Scharfe DEHOGA-Kritik: Staatliche Einmischung beim Mindestlohn unterlassen

| Politik Politik

Wenn es nach dem Willen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geht, könnte der Mindestlohn in Deutschland 2026 auf rund 15 Euro steigen. Der DEHOGA kritisiert den Vorstoß scharf.  

Mit der Forderung, den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, stelle der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zum wiederholten Mal die unabhängige Arbeit der Mindestlohnkommission in Frage und entwerte sie letztlich, sagt der DEHOGA. Die Höhe des Mindestlohns dürfe nicht von Politikern in Wahlkampfzeiten instrumentalisiert werden. Politik müsse verlässlich sein. Der DEHOGA lehnt daher die ständige Einmischung der Politik und eine staatliche Lohnfestsetzung ab. Nicht nur die Arbeit der Mindestlohnkommission gelte es zu respektieren, sondern insbesondere auch die Tarifautonomie.

Heil hatte die Mindestlohnkommission in dieser Woche aufgefordert, bei ihrer nächsten Entscheidung über die Mindestlohnhöhe im kommenden Jahr den Referenzwert der Europäischen Mindestlohnrichtlinie von 60 Prozent des Medianlohns im Land zu berücksichtigen. In einem Interview drohte er implizit für den Fall, dass man diesem Vorschlag nicht folgt, ein erneutes Eingreifen des Gesetzgebers an.

Dabei hatte die Große Koalition sich nach der Einführung des 8,50-Euro-Mindestlohns im Jahr 2015 darauf verständigt, dass es keinen politisch festgesetzten Mindestlohn geben sollte. Die Entscheidung über weitere Erhöhungen wurde einer unabhängigen Kommission übertragen. Diese Verabredung wurde mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro bereits einmal gebrochen.

„Die ausgewogene Zusammensetzung der Mindestlohnkommission hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst ist und dieser gerecht wird. Wir erwarten, dass die Politik die Arbeit der Mindestlohnkommission respektiert“, argumentiert der DEHOGA.

Die von Heil erwähnte EU-Richtlinie enthalte keine feste Vorgabe zur Höhe der Mindestlöhne. Dass Mindestlöhne 60 Prozent des Medianeinkommen betragen sollten, sei lediglich eine mögliche Orientierungsgröße. In Deutschland gelte der fünfthöchste Mindestlohn der EU, so der DEHOGA.

„Eine weitere staatliche Anhebung des Mindestlohns würde für die Mehrzahl unserer Betriebe erneut einen fatalen Druck auf das gesamte Lohngefüge und massive Personalkostensteigerungen verursachen. Wirtschaftliches Arbeiten wird für unsere Betriebe immer schwerer. Bereits jetzt gehören die gestiegenen Personalkosten zu den größten Herausforderungen für unsere Betriebe. So lagen die Arbeitskosten im Gastgewerbe laut Statistischem Bundesamt im 4. Quartal 2023 um 31,1% höher als im 1. Quartal 2022. Das Gastgewerbe hat damit in den letzten Jahren den höchsten Anstieg der Arbeitskosten im Branchenvergleich zu verzeichnen. Fakt ist: Unsere Betriebe sind es, die Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Höhere Löhne müssen dort zunächst einmal erwirtschaftet werden“, schreibt der Verband an seine Mitglieder.

Die Wortmeldung des Bundesarbeitsministers sei rein wahltaktisch motiviert und im Übrigen rechtlich auch nicht zutreffend. Auch der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberspitzenverbands BDA, Steffen Kampeter, der die Arbeitgeberseite in der Mindestlohnkommission anführt, hat auf die Äußerungen des Ministers in reagiert:

„Das Wahlkampfgetöse des Bundesarbeitsministers um den Mindestlohn und das Tariftreuegesetz schadet dem sozialpartnerschaftlichen Miteinander. ... Wie unabhängig kann eine Kommission sein, wenn Mitglieder der Bundesregierung bestimmte Erwartungen zukünftiger Ergebnisse in Abhängigkeit von Wahlterminen formulieren? Selbstverständlich wird sich die Kommission auch zukünftig an nationale und internationale Vorgaben halten. So gilt dies für die Tariflohnentwicklung genauso wie für den sogenannten Medianlohn. Dies sind aber Orientierungsgrößen, die kein bestimmtes Ergebnis vorgeben. Die Politik tut gut daran, der Kommission den notwendigen Respekt für ihre Arbeit und ihre Unabhängigkeit zu zollen. Ansonsten bedeutet dies de facto das Ende der unabhängigen Mindestlohnkommission.“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit Hunger kann man nicht lernen, meinen die Initiatoren einer Volksinitiative für kostenloses Schulessen von Klasse 1 bis 6 in Brandenburg. Sie haben eine erste Stufe für ihr Anliegen genommen.

In dieser Woche tagten die Landesdelegierten des DEHOGA Bayern in Amberg. Der Verband verabschiedete eine „Gastro-Agenda“ für mehr Planungssicherheit für klare Perspektiven in der Branche. Bayerns Tourismusministerin Michaela Kaniber sprach sich für die dauerhafte Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer aus.

In einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft ist die vom Bürgerrat empfohlene Einführung eines staatlichen, verpflichtenden Labels für alle Produkte auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Von Gastronomie und Handel gab es erhebliche Bedenken.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs zählen Beherbergungsbetriebe zum Verwaltungsvermögen, das bei der Erbschaftssteuer nicht begünstigt wird. Der DEHOGA läuft bundesweit Sturm gegen den Richterspruch und fordert gesetzliche Klarstellung. Jetzt deutet der Verband in Bayern an, wie es weitergehen könnte.

Der Januar 2025 bringt gute Nachrichten für Minijobberinnen und Minijobber: Dank der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,82 Euro pro Stunde können sie ab dann etwas mehr verdienen und behalten trotzdem die Vorteile eines Minijobs.

Das Bundeswirtschaftsministerium und der bayerische Beauftragte für Bürokratieabbau hatten Anfang Oktober zu einem Praxischeck im Gastgewerbe geladen. Im Rahmen des Workshops wurden bürokratische Hemmnisse identifiziert und Lösungsansätze aufgezeigt.

Unter dem Motto „Pizza – Burger – Business – Berlin“ feierte der Bundesverband der Systemgastronomie die Eröffnung seiner neuen Repräsentanz in der Hauptstadt. Die Veranstaltung stand im Zeichen der kulinarischen Vielfalt der Branche und hob die Bedeutung des Dialogs zwischen Wirtschaft und Politik hervor.

Der Bundesrat hat der Abschaffung des Hotelmeldescheins für deutsche Übernachtungsgäste zum 1. Januar 2025 zugestimmt. Der Deutsche Heilbäderverband und der Deutsche Tourismusverband ​zeigen sich enttäuscht darüber, dass keine ausreichende Übergangsfrist geschaffen wurde.

Der Tarifkonflikt in der Systemgastronomie ist lange nicht gelöst. Auch in der zweiten Runde der Tarifverhandlungen über einen neuen Tarifvertrag wurde keine Einigung erzielt. Um auf die Situation der Beschäftigten hinzuweisen, führte die Gewerkschaft NGG in Berlin jetzt einen Aktionstag durch.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Bundestag eine industriepolitische Offensive angekündigt und Oppositionsführer Friedrich Merz scharf angegriffen. Merz warf Scholz im Gegenzug vor, den Bundestag für Wahlkampf zu missbrauchen.