Wodka, Kartoffeln, Jogginganzüge? Vilnius-Kampagne spielt mit Stereotypen

| Tourismus Tourismus

Beliebte Urlaubsziele wie Paris, New York oder Rom ziehen das ganze Jahr über Massen von Touristen an. Manchmal weicht die Realität von den Erwartungen ab – einige Reiseziele sind für Reisende eine Enttäuschung, wobei überteuerte Unterhaltungsangebote, Gefahren für Touristen und eine materialistische Atmosphäre die Hauptursachen für einen unbefriedigenden Besuch sind. Aber was passiert, wenn die Erwartungen der Touristen bereits niedrig sind?

Genau das will Vilnius, die Hauptstadt Litauens, mit der neuen Kampagne „Expectations vs. Reality“ korrigieren. Die Stadt macht sich über die Stereotypen lustig, die ausländische Touristen häufig über Osteuropa haben, und hat einen Werbespot erstellt, der die Realität von Vilnius zeigt.

Osteuropäische Stereotypen halten sich hartnäckig

Eine kürzlich durchgeführte Umfrage hat gezeigt, dass sich Briten und Deutsche gerade erst mit Vilnius vertraut machen: 43 Prozent der Briten und 62 Prozent der Deutschen kennen die Stadt und wissen mehr als ihren Namen. Allerdings haben nur 9 Prozent der Briten und 8 Prozent der Deutschen ein tieferes Verständnis für die litauische Hauptstadt. Sowohl die Hauptstadt als auch das gesamte Land sind von Stereotypen betroffen, die aus der Zeit des Kalten Krieges stammen und die Region Mittel- und Osteuropa betreffen, die sich von der Sowjetunion gelöst hat. Eine andere Umfrage ergab, dass 10 Prozent der Einwohner des Vereinigten Königreichs und Deutschlands glauben, Litauen sei stark mit Russland assoziiert, und für 8 Prozent der Briten und 7 Prozent der Deutschen ist das Wort „Litauen“ ein Synonym für Osteuropa.

Erwartungen wie diese werden im Allgemeinen durch die Popkultur, Filme und die Darstellung osteuropäischer Einwanderer in den Medien geprägt. Viele negative Stereotypen von Vilnius und Litauen decken sich mit denen von Osteuropa im Allgemeinen. So wurde die Tschechische Republik kürzlich vom Wall Street Journal als „kleiner ehemaliger sowjetischer Satellitenstaat“ bezeichnet, obwohl das Land seit 30 Jahren ein demokratischer Staat, ein wichtiger NATO-Verbündeter und ein Unterstützer der Ukraine ist. Und leider spielen auch viele Nutzer auf Social Media Plattformen mit den Stereotypen, wie dieser Teil Europas angeblich aussieht: Wodka, Kartoffeln, grauer Himmel und graue Gebäude sowie eine unfreundliche Bevölkerung.

Die niedrigen Erwartungen der Besucher werden schnell verworfen, wenn sie sehen, wie sehr sich Litauen von dem negativen Etikett Osteuropas unterscheidet. Der World Happiness Report hat Litauen gerade zum glücklichsten Land der Welt für Menschen unter 30 Jahren gekürt. Jeder zweite Deutsche, der Vilnius bereits besucht hat, würde gerne wiederkommen.
 

Neue Kampagne soll Vorurteile ändern

Die neue Tourismuskampagne will die Meinung der Westeuropäer über Vilnius ändern. Zunächst zeigt der Werbespot die gängigsten Erwartungen ausländischer Besucher an Vilnius – Gebäude aus der Sowjetzeit, Betrunkene, die die Straßen verunstalten, Diebe und zwielichtige Marktverkäufer – während der Sprecher die Stadt auf satirische Weise als osteuropäische Perle und Paradies für Fotografen beschreibt.

Der zweite Teil des Werbespots bricht mit diesen Stereotypen – die Architektur und die Straßen sind bunt statt einfarbig grau, die gastronomischen Köstlichkeiten konkurrieren mit den besten Küchen Europas, und zahlreiche Aktivitäten in und außerhalb der Stadt ziehen Tausende von Menschen an. Auch in der Außenwerbung an den Zielorten werden spielerische Bilder verwendet. Die Bilder auf den Plakaten bieten scharfe Kontraste zwischen Erwartungen und Realität und fordern die Passanten auf, ihre Meinung über Vilnius zu ändern.

Dovilė Aleksandravičienė, Geschäftsführerin von Go Vilnius, der offiziellen Tourismus- und Wirtschaftsförderungsagentur von Vilnius, die hinter der Kampagne „Unexpectedly Amazing“ steht, sieht den Werbespot als untypisch an, da keine Tourismusagentur in einer Satire für ein Reiseziel werben würde, wenn es der Wahrheit entspreche. Das Ziel sei erreicht, wenn die Neugier potenzieller Besucher nach dem Anschauen des Spots geweckt wird und sie im Internet nach Vilnius suchen.

„Untersuchungen zeigen, dass viele, die nach Vilnius gefragt werden, die Stadt nicht oder nur sehr vage kennen. Es ist normal, dass unsere Wahrnehmung von Orten, die uns fremd sind, von Stereotypen oder Eigenschaften, die in den Medien und der Popkultur dargestellt werden, beeinflusst wird. Seien wir fair: Osteuropa ist mit vielen Stereotypen behaftet. Die Schwierigkeiten der geopolitischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts und ihre Folgen definieren für viele immer noch den gesamten Block“, sagte Aleksandravičienė. „Was viele nicht wissen, ist, dass es in den letzten 30 Jahren einen rasanten Wandel gegeben hat und viele Städte in Osteuropa nicht wiederzuerkennen sind. Wir sind keineswegs herablassend oder kritisch gegenüber denjenigen, die ihr Wissen immer noch auf irgendwo gehörte Stereotypen stützen. Wir sind stolz auf den Fortschritt, den die Region in so kurzer Zeit gemacht hat, und in unserem üblichen Tonfall lachen wir über diese Stereotypen und laden ausländische Einwohner ein, sich davon zu überzeugen, wie viel sich verändert hat.“

Der deutsche Schauspieler Jannik Schümann hat Vilnius im Rahmen der Sisi-Produktion ausgiebig erkundet und die neue Kampagne wie folgt kommentiert: „Bevor ich Vilnius zum ersten Mal besuchte, muss ich zugeben, dass ich die Stadt nicht auf dem Radar hatte. Es war keine Stadt, die mir sofort in den Sinn kam, wenn ich an europäische Reiseziele dachte. Das änderte sich jedoch, als ich zu den Dreharbeiten für "Sissi" anreiste. Vilnius hat mich schnell mit seinem Charme und seiner Schönheit in seinen Bann gezogen und alle Vorurteile, die ich vielleicht hatte, über den Haufen geworfen. Jetzt empfehle ich Vilnius jedem, den ich treffe, mit Begeisterung. Es ist wie ein verstecktes Juwel, das darauf wartet, entdeckt zu werden. Es ist erfrischend, eine Tourismuskampagne zu sehen, die sich selbst nicht zu ernst nimmt und es dennoch schafft, den einzigartigen Charme von Vilnius hervorzuheben. Sie ist klug, witzig und, was am wichtigsten ist, sie macht Vilnius auf der Landkarte bekannt.“

Die Wirklichkeit – offene und künstlerische Kosmopolis

Genau wie Litauen bietet Vilnius seinen Besuchern eine schockierende Realität mit einem pulsierenden kulturellen, gastronomischen und künstlerischen Leben, einem florierenden Startup-Ökosystem, internationalen Geschäftsaktivitäten und einer hochwertigen Ausbildung.

Als „Grüne Hauptstadt Europas 2025“ und die viertgrünste Stadt in der EU, gemäß den Daten der Europäischen Umweltagentur aus dem Jahr 2022, macht die Stadt ihren Titeln alle Ehre. Zahlreiche umweltbewusste Initiativen, wie wasserstoffbetriebene Busse, die bis 2026 auf die Straßen gebracht werden sollen, werden kontinuierlich umgesetzt, und üppiges Grün wurde in die Straßenarchitektur integriert.

In der von der UNESCO ausgezeichneten Altstadt herrscht bei Besuchern und Einwohnern gleichermaßen ein ständiges Kommen und Gehen. Die Fußgängerzonen bieten viele Möglichkeiten, gastronomische Wunder wie die berühmte kalte rosa Suppe zu probieren. Darüber hinaus haben es einige Restaurants der Stadt, wie Džiaugsmas und Nineteen18, auf die Liste der besten Restaurants der Welt geschafft. Stadtweite Veranstaltungen wie der Street Music Day am 18. Mai, das Pink Soup Fest am 1. Juni, Vilnius Pride am 8. Juni und das urbane Festival As Young As Vilnius am 25. Juli freuen sich darauf, Einheimische und Gäste zu begrüßen.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Reisen im Ruhestand kann eine wunderbare Möglichkeit sein, die Welt zu entdecken und neue Erfahrungen zu sammeln. Viele nutzen diese Zeit, traumhafte Reiseziele zu besuchen. Mit mehr Zeit und oft auch den nötigen finanziellen Mitteln stehen zahlreiche Möglichkeiten offen. Dabei ist es wichtig, Reiseziele zu wählen, die auch gut auf die Bedürfnisse älterer Reisender abgestimmt sind.

Oft sind es Urlauber, die durch einen Tritt mit der Taucherflosse oder andere unbedachte Berührungen zur Zerstörung beitragen. Das Hotel Villa Le Corail Gran Meliá hat hingegen eine Initiative ins Leben gerufen, die umweltbewussten Tourismus und Meeresschutz zu vereinen versucht.

Die Reiselust der Deutschen treibt den Reisekonzern Tui zum Ende des Sommers weiter an. Während der Konkurrent FTI in die Pleite schlitterte, verzeichnete Tui bei den Pauschalreisen sechs Prozent mehr Gäste als ein Jahr zuvor.

Das Deutschlandticket wird ab 2025 teurer. Dadurch soll das Modell langfristig gesichert werden - dafür fehlen derzeit aber noch finanzielle Zusagen des Bundes. Der Deutsche Tourismusverband blickt skeptisch auf die Erhöhung um neun Euro. Die Erhöhung um neun Euro monatlich bedeutet ein Plus um 18,3 Prozent.

Dertour hat im Zuge der Planungen für die Sommersaison 2025 erneut das Buchungs- und Reiseverhalten seiner Gäste analysiert und dabei die Sommermonate Juni bis September 2024 ausgewertet.

Wie es ist, mit den Reiseleitern von Studiosus in den schönsten Städten weltweit unterwegs zu sein, vermittelt der neue Reise-Podcast des Veranstalters. In der Episode "Dublin" plaudert beispielsweise der Moderator mit Corina Oosterveen über die Heimat von James Joyce und Guinness-Bier.

Four Seasons hebt mit der Einführung einer neuen Reiseroute als Teil des Four Seasons Private Jet Experience-Programms 2026 wieder ab. Ebenfalls im Jahr 2026 wird eine neue Version der Route World of Adventures eingeführt.

Eis und Schnee auf den Tragflächen sind ein Risiko beim Fliegen: Darum wird vorbeugend enteist, ehe die Maschine abhebt. Kommt es dadurch zu Verspätungen, können Passagiere auf Entschädigungen hoffen.

Die weltweiten Preise für Geschäftsreisen und -veranstaltungen scheinen sich nach den erheblichen  Anstiegen der letzten Jahre zu beruhigen. Eine von CWT und der Global Business Travel Association (GBTA) veröffentlichte Prognose für das Jahr 2025 zeigt, dass die Kosten zwar weiter steigen werden, sich dieser Anstieg jedoch bis 2024 und 2025 deutlich verlangsamen wird.

Wer in diesem Sommer einen Urlaub bei Dertour buchte, reiste vor allem in die Türkei, die auch bei der Tui auf Platz eins lag. Doch wer sich im Sommer 2024 für einen Urlaub in Deutschland entschied, der reiste vor allem nach Bayern. Jeder Dritte davon machte Urlaub innerhalb der Bundesrepublik.