Verwaltungsgerichtshof urteilt im Streit um Einsicht in lebensmittelrechtliche Kontrollen

| Politik Politik

Verbraucher im Südwesten können, nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg Auskunft über lebensmittelrechtliche Kontrollen in Betrieben verlangen. Es bestünden keine rechtlichen Gründe, die von den Verwaltungsbehörden beabsichtigte Übermittlung von Informationen zu Lebensmittelkontrollen in Supermärkten und Bäckereien vorläufig zu stoppen. Die in sieben Verfahren von Betreibern gestellten Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz hatten keinen Erfolg, wie der VGH in zweiter und letzter Instanz weiter mitteilte.

Die Betreiber hatten ihre bei Gericht gestellten Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz unter anderem damit begründet, dass die beabsichtigte Informationserteilung gesetzes- und verfassungswidrig sei, insbesondere ihre grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit verletze, aber auch gegen europäisches Recht verstoße.

Hintergrund ist ein Auskunftsersuchen von Privatpersonen mit Hilfe der Internetplattform «Topf Secret», die unter anderem von der Verbraucherorganisationen «Foodwatch» betrieben wird. Sie wandten sich auf Basis des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) an die jeweils zuständige Verwaltungsbehörde, um Ergebnisse der beiden letzten lebensmittelrechtlichen Kontrollen in einem von ihnen angegebenen Betrieb zu erhalten.

Aus den Begründungen der Beschlüsse geht hervor, dass der VGH den von den Betreibern vorgebrachten Argumenten insgesamt nicht gefolgt ist: Zu Recht seien die Verwaltungsbehörden davon ausgegangen, dass die Privatpersonen einen Anspruch auf Zugang zu den von ihnen begehrten Informationen haben. Ein Verstoß gegen Verfassungs- oder Europarecht könne nicht festgestellt werden.

Für den individuellen Informationszugangsanspruch sei es rechtlich unerheblich, dass eine Privatperson bei der Antragstellung durch die Internetplattform „Topf Secret“ unterstützt werde. Der Anspruch hänge nach dem VIG auch nicht von einer mutmaßlichen Weiterverwendung der so erlangten Informationen durch die Privatpersonen ab. Die Weiterverwendung rechtmäßig erlangter Informationen sei europarechtlich und bundesgesetzlich getrennt von der Frage des Informationszugangs geregelt. Danach sei allein die jeweilige Privatperson für eine Weiterverwendung verantwortlich, wobei eine Weiterverwendung - jedenfalls im Grundsatz - auch zulässig sei. Sehe sich ein Filialbetreiber durch eine Veröffentlichung auf der Internetplattform „Topf Secret“ in seinen Rechten verletzt, so stünde ihm der Weg zu den Zivilgerichten offen.

„Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zerpflückt in aller Deutlichkeit die Argumente, die regelmäßig von der Gastro-Lobby gegen Topf Secret ins Feld geführt werden. Nun ist höchstrichterlich bestätigt: Bürgerinnen und Bürger haben einen Rechtsanspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse“, kommentierte Rauna Bindewald von foodwatch das Urteil. 

Ingrid Hartges vom DEHOGA Bundesverband weist hingegen darauf hin, dass es eine Vielzahl weiterer Verfahren in Sachen «Topf Secret» in anderen Bundesländern gebe. «Uns liegen knapp 80 Beschlüsse und Urteile von Verwaltungsgerichten vor, die vielfach auch noch nicht rechtskräftig sind«», so Hartges. Die Mehrzahl der Entscheidungen sei bislang zugunsten der Betriebe ausgefallen. Nunmehr bleibe abzuwarten wie die Oberverwaltungsgerichte der anderen Bundesländer entscheiden würden. Es bleibe zu hoffen, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder gegebenenfalls des Bundesverfassungsgerichts für endgültige Klarheit sorgt. «Es kann nicht sein, dass die Behörden nur unter bestimmten klar definierten Voraussetzungen die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen veröffentlichen dürfen, dagegen über das Portal „Topf Secret“ alle Ergebnisse schrankenlos veröffentlicht werden. Dieser Widerspruch bedarf einer abschließenden Klärung», so Ingrid Hartges abschließend.  

Die im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschlüsse des VGH sind nicht anfechtbar.

(Mit Material der dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro zurückgewiesen. Auf Dauer würde es für Arbeitsplätze gefährlich, wenn sich die Politik hier einmische.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.

Mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni starten die in der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände einen gemeinsamen Wahlaufruf mit Reformvorschlägen.