In sechs deutschen Großstädten ist der Fahrdienstvermittler Uber bereits unterwegs - jetzt wagt er sich zum ersten Mal auch aufs Land: In fünf Kleinstädten östlich von München bietet der US-Konzern nun Fahrten zum Festpreis von 5 Euro an, auch in den Nachbarort. Und nachts fahre Uber für 15 Euro nach München oder zurück, kündigte Deutschlandchef Christoph Weigler am Montag in Kirchheim an.
Nur ein «Feigenblatt-Test fürs Image», wie der Bundesverband Taxi kritisiert? Nein, sagte Weigler. Es sei vielmehr ein Test für ein neues Geschäftsfeld außerhalb der Metropolen: «Mit dem Pilotprojekt wollen wir verstehen, wie ein On-Demand-Fahrservice auch in weniger dicht besiedelten Regionen (...) funktionieren kann.» Damit die Bürger das Angebot ausprobieren, gibt's Schnäppchenpreise: «Zum Start investieren wir dafür quasi in Marktforschung», sagt der Manager. «Wie eine wirtschaftliche Kalkulation im Regelbetrieb aussehen könnte, wollen wir bei dem Projekt lernen.»
Weltweit ist der Fahrdienst in gut 700 Städten aktiv. «Das Kirchheim-Projekt hat auch für Uber absoluten Modell-Charakter», sagt Weigler. Der Test soll drei Monate laufen, neben Kirchheim und Poing nehmen auch die Gemeinden Aschheim, Pliening und Feldkirchen teil. Öffentliche Zuschüsse gebe es nicht, sagt ein Unternehmenssprecher.
Modellprojekte im Harz und im Bayerischen Wald zeigen, was die Krux mit den Land-Fahrdiensten sein kann. «Im Prinzip hat hier jeder sein Auto vor der Tür», sagt Markus Linkenheil, im niederbayerischen Freyung für den Klimaschutz zuständig. Seit gut einem Jahr ist ein Kleinbus auf Abruf in der 7000-Einwohner-Stadt unterwegs. Per App gibt der Kunde sein Ziel ein, der «Freyfahrt»-Bus holt ihn ab und fährt hin, für 2,90 Euro, auch bis Ahornöd oder Hinterschmiding. «Wir haben etwa 40 Personen, die das regelmäßig buchen», sagt Linkenheil. Kein Geschäft: Ohne Förderung läge das «Defizit im Bereich von 10 000 Euro pro Monat».
Im Gegensatz zum Uber-Auto sammelt der «Freyfahrt»-Bus unterwegs gelegentlich weitere Fahrgäste mit gleicher Zielrichtung ein - Pooling heißt das. Pooling senkt die Betriebskosten, kann aber neue Probleme schaffen, wie Michael Patscheke, Nahverkehrsexperte am Max-Planck-Institut für Dynamik in Göttingen, erklärt. Der On-Demand-«Ecobus» im Harz hat Fahrgäste wegen der Umwege auch mal zu spät zum Bahnhof gebracht. Oder 45 Minuten zu früh.
Anders als Uber oder der «Freyfahrt»-Bus sei der «Ecobus» als Bestandteil des ÖPNV-Netzes angelegt worden, «für die letzte Meile» zur Haustür oder umgekehrt von der Haustür zur Haltestation. Mit Pooling den Bus oder Zug zu erreichen «just in time, das ist die große Kunst», sagt Patscheke. «Und das haben wir jetzt in Leipzig erstmals am Start.»
In Leipzig arbeiten die Max-Planck-Forscher mit den Verkehrsbetrieben (LVB) zusammen. Im Norden der sächsischen Großstadt, wo der Stadtbus nur im Stundentakt fährt, bringen «Flexa»-Kleinbusse die Kunden seit Oktober auf Abruf zur gerade günstigsten Bus-,Tram- oder Bahn-Haltestelle, je nach Fahrplan. Das LVB-Ticket reicht.
Kann man damit auch Geld verdienen? «Nein», sagt Patscheke. «Dass das ein profitables Geschäftsmodell wird, würde ich ausschließen. Schon gar nicht auf dem platten Land.» Zumal Pooling bis heute verboten und nur mit Sondergenehmigung möglich ist.
Allerdings erwägt die Bundesregierung gerade, das Gesetz zu ändern. Und wenn Autos in 15 Jahren fahrerlos unterwegs sind, schaut eh alles ganz anders aus: «Dann kann man damit reich werden», sagt der Max-Planck-Experte. Uber plant bereits weitere Tests auf dem Land.
Uber startet im Großraum Stuttgart und macht Taxis Konkurrenz
Der Fahrdienstvermittler Uber bietet seine Dienste ab sofort auch in Stuttgart und der Umgebung an und macht den Taxis damit mächtig Konkurrenz. Seit Mittwoch könnten Nutzer in der Landeshauptstadt und in umliegenden Landkreisen über die Uber-App Fahrten mit einem professionellen Fahrer buchen, teilte der US-Konzern mit. Neben Stuttgart würden auch Pforzheim sowie die Landkreise Rems-Murr, Calw, Ludwigsburg, Tübingen, Esslingen, Böblingen und der Enzkreis bedient, hieß es. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte, Uber biete «eine günstige Ergänzung» des Mobilitätsangebots.
Leidtragende könnten Taxiunternehmer sein, die unter Umständen mit sinkenden Umsätzen rechnen müssen. Mit dieser Gefahr müsse man umgehen, kommentierte der Vorstand des Stuttgarter Taxiverbands, Iordanis Georgiadis. Generell begrüße das Taxigewerbe «jeden Mitbewerber, wenn er sich an die Regeln hält». In Deutschland ist Uber seit langem mit der Taxi-Branche im Clinch. Das US-Unternehmen hatte bei seiner internationalen Expansion zunächst Regeln missachtet und sich mit der Taxi-Branche und den Behörden angelegt.
Georgiadis wehrt sich gegen den Vorwurf, Uber biete meist günstigere Preise als Taxis an. Uber sei allenfalls in Zeiten mit geringer Nachfrage preiswerter, im Schnitt aber nicht. Das gelte besonders für die Zeiten zwischen 8.00 und 12.00 sowie zwischen 16.00 und 20.00 Uhr, darüber hinaus auch freitags und samstags zu später Stunde.
Hoffmeister-Kraut betonte, bei einer geplanten Modernisierung des Personenbeförderungsrechts müsse sichergestellt werden, «dass die Balance zwischen den Interessen des Taxigewerbes und neuen Anbietern von innovativen Mobilitätsdienstleistungen gewahrt» werde.
Der Großraum Stuttgart ist neben Berlin, München, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Köln und Hamburg das siebte Gebiet in Deutschland, in dem Uber seine Dienstleistungen fest anbietet. Abseits dessen hat das Unternehmen Anfang November auch ein Pilotprojekt im ländlichen Raum in mehreren Kleinstädten östlich von München gestartet.
Bucht ein Kunde den Dienst UberX, wird er den Angaben des Konzerns zufolge von Fahrern transportiert, die für Mietwagenfirmen arbeiten und über einen Personenbeförderungsschein verfügen. Gebucht wird vor Fahrtbeginn zu einem Festpreis. Vor Fahrtantritt sieht der Kunde das Profil des Fahrers, dessen Bewertung und das Kennzeichen des Wagens in der App. Bezahlt wird bargeldlos mit Kreditkarte oder Paypal. Mit der Option Uber Green vermittelt der Konzern auch vollelektrische Fahrzeuge. Zusätzlich zu den Diensten UberX und Uber Green wird in Stuttgart auch die Option UberTaxi angeboten - dabei wird die Fahrt an ein klassisches Taxi zum regulären Taxitarif vermittelt.
Laut einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Köln aus dem Juli darf die Firma ihre App inzwischen eigentlich nicht mehr zur Mietwagenvermittlung in Deutschland einsetzen. Die Umsetzung des Dienstes UberX verstoße gegen das Personenbeförderungsgesetz, heißt es in dem Gerichtsbeschluss, der nach Uber-Angaben aber noch immer nicht zugestellt ist. Das Verbot gilt erst ab der Zustellung. Warum sich die Zustellung so lange verzögert, ist unklar.
In einem anderen Fall, in dem es ebenfalls um die Uber-App geht, will das Landgericht Frankfurt/Main am 19. Dezember eine Entscheidung verkünden. Hier will die Servicegesellschaft für Taxizentralen, Taxi Deutschland, die App gerichtlich verbieten lassen, weil Uber ein reguläres Unternehmen sei, das zum Geschäftsbetrieb mit einer App über eine reguläre Konzession verfügen müsse. Eine solche Genehmigung hat Uber zurzeit nicht. Uber-Vertreter äußerten vor Gericht, man vermittle ausschließlich selbstständig tätige Fahrer mit ihren Fahrzeugen und benötige deshalb keine Konzession.