Genüsslich beißt Christoph Troßbach in den Döner in seiner Hand. «Schmeckt gut. Aber halt nicht jeden Tag», sagt der CDU-Stadtrat aus dem baden-württembergischen Heilbronn, wo sich eine Diskussion um eine Obergrenze für bestimmte Läden in der Innenstadt entsponnen hat.
Heilbronn hat zu viele Dönerläden, Barbershops und Nagelstudios - so sieht es zumindest die CDU. Bei einem Döner erklärt uns ein Stadtrat die Gründe - und wie er gegen das Problem vorgehen will.
Heilbronn (dpa) - Genüsslich beißt Christoph Troßbach in den Döner in seiner Hand. «Schmeckt gut. Aber halt nicht jeden Tag», sagt der Heilbronner CDU-Stadtrat. Theoretisch könnte der Rechtsanwalt in jeder Mittagspause bei einer anderen Bude essen, denn alleine in Laufweite seiner Kanzlei gibt es zahlreiche Drehspieße. «Schauen Sie: Rechts ein Döner, links ein Döner, zwei Häuser weiter auch ein Döner», sagt er und dreht sich auf einem kleinen Platz mitten in der Fußgängerzone einmal um die eigene Achse.
Aus Sicht von Troßbach und der Heilbronner CDU ist genau das ein großes Problem in der 125.000-Einwohner-Stadt nördlich von Stuttgart. «Es tut mir weh, dass das Angebot immer einseitiger wird: Immer nur Dönerläden, Barbershops, Nagelstudios oder Handyläden», sagt er.
Gemeinderat soll sich mit dem Thema befassen
Deswegen ist die Fraktion mit der Forderung nach einer Obergrenze für Dönerbuden, Nagelstudios und Barbershops in den Wahlkampf gezogen und hat einen entsprechenden Antrag auch bei der Stadtverwaltung eingereicht. Die Stadt soll nach dem Willen der CDU ein Konzept erarbeiten, um Gastronomie- und Dienstleistungsangebote steuern zu können - also Bereiche festlegen, in denen bestimmte Arten von Geschäften gar nicht mehr oder nur noch weniger angesiedelt werden dürfen. Nach den Sommerferien soll sich der Gemeinderat mit dem Thema befassen.
«Uns geht es darum, dass wir eine möglichst vielfältige Innenstadt haben, mit einem breiten Angebot», erklärt Troßbach. Zu viele gleiche Geschäfte hätten eine negative Magnetwirkung. «Wenn wir hier links und rechts und auf der anderen Straßenseite ein Döner ist, dann macht irgendwann auch der Bang&Olufsen-Anbieter zu, weil er sagt: Hier kommen keine Kunden von mir her», sagt Troßbach. Nun ist zwischen den zwei Dönerbuden, wo es früher Kopfhörer und Lautsprecher zu kaufen gab, ein Waffelgeschäft eingezogen.
Im Wahlkampf bekam die CDU für ihre Forderung scharfe Kritik, andere Parteien sprachen von Populismus oder von Wahlkampfgetöse. Christoph Troßbach hält dagegen. «So ein Vorwurf ist schnell erhoben, aber deswegen noch lange nicht begründet», sagt er. Man sei mit der Forderung nah an den Wählern gewesen. «In der Bürgerschaft war sehr häufig zu hören: Endlich sagt das jemand.»
Das Rathaus äußert sich zurückhaltend zum Vorstoß von Troßbachs CDU-Fraktion. «Die Frage, ob Obergrenzen für bestimmte Gewerbebetriebe möglich sind, ist sehr komplex und umfasst verschiedene Rechtsgebiete», teilt eine Sprecherin der Stadtverwaltung mit. Man befasse sich mit dem Antrag der CDU-Fraktion und prüfe den Sachverhalt.
Heilbronns Baubürgermeister Andreas Ringle hatte dagegen im Juni in der «Heilbronner Stimme» Bedenken geltend gemacht. «Man kann Nutzungsarten baurechtlich untersagen, man kann das aber nicht explizit und isoliert auf Dönerläden anwenden, denn ein Dönerladen ist keine Nutzungsart», sagte der Bürgermeister dem Blatt. Dönerläden seien ein Gast- und Schankbetrieb mit Straßenverkauf. Darunter fielen aber auch andere Läden, wie etwa McDonalds, ein Pizzaverkauf und Eisdielen. «Es ist also ein grober Hammer und kein feines Skalpell.»
Passant: Mehr Abwechslung in der Stadt wäre gut
Die Menschen in Heilbronn sehen den Vorstoß der CDU unterschiedlich. Ihn störe die Zahl an Dönerläden nicht übermäßig, sagt ein junger Passant in der Fußgängerzone. «Wenn die sich alle halten können, spricht da doch nichts dagegen», sagt er.
Ein anderer Passant ist da offener: «Es gibt gerade in Heilbronn schon genug Dönerläden. Ein bisschen Abwechslung würde da guttun», sagt er. Er würde auch häufiger mal in die Innenstadt zum Einkaufen kommen, wenn es mehr Angebot gäbe, etwa an Klamottenläden. «Klamotten kaufe ich meistens nur im Internet, weil hier einfach die Auswahl fehlt. Im Internet hat man einfach die zehnfache Auswahl», sagt er.
Unterstützung bekommt die Heilbronner CDU auch vom Handelsverband Baden-Württemberg. Man begrüße das Ziel, ein vielfältiges Angebot an Geschäften in der Innenstadt zu etablieren, sagt Geschäftsführer Sascha Jost. «Ein guter Mix aus verschiedenen Einzelhandelsgeschäften und hochwertiger Gastronomie macht eine Innenstadt attraktiv und zieht Menschen an.»
Ein Schlüssel dafür seien die Eigentümer der Geschäfte. «Jeder Vermieter kann selbst entscheiden, an wen er oder sie Objekte vermietet. Insofern wäre ein festgeschriebener Branchenmix zumindest in städtischen Gebäuden vermutlich kein rechtliches Problem», so Jost. Die Stadt müsse dann aber den Mut aufbringen und auch beispielsweise von Vorkaufsrechten Gebrauch machen.
Auch ein Dönerladen-Betreiber sieht das Problem
Bestehende Läden wären von der Obergrenze nicht betroffen, betont Christoph Troßbach. «Wir würden niemandem verbieten, seinen Betrieb weiterzuführen, sondern es geht nur um die Zukunft, um die künftige Ansiedlung von Gastronomien und Dienstleistungen.» Vermutlich auch deswegen bekam der Stadtrat von den Besitzerinnen und Besitzern der Dönerbuden, Nagelstudios oder Handyläden auch nicht wie von ihm erwartet heftigen Gegenwind. «Viele von denen haben gesagt: Ja, es ist zu viel. Wir brauchen eine Steuerung.»
So sieht es auch Sehmos Dogan vom Pizza-Kebap-House. Er kommt kurz hinter der Theke hervor und sagt: «Es stimmt, dass jeden Tag mehr und mehr Dönerläden und Friseure dazu kommen. Das ist übertrieben. Jemand muss Stopp sagen.» Die Stadt solle eine Grenze einziehen, etwa nur alle 500 Meter oder jeden Kilometer nur einen Laden zulassen. (dpa)