Arbeitsmarkt und Konjunktur: Volkswirte befürchten schwere Zeiten

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Volkswirte führender deutscher Finanzinstitute befürchten erhebliche und nachhaltige Auswirkungen der Corona-Krise auf Arbeitsmarkt und Konjunktur. «Ich erwarte im Mai einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosen von saisonbereinigt 180.000», sagte Katharina Utermöhl von der Allianz in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Damit wären in nur zwei Monaten 500.000 Jobs verloren gegangen. «Die gesamte positive Entwicklung der vergangenen fünf Jahre auf dem Arbeitsmarkt würde dann ausradiert», sagte Utermöhl.

«Der Arbeitsmarkt in Deutschland hat heftig auf den Ausbruch der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Lockdown reagiert», sagte Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). «Täuschen die Vorzeichen nicht, wird die Arbeitslosenquote bereits im Mai auf über sechs Prozent steigen, die Zahl von drei Millionen rückt näher. So hoch war sie zuletzt 2016.» Angesichts von zehn Millionen Menschen, für die Kurzarbeit beantragt wurde, drohe eine weitere Welle. «Springt die Konjunktur nicht rechtzeitig und kräftig genug an, wird für viele von ihnen der Weg von der Kurzarbeit direkt in die Arbeitslosigkeit führen.» Vor allem das Gastgewerbe und der Einzelhandel seien gefährdet, sagte Niklasch.

Auch die Chefvolkswirtin der Bankengruppe KfW, Fritzi Köhler-Geib, sieht Gefahren vor allem für diese Branchen. «Insbesondere die anhaltenden Einschränkungen für konsumnahe Dienstleistungen wie Gastgewerbe, Einzelhandel, Tourismus und Kultur- und Kreativwirtschaft verhindern dort oft noch ein auskömmliches Wirtschaften», betonte sie. «Je länger dies so bleibt, umso mehr Kurzarbeiter werden ihre Stellen verlieren und umso mehr Betriebe und Selbstständige werden aufgeben müssen.»

Nach Angaben von Allianz-Expertin Utermöhl ist mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen zu rechnen. Sie geht in ihrer Prognose von einem Wachstum von 10 Prozent bei den Firmenpleiten aus. Damit sei Deutschland aber - auch dank der robusten Eingriffe des Staates - noch gut bedient. Im Rest der Eurozone werde die Zahl der Insolvenzen sogar um 20 Prozent klettern.

Marc Schattenberg von der Deutschen Bank geht ebenfalls davon aus, dass Corona bleibende Schäden hinterlassen könnte. Nach seiner Prognose wird das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um neun Prozent einsacken. Das gehe mit steigender Arbeitslosigkeit einher. «Die Kurzarbeit hilft im Moment sehr stark», sagte er. Es sei jedoch zu befürchten, dass viele Soloselbstständige irgendwann aufgeben müssten. Gleichzeitig würden Betriebe bei der Einstellung vorsichtiger. «Die Zahl der offenen Stellen geht stark zurück», sagte Schattenberg.

Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg will an diesem Mittwoch (3. Juni) ihre Arbeitsmarktstatistik für den Mai bekanntgeben, erwartet werden dann auch neue Zahlen zur Kurzarbeit.

(dpa)


 

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