reisebüro, mehrere getrennte Tickets für eine Strecke bucht, also verschiedene Fahrten nacheinander kombiniert. Wenn dann das Reisebüro nicht darauf hinweist, dass es sich um getrennte Beförderungsverträge handelt, wird die Fahrkarte juristisch so behandelt, als sei es eine Durchgangsfahrtkarte. Wird nun ein Anschluss verpasst, wird das Reisebüro in die Haftung genommen. Der Ministerrat sieht vor, dass der  Fahrkartenpreis erstattet und sogar eine Entschädigung gezahlt werden muss. An dieser Stelle sollte noch nachgebessert werden.

Die Möglichkeit dafür bieten die anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Ministerrat und Parlament. Sie könnten im neuen Jahr beginnen und noch in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden.

Hintergrund

Die Europäische Kommission hatte im September 2017 einen Vorschlag zur Revision der EU-Fahrgastrechteverordnung im Eisenbahnverkehr vorgelegt. Er sieht die Verbesserung der Entschädigungsregelungen für Reisende und Erleichterungen für mobilitätseingeschränkte Passagiere vor, nimmt dabei aber auch Fahrkartenverkäufer stärker in die Pflicht. Rund 2100 Reisebüros mit DB-Lizenz gibt es in Deutschland. Zudem verkaufen Reiseveranstalter und Touristinformationen ebenfalls Bahntickets. Das Europäische Parlament hat sich im Herbst 2018 auf eine Position verständigt, dabei die Anliegen der Reisebranche aber nicht berücksichtigt.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro zurückgewiesen. Auf Dauer würde es für Arbeitsplätze gefährlich, wenn sich die Politik hier einmische.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.

Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni starten die in der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände einen gemeinsamen Wahlaufruf mit Reformvorschlägen.