Eigentlich findet Surachat Chanprasit Affen ja ganz süß. Sie seien den Menschen sehr ähnlich und extrem schlau, neugierig und frech, sagt der Thailänder aus der berühmten Affenstadt Lop Buri rund zwei Autostunden nördlich von Bangkok. Aber wenn es um das Pingya Shopping Center geht, dessen Vize-Geschäftsführer er ist, hört die Zuneigung auf. Denn regelmäßig richten ganze Trupps von Langschwanzmakaken dort Chaos und Verwüstung an. Anders als Touristen, die zunächst fasziniert von den überall in der Stadt herumturnenden Primaten sind, haben die meisten Einwohner die Affen gründlich satt.
«Sie fallen über das Dach oder Schwachstellen in der Wand ein», erzählte Surachat der Deutschen Presse-Agentur. «Und wenn sie erst im Einkaufszentrum sind, zerstören sie unsere Waren und unsere Elektrogeräte, was zu massiven Schäden am Inventar führt.» Auch verursachten die Primaten-Gangs immer wieder Kurzschlüsse, weil sie sich auf dem Dach am Hochspannungstransformator zu schaffen machten. Als wäre das noch nicht genug, demolieren die Tiere regelmäßig das Eingangsschild: «Jedes Mal, wenn wir es gerade repariert haben, reißen sie es wieder ab», klagt Surachat.
Da die zunehmend aggressiv vorgehenden Javaneraffen, wie die Tiere auch heißen, zudem Autos und Motorräder der Kunden und Kundinnen beschädigten und diesen auch oft die gerade gekauften Waren entrissen, kämen immer weniger Leute in die Shopping-Mall. Auch Ladenbesitzer und Investoren zögen mittlerweile genervt ab.
Affen räkeln sich im Tempel
Für Lop Buri ist seine Affenpopulation gleichzeitig Segen und Fluch. Einerseits locken die Tiere, die sich in der ganzen Stadt an Strommasten entlanghangeln und im bekannten Affentempel Phra Prang Sam Yot fotogen vor den Khmer-Ruinen räkeln, Besucher aus aller Welt an. Andererseits rauben sie den Bürgern mit ihrer Angriffslust und Zerstörungswut den letzten Nerv. Da es im März verstärkt zu Auseinandersetzungen zwischen Mensch und Makake kam, bei denen es auch Verletzte gab, suchen die Behörden nun eine längerfristige Lösung, die alle Seiten zufriedenstellt.
So hatte sich eine Frau jüngst das Knie verrenkt, als ein Makake sie zu Boden riss. In einem anderen Fall war ein hungriger Affe auf den Motorroller eines Mannes gesprungen, der mit Einkaufstüten am Lenker in der Nähe des Affentempels unterwegs war. Der Fahrer stürzte und verletzte sich am Fuß, während weitere Tiere herbeieilten, um sich an den Tüten zu bedienen.
Polizeieinheit mit Schleudern
«Ich will nicht, dass Menschen Affen verletzen müssen, und ich will nicht, dass Affen Menschen verletzen müssen», brachte es Athapol Charoenshunsa, Generaldirektor der thailändischen Behörde für Nationalparks, Wildtier- und Pflanzenschutz, kürzlich vor Journalisten auf den Punkt. Eine Ende März entsandte eigene Polizeieinheit, die mit Schleudern ausgestattet wurde, um die Primaten im Zaum zu halten, konnte bislang nur mäßige Erfolge vorweisen. «Die konnten nichts ausrichten, und solche Schleudern sind auch nicht effektiv angesichts der Masse an Makaken», sagt Surachat.
Die Beamten waren beauftragt worden, einige besonders dreiste Affen-Anführer einzufangen. Ein paar Dutzend Exemplare gingen ihnen auch ins Netz beziehungsweise den Käfig und sollten in andere Provinzen oder in Zoos gebracht werden - aber auch dies war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Im vergangenen Jahr wurden allein im Stadtgebiet mehr als 2200 Tiere gezählt - bei einer Einwohnerzahl von weniger als 60 000 Menschen. In der gesamten Provinz waren es rund 5700 Makaken.
Als vor wenigen Wochen Ministerpräsident Srettha Thavisin Lop Buri besuchte, sahen einige Bürger die Chance gekommen, ihn persönlich um Hilfe bei der Lösung des Problems zu bitten. «Tatsächlich sind Affen ein einzigartiges Symbol von Lop Buri. Aber auch die öffentliche Sicherheit ist wichtig», bemerkte der Regierungschef und versprach, sich mit dem Thema zu befassen.
Javaneraffen sind in Thailand geschützt
Aber der Lage Herr zu werden, ist nicht so leicht. Denn da die Affen jahrelang von Touristen gefüttert wurden, assoziieren sie Menschen automatisch mit Lebensmitteln. Zudem sind die fast ausschließlich in Südostasien lebenden Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis), die auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als «stark gefährdet» geführt werden, in Thailand geschützt. In Bangladesch sind die Tiere bereits ausgestorben, ob es in Laos noch Exemplare gibt, ist nicht sicher. Unter anderem sind sie heute noch in Kambodscha, Indonesien, Malaysia, Vietnam und auf den Philippinen zu finden.
Einige Anwohner wie auch Surachat Chanprasit fordern, die Affen in Thailand von der Liste der geschützten Tiere zu streichen. «Denn ohne Genehmigung der zuständigen staatlichen Wildtierbehörde darf die Provinz nichts gegen die Tiere unternehmen», sagt er. Die Makaken einzufangen oder an andere Orte zu verlegen, sei ohne Einwilligung aus Bangkok illegal. Viele Tierschützer versuchten zudem, die Affen vor jeglichem Eingriff zu bewahren, ignorierten dabei aber die Probleme der Anwohner.
Der jüngste Plan aus Bangkok sieht vor, einen Großteil der Langschwanzmakaken in große Gehege umzusiedeln. Nur eine kleinere Gruppe soll in der Stadt verbleiben. Die Gehege müssten aber ausreichend groß sein, damit die Tiere dort gut leben könnten, ohne Stress zu empfinden, berichtete die Zeitung «The Nation». Und solche Areale müssen zunächst ausfindig gemacht und entsprechend umgebaut werden.
In der Zwischenzeit soll ein Makaken-Kontrollzentrum in der Stadt eingerichtet werden, wie Umweltminister Phatcharavat Wongsuwan kürzlich bekannt gab. Dort sollen die meisten Affen vor ihrem Umzug sterilisiert werden. Aber bis es so weit ist, sind in Lop Buri weiter die Affen los - sehr zur Freude der meisten Touristen. (dpa)