«Vollkasko fürs Budget» - Urlauber wollen im Reisesommer 2023 Planungssicherheit

| Tourismus Tourismus

Tourismus und Luftverkehr haben die Corona-Krise weitgehend hinter sich gelassen. Bislang scheint auch die Inflation die Reiselust der Menschen nicht zu bremsen. Trends und Ansprüche verschieben sich allerdings.

Die Reisebranche geht trotz Inflation und Konjunkturschwäche optimistisch ins Tourismusjahr 2022/2023. Der Deutsche Tourismusverband spricht von guten Gründen für Zuversicht. Reiseveranstalter sehen sich auf dem Weg, das Niveau der Vor-Corona-Zeit zu übertreffen. Gefragt ist bei Sonnenhungrigen all-inclusive. «Der Trend geht zu Vollkasko fürs Budget», berichtet Tui-Deutschland-Chef Stefan Baumert. Die Zeiten für Schnäppchenjäger dürften dagegen härter werden. Auch bei selbstgebuchten Flügen könnten Billigangebote für längere Zeit der Vergangenheit angehören.

«Wenn nach Abzug der gestiegenen Lebenshaltungskosten noch Geld im Portemonnaie ist, werden die Deutschen auch im kommenden Jahr reisen», zeigt sich Norbert Fiebig, Präsident des Reiseverbandes DRV, zuversichtlich. «Aber sie werden voraussichtlich verstärkt preissensibel agieren und ihre Reiseziele entsprechend auswählen.»

Fiebig rechnet mit insgesamt vergleichsweise moderaten Preissteigerung. «Der starke Wettbewerb unter den Reiseveranstaltern und den Zielgebieten wird auch weiterhin dafür sorgen, dass es viele preisattraktive Angebote geben wird.» Reiseveranstalter profitieren auch davon, dass sie Hotel- und Flugkapazitäten mit deutlichem zeitlichen Vorlauf einkaufen, also zu teilweise günstigeren Preisen.

Nachträgliche Preiserhöhungen für gebuchte Reisen schließen Veranstalter in der Regel aus. «Die Menschen wollen Planungssicherheit. Deshalb erlebt die Pauschalreise derzeit auch eine Renaissance», sagt Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik. Er ist zuversichtlich, dass Dertour und die Marken ITS und Meiers Weltreisen das Umsatzniveau vor der Corona-Krise im Reisejahr 2022/2023 deutlich überschreiten. Die FTI Group erreichte bei den Buchungen nach eigenen Angaben Mitte Dezember fast das Umsatzniveau des Vergleichszeitraumes vor Corona. Der Spezialanbieter Chamäleon Reisen legt wegen starker Nachfrage teilweise Zusatztermine auf.

Schnäppchenjäger dürften es schwerer haben. «Das Last-Minute-Angebot der Airlines an uns ist geringer geworden», berichtet Burmester. «Heute ist es aus meiner Sicht günstiger, Frühbucherrabatte mitzunehmen, statt auf Last Minute zu setzen.» Viele Veranstalter werben mit Frühbucherrabatten und Flextarifen, die gegen eine Gebühr die kostenfreie Umbuchung oder Stornierung bis etwa zwei Wochen vor der Abreise ermöglichen.

Nach Erfahrungen von Branchenprimus Tui Deutschland sind All-Inclusive-Angebote für den Sommerurlaub gefragt wie nie. Ein Grund sei die wirtschaftliche Lage. Wer fürs Essen und Getränke nicht extra zahlen muss, hat mehr Kontrolle über die Kosten.

Ein weiterer Trend in Zeiten gestiegener Teuerung: Urlauber dürften zunächst kurzfristig buchen, «weil sei erst einmal abwarten, wie sich Inflation und Energiekosten finanziell auswirken», sagt der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz. Er sieht dennoch gute Gründe für Optimismus, nachdem die Übernachtungszahlen zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen zuletzt das Vor-Corona-Niveau nahezu erreichten.

Fluggesellschaften verdienen wieder Geld

Bei selbstgebuchten Flügen dürften Billigangebote vorerst vorbei sein, wie unter anderem eine Untersuchung der Kreditkartengesellschaft American Express zeigt. Vor allem in Asien und Australien sehen die Geschäftsreise-Experten hohe Preissteigerungen, die sich aus fehlenden Kapazitäten, steigenden Kosten für Personal und Kerosin sowie Wechselkursschwankungen ergeben könnten.

Ein Grund für vergleichsweise hohe Ticketpreise in Mitteleuropa ist die starke Position des Lufthansa-Konzerns in seinen Kernmärkten. Preisbrecher wie die irische Ryanair, die bereits im vergangenen Jahr wieder mehr Passagiere als vor der Pandemie flog, weiten ihr Angebot lieber in anderen europäischen Märkten aus. Schon 2022 ist der deutsche Luftverkehrsmarkt langsamer gewachsen als fast überall in Europa. Nach Einschätzung des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft wird das auch 2023 so bleiben.

Gerade im Verkehr von und nach Nordamerika können die Lufthansa und andere Gesellschaften gerade Höchstpreise verlangen, denn für US-Bürger sind Flüge nach Europa wegen des stärkeren Dollars derzeit Schnäppchen. Flugzeuge und Piloten sind dabei knapp, was das Angebot kleinhält.

Der Branchenverband Iata erwartet für die europäischen Fluggesellschaften im Jahr 2023 Passagierzahlen von knapp 90 Prozent des Vorkrisenniveaus. Nach einem Branchenverlust von rund 3,1 Milliarden Dollar in diesem Jahr soll es im kommenden mit einem Plus von 621 Millionen Dollar zurück in die Gewinnzone gehen.

Da bereits im vergangenen Sommer das System mächtig knirschte, ist auch im kommenden Jahr mit Problemen bei der Abfertigung der Passagiere und ihres Gepäcks sowie im Flugbetrieb zu rechnen. Die Airlines sehen insbesondere bei der Flugsicherung Potenzial für Verbesserungen, wenngleich der Luftraum über Europa wegen des Ukraine-Kriegs eingeschränkt bleiben wird. Auch die Flughäfen hatten große Probleme, ihre Mannschaften wieder aufzufüllen, die sie während der Pandemie ausgedünnt hatten.

Der Lufthansa-Konzern erwartet mit seinem starken Wartungs- und Frachtgeschäft bereits in diesem Jahr einen operativen Gewinn von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Da auch die großen Konkurrenten Air France-KLM und die British-Airways-Mutter IAG wieder gute Geschäfte machen, hat die Übernahmejagd auf kleinere Unternehmen eingesetzt. Beispiele sind die portugiesische Tap und die Alitalia-Nachfolgerin Ita.

Weiterführende Links:


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Trevi-Brunnen in Rom ist ständig überfüllt. Die Stadt erwägt nun eine Eintrittsgebühr für Touristen, um den Massentourismus einzudämmen. Wann sie kommen könnte, ist noch unklar.

alltours verzeichnet für den kommenden Winter einen Buchungsanstieg von 50 Prozent für Ziele in der Karibik, in Asien und im Indischen Ozean. Besonders beliebt sind Thailand, die Malediven, die Seychellen, Mauritius, Mexiko, Kuba und die Dominikanische Republik.

Durchsetzen konnte er sich gegen namhafte US-Konkurrenten: Der Europa-Park in Rust darf sich wieder über den Titel «bester Freizeitpark der Welt» freuen. Es ist nicht die einzige Auszeichnung.

Sommer, Sonne Urlaub: Für manch einen ging es da auch aus anderen Bundesländern oder dem Ausland nach Hessen. Einige Kommunen zeigen sich zufrieden mit den bisherigen Besucherzahlen für die warme Jahreszeit. Die Stimmung in der Branche bleibt aber angespannt. 

Der Sommer geht zu Ende und damit die Urlaubs-Hauptsaison. Doch der Altweiber-Sommer und der Herbst stehen schon an, und Mecklenburg-Vorpommern wirbt für eine «Rauszeit» im Nordosten.

Schweden schafft die Luftverkehrsteuer ab und stärkt damit die Reise- und Luftverkehrswirtschaft. Für den Deutschen Reiseverband​​​​​​​ geht das Land den richtigen Weg. In Deutschland dagegen wurde die Abgabe erst kürzlich angehoben.

Sonne, Sand und Meer - Italiens Strände sind eine Goldgrube für die Betreiber von Strandbädern. Dort soll jetzt aber der raue Wind des Wettbewerbs blasen.

Eine Analyse von 252 Urlaubsbeschwerden in Österreich zeigt, dass auch dieser Reise-Sommer oft wenig erholsam verlaufen ist. Viele Urlauber kannten zudem den Unterschied zwischen einer Pauschalreise und einer gebuchten Einzelleistung nicht.

Reisende aus den USA besuchen im Durchschnitt 277 verschiedene Webseiten, bevor sie eine Reise buchen. Das ist laut Daten von Expedia mehr als siebenmal so viel wie 2013, als Reisende vor der Buchung 38 Webseiten besuchten. 

Um den Ansturm auf das Matterhorn besser in den Griff zu bekommen, denkt der Walliser Tourismusort Zermatt über eine Eintrittsgebühr von 12,70 Euro nach. Nach Informationen von SRF wird die Erhebung einer solchen Abgabe derzeit rechtlich abgeklärt.