Schlag ins Kontor: Hotelverband mit scharfer Kritik an OTAs

| Politik Politik

Die ZEW-Studie über die Positionierung von Hotels in den großen Buchungsportalen hat in den vergangenen Tagen für reichlich Wirbel gesorgt (Tageskarte berichtete). Denn so langsam dringe auch ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit, was die Hoteliers längst wüssten, wie es IHA-Chef Markus Luthe in seinem aktuellen Blog beschreibt: Buchungsportale im Internet seien bei weitem nicht so verbraucherfreundlich, wie sie sich selbst gerne inszenieren würden. Insbesondere die für den Verbraucher so wichtigen Rankings der Plattformen hätten ihre Unschuldsvermutung verloren, ist der Verbandschef überzeugt. 

„Buchungsportale machen die Rangliste ihrer empfohlenen Suchergebnisse durch die Berücksichtigung der Preisdifferenzen von Faktoren abhängig, die zwar für das Portal zur Gewinnmaximierung relevant sind, aber nicht in Einklang mit dem Kundeninteresse stehen müssen“, erklärt dazu Reinhold Kesler, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ und Ko-Autor der Studie. 

In das gleiche Horn stößt das das Bundeskartellamt, dass Mitte Dezember ein Konsultationspapier zu seiner „Sektoruntersuchung Vergleichsportale“ veröffentlichte und sich darin umfassend auch mit sämtlichen Buchungsportalen und Metasearchern im Hotelmarkt auseinandersetzte. Das Kartellamt kam laut Luthe zur vorläufigen Schlussfolgerung, dass typischerweise Transparenzpflichtverstöße, Irreführung oder verdeckte Werbung und somit Lauterkeitsrechtsverstöße vorlägen. Die Ermittlungen hätten aufgedeckt, dass bei vielen Portalen in der Hotellerie die Höhe der Zahlungen auch ins Ranking einfließen. Dieses sei also keineswegs das für den Nutzer beste Suchergebnis. Die ZEW-Studie sei nun ein weiterer Schlag ins Kontor verbliebener OTA-Glaubwürdigkeit.

Booking.com hat ebenfalls zur ZEW-Studie Stellung bezogen: „Die Rankings auf Booking.com basieren auf einem automatisierten Algorithmus, der aus Kundenfeedback aufgebaut ist. Dabei ist die Konversionsrate der stärkste Einflussfaktor für das Ranking. Unterkünfte mit einer guten Konversionsrate (also solche, die immer wieder gebucht werden), zeigen, dass sie von Kunden gut angenommen werden. Diese Unterkünfte – die oft tolle Preise, Fotos, Beschreibungen und Bewertungen aufweisen – steigen in den Suchergebnissen tendenziell auf. Kunden neigen gerne dazu, keine Unterkünfte mit erhöhten Preisen zu buchen. Unsere Daten belegen, dass Partner negative Auswirkungen auf das Geschäft, das sie auf der Plattform generieren können, sehen, wenn sie nicht die besten Preise auf Booking.com angeben.“

Das Bundeskartellamt sieht das in seiner Untersuchung zu Internet-Vergleichsportalen (Tageskarte berichtete) etwas anders. Die Untersuchung zahlreicher Vergleichsportale aus den Dienstleistungsbereichen Reisen, Energie, Versicherungen, Telekommunikation und Finanzen habe den Verdacht auf Verbraucherrechtsverstöße in einigen Punkten erhärtet, so die Mitteilung. Die betroffenen Unternehmen haben nun Gelegenheit, zu dem Konsultationspapier Stellung zu nehmen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Internet-Vergleichsportale sind ein wichtiges Werkzeug, solange sie objektive und unverfälschte Ergebnisse liefern. Viele Vergleichsinformationen sind zutreffend und seriös. Aber unsere Untersuchung offenbart auch eine Anzahl von möglichen Rechtsverstößen.“

Luthe vom Hotelverband bemängelt darüber hinaus, dass, nach einer Testphase in Asien, Booking gerade sein Produkt Booking.Basic nun wohl auch in Europa eingeführt hat. Mit Booking.Basic sichert sich das Hotelportal den besten Preis für ein Hotelzimmer auch, wenn das Hotel diesen gar nicht direkt dort eingestellt hat, wie auch Markus Luthe vom Hotelverband in einem aktuellen Blogpost berichtet.

Markus Luthe kritisiert, dass der Marktführer ohne jede (Vor-)Ankündigung und ohne eine Chance zum Opt-out für die Hotels […] die unternehmerische Preissetzungsfreiheit der Hoteliers weiter unterminiere: „Mit Booking.Basic bietet das Portal über dritte Vertriebspartner auch selbst dann immer die günstigste Rate eines Hotels an, wenn diese vom Hotel Booking.com bewusst gar nicht zur Verfügung gestellt wird. Auch dies erscheint mir kartell- und schuldrechtlich fragwürdig. Gelebte Partnerschaft auf Augenhöhe ist das auf jeden Fall nicht.“


Zurück

Vielleicht auch interessant

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro zurückgewiesen. Auf Dauer würde es für Arbeitsplätze gefährlich, wenn sich die Politik hier einmische.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.

Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni starten die in der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände einen gemeinsamen Wahlaufruf mit Reformvorschlägen.