„Topf Secret“-Hygiene-Pranger: 26.000 Anträge zu Hygiene-Kontrollergebnissen gestellt

| Politik Politik

Auf der Online-Plattform „Topf Secret“ haben 15.000 Bürger bei den zuständigen Behörden Hygiene-Berichte von 26.000 Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben beantragt und teilweise auch veröffentlicht. Der DEHOGA forderte eine gesetzliche Klarstellung, ob die Berichte überhaupt auf der Webseite der Food-Lobbyisten gezeigt werden dürfen.

Bei einer Pressekonferenz gaben die Betreiber der Mitte Januar gestarteten Plattform, die Verbraucherlobbyisten von foodwatch und die Initiative FragDenStaat erste Zahlen zu dem umstrittenen Projekt bekannt.

In den meisten Fällen erhielten Bürgerinnen und Bürger Auskunft von den Behörden, erklärten die beiden Organisationen. Die Kontrolleure hätten in vielen Betrieben erwartungsgemäß keine Beanstandungen festgestellt. Schwere Hygiene-Mängel habe es aber zum Beispiel bei einem McDonald’s in Sinsheim gegeben. Laut dem Bericht vom 23. Mai 2018 war der Lagerbereich “stark verschmutzt“ mit „Lebensmittelresten, die teilweise angetrocknet waren“. Im Spülbereich sammelte sich „übel riechendes Wasser“, die Spülmaschine war „im gesamten Innenraum“ durch „roten, schmierigen Altschmutz stark verunreinigt“. Auch ein „Wechsel des verwendeten Fettes (wäre) schon längst erforderlich gewesen“. Auch in Kühlräumen des Hotel Mercure in Leipzig wurden bei einer Kontrolle am 12. April 2018 „schimmelähnliche Beläge“ entdeckt. Im Küchenbereich war die Kühlung für Fisch und Fleisch defekt, frischer Lachs wurde zu warm gelagert. In einer Subway-Filiale in Karlsruhe wurde bei einer Kontrolle am 13. Februar 2019 „massiver Schädlingsbefall (Schaben) festgestellt“, am 29. März war der Boden unter den Einrichtungsgegenständen der Theke „stark altverschmutzt, unter anderem mit Essensresten“.

Der DEHOGA Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) „Topf Secret“ scharf: „Die Macher müssen respektieren, dass durch Veröffentlichungen der Kontrollberichte unternehmerische Existenzen gefährdet werden können“, gibt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) zu bedenken. „Wir werden nicht zulassen, dass ‚Topf Secret‘ die Grundrechte der Unternehmer außer Acht lässt“, kündigt kündigte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges an. „Auch Foodwatch hat sich an rechtsstaatliche Prinzipien zu halten. Es bedarf dringend einer höchstrichterlichen Klärung und einer gesetzlichen Klarstellung.“

Auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL - zukünftig Lebensmittelverband Deutschland) unterstreicht die Notwendigkeit, dass solche Auskunftsbegehren nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) von den Überwachungsbehörden nach den geltenden rechtlichen Vorgaben überprüft und abgearbeitet werden müssen Völlig unabhängig von den laufenden gerichtlichen Auseinandersetzungen hält der BLL angesichts der Erfahrungen mit „Topf Secret“ eine klarstellende Änderung des VIG für notwendig: „Die Veröffentlichung der individuellen Korrespondenz einzelner Verbraucherinnen und Verbrauchern mit Behörden steht im Widerspruch zum Sinn und Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes“, erläutert Dr. Marcus Girnau, stellvertretender BLL-Hauptgeschäftsführer. „Individuell beantragte Behördenauskünfte nach dem Verbraucherinformationsgesetz und behördliche Veröffentlichungen im Internet sollten strikt unterschieden werden. Der Gesetzgeber sollte diese Unterscheidung dringend im Wortlaut des VIG klarstellen.“

Derzeit klagen hunderte Lebensmittelbetriebe deutschlandweit gegen Lebensmittelbehörden, die bereit sind, Hygiene-Berichte herauszugeben. Ein jüngst von foodwatch und FragDenStaat veröffentlichtes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss dass Bürger einen Informationsanspruch auf die Ergebnisse amtlicher Hygiene-Kontrollen, egal ob sie diese per Post, telefonisch oder über die Online-Plattform „Topf Secret“ beantragen.

Das sieht der DEHOGA allerdings anders. Der Verband teilte jüngst mit, dass in Sachen „Topf Secret“ derzeit mehrere betroffene Betriebe im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die Herausgabe der Kontrollergebnisse vorgehen würden. Es gebe bereits erste verwaltungsgerichtliche Beschlüsse, in denen sich die Richter mit der Thematik „Topf Secret“ beschäftigen würden. Die Verwaltungsgerichte hätten bisher zugunsten der Betriebe entschieden, dass die Kontrollberichte zunächst nicht herausgegeben werden dürften.

Der Verband merkt aber an, dass die Gerichte im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens den Sachverhalt nur kursorisch prüfen würden. Dies bedeute, dass nun nachfolgend die Gerichte im sogenannten Hauptsacheverfahren den Sachverhalt gründlich prüfen und nach Klärung der offenen Rechtsfragen endgültig über die Herausgabe der Kontrollberichte entscheiden würden. Auch wenn eine finale Entscheidung zu „Topf Secret“ bisher noch ausstehe, zeigten die bisherigen Gerichtsbeschlüsse, dass die Bedenken bezüglich „Topf Secret“ berechtigt seien und einer rechtsstaatlichen Klärung bedürften sagt der DEHOGA.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Frust im Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus auf Platz zwei. Im Osten liegt sie sogar vorn.

Angesichts der Herausforderungen zählen mehr denn je Vernetzung, das Bündeln der Kräfte und das Schaffen von Synergien. Vom 2. bis 4. Juni kamen dazu in Warnemünde die deutschsprachigen Verbände der Hotellerie und Gastronomie zu ihrem traditionellen Jahrestreffen zusammen.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Nach Protesten des DEHOGA Bayern zieht die Bahn das Kampagnenmotiv jetzt zurück.

Auch Hoteliers und Gastronomen sind von dem Hochwasser in Bayern betroffen. Angesichts der schweren Schäden hat das bayerische Kabinett gestern ein Soforthilfe-Paket beschlossen. Dieses soll eine Summe von „100 Millionen plus x“ umfassen. Was es zu beachten gibt.

Der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude soll im Tarifstreit in der bayerischen Gastronomie vermitteln. Der Dehoga sieht aktuell aber keinen Bedarf für einen Schlichter. Vielmehr sei ein Angebot der Arbeitgeber an die NGG gegangen.

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt plant eine Image-Kampagne. Die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen soll gerettet werden. Beides sehen die Lobbyisten in Gefahr. Ich halte diese Kampagne für brandgefährlich. Ein Kommentar von Marc Schnerr.

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.