Ergebnis zum Oktoberfestattentat: Bombenleger wollte Führerstaat

| War noch was…? War noch was…?

Fast 40 Jahre nach dem Oktoberfestattentat belegen neue Ermittlungen: Die Tat mit 13 Toten und mehr als 200 Verletzten war eindeutig rechtsextremistisch motiviert. Der Bombenleger Gundolf Köhler wollte die damalige Bundestagswahl beeinflussen - und wünschte sich einen Führerstaat nach dem Vorbild des Nationalsozialismus. Das ergaben dem Vernehmen nach umfangreiche neue Ermittlungen. Konkrete Ansätze zur Verfolgung etwaiger Hintermänner oder Komplizen wurden aber auch nach Prüfung Hunderter Spuren nicht gefunden.

Die Bundesanwaltschaft stellte am Montag die 2014 neu aufgenommenen Ermittlungen ein, wie ein Sprecher in Karlsruhe am Dienstagabend sagte. «Wir haben keine zureichenden, tatsächlichen Anhaltspunkte für die Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen an der Tat des Gundolf Köhler.» Zuvor hatten «Süddeutsche Zeitung», «Spiegel» und «Tagesspiegel» darüber berichtet.

Rechtsterroristischer Hintergrund

Anders als bei der Einstellung 1982 habe die Bundesanwaltschaft nun klar den rechtsterroristischen Hintergrund festgestellt, sagte der Münchner Opferanwalt Werner Dietrich, der die neuen Ermittlungen im Dezember 2014 mit seinem dritten Wiederaufnahmeantrag in Gang gebracht hatte. Die Anklagebehörde komme nun zu dem Schluss, dass Gundolf Köhler vor Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung seiner demokratie- und verfassungsfeindlichen Ziele nicht zurückschreckte.

Dietrich zitierte aus der Karlsruher Einstellungsverfügung über Gespräche Köhlers mit gleichgesinnten Freunden: «Köhler hat dabei nicht nur über das durch die Tat zu erreichende konkrete Ziel der politischen Einflussnahme auf die bevorstehende Bundestagswahl gesprochen, sondern darüber hinaus über einen Führerstaat und eine nationalsozialistische Diktatur, die er für wünschenswert halte.» Schon länger wurde spekuliert, dass der Anschlag Linksextremen in die Schuhe geschoben und so die Politik der sozialliberalen Koalition diskreditiert werden sollte. Bei der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 war CSU-Chef Franz Josef Strauß als Kanzlerkandidat der Union gegen Kanzler Helmut Schmidt (SPD) angetreten, der bestätigt wurde.

Eineinhalb Wochen davor, am Abend des 26. September 1980, hatten am Haupteingang zur Wiesn 1,39 Kilogramm TNT zwölf Festgäste in den Tod gerissen und mehr als 200 verletzt. Schrauben und Nägel erhöhten die Zerstörungskraft. Auch der Bombenleger Köhler starb. Der Geologie-Student war ein früherer Anhänger der dann verbotenen rechtsextremistischen «Wehrsportgruppe Hoffmann» und hatte Kontakte in weitere rechtsextreme Gruppen sowie zur NPD.

Die Akten wurden damals rasch geschlossen, das Verfahren eingestellt. Die Behörden sprachen von einem Einzeltäter, der die Tat aus rein privaten Motiven beging. Das bezweifelten Angehörige, Opfervertreter und Politiker verschiedener Parteien, sie kämpften für die Wiederaufnahme der Ermittlungen, was 2014 geschah - etwa eineinhalb Jahre nach dem Beginn des Prozesses um die rechtsextremen Morde des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU). Die Rufe nach Aufklärung waren damit noch lauter geworden.

Über tausend Vernehmungen

Seitdem gab es laut Dietrich weit über tausend Vernehmungen von Zeugen und Opfern, an die 900 Hinweise und Spuren wurden überprüft und fast 400 000 Seiten Akten durchgegangen. Am Bayerischen Landeskriminalamt, wo eine Sonderkommission ermittelte, rekonstruierten Experten mit Hilfe Hunderter Fotos den Tatort in 3D.

Die Bundesanwaltschaft habe gründlich und ergebnisoffen ermittelt und sei damit zu «dieser eindeutigen politischen Einschätzung gekommen». «Schon deshalb hat sich der jahrzehntelange Einsatz gelohnt», sagte Dietrich. Der 73-Jährige betreut bis heute 15 Opfer. Auch mit Blick auf mögliche Entschädigungen könne die eindeutige Feststellung eines rechtsterroristischen Hintergrundes möglicherweise positiv sein.

Er bedauerte, dass die Bundesanwaltschaft keine weiteren Täter oder Gehilfen dingfest machen konnte. «Die Bundesanwaltschaft hat aber festgestellt, dass die Ermittlungen ergeben haben, dass es Mittäter oder Gehilfen gegeben haben kann.». Ein Manko sei die Zeit gewesen, die seit der Tat verstrichen war. «Nach 40 Jahren können sich Zeugen nicht mehr so gut erinnern wie nach zwei Jahren.»

Zahlreiche Pannen bei Ermittlungen

1980 waren die Spuren des Attentats in Windeseile beseitigt worden - das Oktoberfest ging weiter, schon am nächsten Tag wurde wieder getrunken und gefeiert. Bei den Ermittlungen gab es zahlreiche Pannen. Zeugen wurden nicht ausreichend gehört. Ein nahe dem Explosionsort entdecktes Fragment einer Hand wurde in der Rechtsmedizin untersucht - und verschwand spurlos. 48 Zigarettenstummel aus Köhlers Auto wurden vernichtet. Heute hätten DNA-Spuren Hinweise liefern können. 504 Asservate wurden laut Dietrich vernichtet - angeblich aus Platzmangel.

Als Generalbundesanwalt Harald Range 2014 die Wiederaufnahme verkündete, war das auch ein Bekenntnis: dass nicht alles gut gelaufen war. Range sprach damals schon vom «schwersten rechtsextremistische Attentat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland». (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Häufig werden Reinigungsmittel als konzentrierte Lösungen auf Vorrat gehalten. Bei Bedarf wird dann aus Wasser und Konzentrat eine gebrauchsfertige Reinigungslösung gemischt. Dabei ist Vorsicht geboten. Wie es richtig geht, verrät die BGN.

Ein Arbeiter ist bei der Testfahrt einer Achterbahn auf dem Oktoberfestgelände in München tödlich verletzt worden. Wie die Feuerwehr mitteilte, wurde der Mann bei voller Fahrt von einer Bahn getroffen.

Unbekannte sind am frühen Freitagmorgen in ein Hotel an der Hauptstätter Straße in Stuttgart eingebrochen. Im Hotel versuchten die Täter einen Wandtresor aufzubrechen. Aus einem unverschlossenen Hotelzimmer, in dem ein Hotelgast schlief, entwendeten die Unbekannten einen Fahrzeugschlüssel.

Auf dem Glücksgefühle-Festival hat schauinsland-reisen einen neuen Weltrekord aufgestellt. Mit einem XXL-Oktopus, der über den Köpfen der Festivalbesucher schwebte, hat der Reiseveranstalter den Weltrekord für den größten Oktopus aus Luftballons zurück nach Deutschland geholt.

Am Donnerstagabend lief in Konstanz am Bodensee und in der nahen Schweiz ein Großeinsatz der Polizei. In einem Hotel war es zuvor zu einer Auseinandersetzung gekommen. Ein 18-Jähriger flüchtete anschließend mit einem E-Roller, der vermutlich eine Waffe mit sich führte.

Millionen von Gästen aus aller Welt kommen auf das Oktoberfest. Nach den Anschlägen in Solingen und München wird einmal mehr über die Sicherheit auf dem Fest diskutiert.

Der ADAC hat 40 Rastanlagen entlang deutscher Autobahnen in der Hauptreisezeit getestet. Das Ergebnis: Keine der Anlagen konnte die Note "sehr gut" erreichen. 20 Prozent wurden immerhin mit "gut" bewertet. Sechs Anlagen erhielten ein „mangelhaft“ und fielen durch.

Am 21. September heißt es in München wieder Ozapft is. Viele würden gern zum Oktoberfest kommen, aber schaffen es nicht. Für sie gibt es nun Lösungen. Mit Virtual Reality-Brillen können Wiesn-Fans bereits jetzt übers Festgelände spazieren. Eine weitere virtuelle Version startet zum Anstich.

Im Landkreis Passau hat es in derselben Nacht zwei Einbrüche in zwei Restaurants gegeben. Hinweise auf einen Zusammenhang gibt es laut Polizei nicht - doch der Schaden ist groß.

Weil er einen Küchenhelfer in einem Restaurant erschlagen hat, ist ein Kampfsportler zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der angetrunkene Helfer hatte ihn zuvor reichlich provoziert.