Religiös konformer Urlaub: Starkes Wachstum bei Auslandsreisen von Muslimen

| Tourismus Tourismus

Muslime sind die am stärksten zunehmende religiöse Gruppe weltweit und werden bis zum Jahr 2030 geschätzt ein Viertel der Weltbevölkerung ausmachen. Darüber hinaus wächst in einigen der muslimisch dominierten Märkte die Mittelschicht mit zunehmender Kaufkraft und neuem Konsum-Verhalten. Eine Konsequenz davon ist der Anstieg internationaler Reisen von Muslimen. Um das Reiseverhalten der Zielgruppe genauer analysieren zu können, hat die ITB Berlin das Marktforschungsinstitut IPK International damit beauftragt, im Rahmen seines World Travel Monitors® eine entsprechende Sonderauswertung zu erstellen. Denn: Die Art zu reisen stellt sich bei Muslimen in einigen Aspekten völlig anders dar als bei anderen Gruppen. Städtereisen sind zum Beispiel beliebter als Strandurlaub und Shopping wichtiger als der Besuch von Museen. Zudem setzen Kunden verstärkt Rücksichtnahme auf ihre religiösen Bräuche voraus. Ein touristisches Angebot, das sich an ihren Bedürfnissen orientiert, ist gleichermaßen Herausforderung und Chance für die Reiseindustrie.

Spezifische Aspekte von Halal Travel

Der Unterschied zu anderen Reisenden liege unter anderem an spezifischen Werten, die unter Muslimen viel stärker geteilt werden als in anderen Religionen - und das unabhängig von ihrer Nationalität, erklärt Fazal Bahardeen, Geschäftsführer von CrescentRating, dem weltweit führenden Experten für Halal Reisen. Während viele mit "Halal" lediglich die Art der Essenszubereitung verbinden, bezeichnet der Begriff tatsächlich alles, was mit dem traditionellen islamischen Recht konform ist. Für die Reiseindustrie bedeutet dies, dass sie sich den spezifischen glaubensbasierten Bedürfnissen von muslimischen Reisenden anpassen sollte. Das beinhaltet sowohl die Essenszubereitung nach Halal-Standard sowie entsprechende Essenszeiten während des Ramadan, als auch Gebetsmöglichkeiten in Unterkünften, separate Schwimmbecken für Männer und Frauen und besondere Unterhaltungsangebote für Muslime.

Hohe Zuwachsraten bei Auslandsreisen von Muslimen

Die derzeit interessantesten Quellmärkte für Auslandsreisen durch Muslime sind Indonesien, Indien, Türkei, Malaysia sowie die arabischen Länder. Verglichen mit dem Rest der Welt verzeichneten Märkte mit einer vorwiegend islamisch geprägten Bevölkerung in den vergangenen fünf Jahren Wachstumsraten, die mehr als 40 Prozent höher waren. Für die kommenden Jahre werden ebenfalls starke Zuwächse prognostiziert. Das Segment Halal Travel stellt daher eine enorme Wachstumschance für Destinationen weltweit dar.

Städtereisen stehen an erster Stelle

Im internationalen Reisemarkt bilden Städtereisen zusammen mit Strandurlauben die wichtigsten Reisearten. Für internationale Reisen von Muslimen präsentiert sich das Bild jedoch anders: Mit einem Anteil von mehr als einem Drittel stehen Städtetrips an vorderster Stelle. Auf dem zweiten Rang folgen Rundreisen, und erst dahinter Strandurlaube - jedoch nur mit einem Marktanteil von etwa der Hälfte im Vergleich zum Gesamtmarkt.

Insgesamt hat Urlaub unter den islamischen Auslandsreisenden einen geringeren Stellenwert als bei anderen internationalen Reisenden. Geschäftsreisen und Besuche von Freunden und Verwandten sowie andere Freizeitreisen stellen hingegen einen höheren Anteil dar. Insbesondere religiöse Reisen und Pilgerfahrten spielen mit einem Marktanteil von fast zehn Prozent aller Auslandsreisen eine viel wichtigere Rolle im Vergleich zum Gesamtmarkt, wo der Anteil bei gerade mal einem Prozent liegt.

Mehr Shopping, weniger Sightseeing

Muslimische Reisende bevorzugen nicht nur andere Urlaubsarten, sie reisen auch anders. In punkto Städteurlaub steht Shopping auf der Liste ganz oben. Sightseeing - bei anderen Reisenden auf Rang eins - oder der Besuch von Museen sowie gutes Essen sind für diese Zielgruppe weniger wichtig. Ihre Rundreisen gestalten sich ebenfalls anders: Hier liegt der Fokus ebenso weniger auf Sehenswürdigkeiten und Museen, sondern verstärkt auf Natur und Shopping.

Deutschland beliebteste Destination in Europa

Weltweit sind die Vereinigten Arabischen Emirate das beliebteste Ziel von muslimischen Auslandsreisenden. Deutschland liegt auf dem zweiten Platz vor Saudi-Arabien, Malaysia und Singapur und ist damit mit Abstand die meist besuchte Destination in Europa. Mit Blick auf die Kontinente führen mehr als 60 Prozent aller islamischen Auslandsreisen nach Asien (inklusive dem Mittleren Osten) sowie etwa ein Drittel nach Europa. Im Vergleich dazu verzeichnen Afrika, Nord- und Südamerika nur geringe Anteile.

Jung und sehr gebildet

Der Anteil an weiblichen Reisenden aus islamischen Ländern liegt verglichen mit allen internationalen Reisenden weltweit unter dem Durchschnitt, ist allerdings in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Muslimische Reisende sind im Vergleich zum Durchschnitt wesentlich jünger, mit einem Anteil der 25- bis 44-Jährigen von 75 Prozent. Zudem zeichnen sie sich durch einen größeren Anteil mit hohem Bildungsniveau aus.

Die ITB Berlin wird in Kürze weitere Informationen zu spezifischen Themen im Rahmen der Daten des World Travel Monitors® von IPK International veröffentlichen. Darüber hinaus werden bis Ende des Jahres valide Ergebnisse der Reisetrends 2018 präsentiert.

Die finalen Erkenntnisse des World Travel Monitor® für das gesamte Jahr 2018 sowie die Prognosen für 2019 wird Rolf Freitag, CEO von IPK International, beim ITB Future Day während des ITB Berlin Kongress vorstellen. Der World Travel Monitor® basiert auf repräsentativen Interviews mit mehr als 500.000 Menschen in über 60 Reisemärkten weltweit und wird bereits seit mehr als 20 Jahren durchgeführt. Er gilt als größte kontinuierliche Studie zu globalen Reise-Trends.

 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Während der Corona-Jahre zog es viele Urlauber auf Bauernhöfe. Nun sinkt die Nachfrage wieder - sie ist ungefähr auf das Vor-Corona-Niveau zurückgegangen Doch die Anbieter stehen noch vor weiteren Herausforderungen.

Vor zwei Jahren waren Teile des Elbsandsteingebirges von einem verheerenden Waldbrand betroffen. Auch der Tourismus litt darunter. Nun rechnet man mit einem guten Sommer.

Booking.com hat eine Umfrage unter deutschen EM-Interessierten durchführen lassen, um Einblicke in die Auswirkungen des diesjährigen Turniers auf die Reisebranche und den Tourismus in Deutschland zu gewähren.

Nicht nur die Fluggesellschaften setzen zum Höhenflug an, auch für den Tourismus lacht trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und zunehmenden geopolitischen Spannungen die Sonne. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse des Kreditversicherers Allianz Trade.

Die Insolvenz des Reiseveranstalters FTI sorgt bei den verbliebenen Veranstaltern für steigende Buchungszahlen. Nach dem Marktführer Tui berichten nun auch DER Touristik und Alltours über deutliche Zuwächse.

Immer öfter protestieren Spanier gegen die Auswüchse des Massentourismus. In Barcelona überraschten sie Urlauber nun mit einer allerdings unerbetenen Abkühlung.

Mehrere Gegner des Kreuzfahrttourismus haben mit ihren Kajaks zwei Kreuzfahrtschiffe am Kieler Ostseekai blockiert und das Auslaufen der «Aidabella» um rund zwei Stunden verzögert. Dazu fuhren sie vor dem Bug der Schiffe herum. 

Die nordrhein-westfälischen Tourismusregionen erwarten in den Sommerferien viele Urlauber - hoffen aber auf schöneres Wetter. «Die Buchungslage ist gut, aber es könnte noch ein bisschen besser sein», sagte Rouven Soyka, Sprecher von Sauerland-Tourismus.

«Overtourism» wie auf Mallorca gibt es in Mecklenburg-Vorpommern eher nicht. Aber der Nordosten hat in Deutschland die höchste Tourismusintensität - und es gibt durchaus Kapazitätsgrenzen.

Viele Arbeitnehmer in Deutschland schaffen es nicht, im Urlaub richtig abzuschalten. Nach eigener Einschätzung kehren 24 Prozent wenig ausgeruht aus dem Haupturlaub zurück. Zudem endet der Urlaub bei vielen auch früher als geplant.