Erdnüsse im Flugzeug: Wie groß ist das Risiko für Allergiker?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Es ist eine Horrorvorstellung für Menschen mit Erdnussallergie: Eine schwere anaphylaktische Reaktion hoch über den Wolken. Auch viele Airlines sind sich dessen bewusst: Einige richten Pufferzonen für Betroffene ein, wenn sie von einer Allergie wissen, andere verkaufen erst gar keine Erdnüsse an Bord.

Dennoch: Eine hundertprozentige Garantie für Erdnuss-Freiheit im Flieger kann es nie geben. Deshalb sollte man das Risiko richtig einschätzen können, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Sabine Schnadt vom Deutschen Allergie- und Asthmabund im Interview.

Frau Schnadt, eine Frau soll kürzlich in einem Flugzeug das gesamte Erdnusstüten-Sortiment leergekauft haben - sie fürchtete eine allergische Reaktion schon dadurch, wenn jemand anderes eine Tüte aufmacht. Wäre so etwas möglich?

Sabine Schnadt: Grundsätzlich ist es möglich, dass über Luft übertragenes Erdnussprotein bei sehr empfindlichen allergischen Patienten eine allergische Reaktion auslösen kann.

Man muss sich das vorstellen wie bei einer Pollenallergie: Wenn man das Allergen einatmet, kann es zu typischen Symptomen führen. Die Nase läuft, es juckt und man muss niesen, manchmal können auch Hautrötungen oder Quaddeln auftreten.

Wir wissen, dass viele Patientinnen und Patienten mit Erdnussallergie Flüge scheuen, weil sie Angst vor schweren anaphylaktischen Reaktionen mit Kreislaufproblemen und Atemnot haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür - durch den Erdnussverzehr einer anderen Person, die irgendwo mit im Flieger sitzt - ist jedoch gering.

Durch das Aufreißen einer Erdnusstüte in mehreren Metern Entfernung wird also eher keine schwere allergische Reaktion ausgelöst?

Schnadt: Genau das ist der Punkt. Hier spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Es kommt zum Beispiel darauf an, wie nah man sitzt und wie viel Erdnussprotein in die Luft gerät. Es macht einen Unterschied, ob jemand direkt neben einem eine komplette Erdnussflips-Tüte umfällt oder ob jemand ein paar Reihen weiter eine kleine Tüte aufreißt.

Es gibt Messungen, wo man versucht hat, das Ganze nachzuvollziehen: Es kam heraus, dass Erdnussprotein nur in der unmittelbaren Umgebung und für sehr kurze Zeit nach dem Öffnen einer Tüte vorhanden ist.

Deshalb: Es kann, muss aber nicht zu einer allergischen Reaktion kommen. Viele Erdnussallergiker reagieren auch gar nicht auf Erdnussprotein in der Luft - und eine schwere anaphylaktische Reaktion wäre nicht zu erwarten.

Was ein Problem sein kann und man nicht unterschätzen sollte: Manche Personen entwickeln Beschwerden, wenn sie Erdnuss riechen. Das ist im strengen Sinne keine allergische Reaktion, denn Erdnussgeruch an sich enthält kein Protein, auch wenn er intensiv ist.

Die Erinnerungszellen in unserem Hirn verbinden den Geruch aber womöglich mit einer allergischen Reaktion aus der Vergangenheit. So kann etwas ausgelöst werden, das wie eine allergische Reaktion aussieht - im Grunde eine sinnvolle Schutzfunktion des Körpers um anzuzeigen: «Das ist nichts für dich.»

Wichtig ist, zu wissen: Vom Geruch wird man keine echte allergische Reaktion bekommen. In solch einer Situation sollte man also nicht in Panik geraten, denn das kann wiederum auch Symptome wie Atemnot hervorrufen.

Verschiedene Airlines führen keine Erdnüsse an Bord - und das machen sie, wenn man das so hört, aus durchaus berechtigtem Grund.

Schnadt: Teils machen Crews Durchsagen, wenn sie wissen, dass ein Allergiker an Bord ist und bitten darum, dass niemand Erdnüsse verzehrt. Es gibt auch Fluglinien, die Pufferzonen einrichten, wenn sie von einer Person mit Allergie wissen. Das heißt, in den Reihen davor und dahinter werden dann keine Erdnüsse verkauft.

Dennoch wird eine Fluggesellschaft nie eine hundertprozentige Garantie für Erdnuss-Freiheit geben können, da auch jemand Erdnüsse dabeihaben und während des Flugs essen könnte.

Wünschenswert - aus unserer Sicht - ist Rücksichtnahme und Verständnis für Allergiker in einer solchen Situation. Dennoch bedauern wir es, wenn Allergikerinnen und Allergiker denken, sie könnten nur fliegen, wenn das Vorhandensein von Erdnüssen vollständig ausgeschlossen ist. Das führt dann zu solchen Reaktionen wie von der Frau, die alle Erdnusstüten aufkauft.

Dabei ist es wichtig, das Risiko richtig einzuschätzen. Vor allem gilt es, einen versehentlichen Verzehr von Erdnuss zu vermeiden, der zu einer anaphylaktischen Reaktion führen kann. Aus dem Grund würden wir jedem Nahrungsmittelallergiker empfehlen, auf längeren Flügen eigenes Essen mitzubringen und auf das Essensangebot an Bord zu verzichten. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Betriebsrenten attraktiver machen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat. Es soll für Unternehmen Anreize schaffen, mehr Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.

Mit einem Kraftakt könnte es einem Modell zufolge bis 2035 gelingen, rund 1,5 Millionen 55- bis 70-Jährige für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. In Personalnot-Zeiten eine enorme Zahl.

Wenn Daten zu Einkommen und Krediten nahezu offen im Internet stehen, ist das eine Einladung für Kriminelle. Ein IT-Experte und der Chaos Computer Club haben womöglich Schlimmeres verhindert und Datenlecks bei Check24 und Verivox aufgedeckt. Check24 bezeichnet sich selbst auch als größtes deutsches Reiseportal, das auch Hotelzimmer vermittelt.

Bürobeschäftigte in deutschen Metropolen fahren einer Umfrage zufolge wieder öfter zur Arbeit ins Unternehmen. Angestellte in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart kamen zuletzt im Schnitt an 3,6 Tagen pro Woche ins Büro. Damit nähere sich die Büroanwesenheit dem Vor-Corona-Niveau an.

Die Digitalisierung und damit unter Umständen auch Beschleunigung im Prozess der Beantragung von Arbeitsmarktzulassungen für ausländische Beschäftigte schreitet weiter voran. Welche Neuerungen es gibt.

538 Euro - mehr dürfen Minijobberinnen und Minijobber im Monat nicht verdienen, sonst werden Sozialabgaben fällig. Es gibt aber Zahlungen, die für diese Verdienstgrenze unerheblich sind.

Im vergangenen Jahr 2023 mussten die Arbeitgeber 76,7 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung ihrer erkrankten Beschäftigten aufbringen. Damit haben sich die Kosten binnen 14 Jahren verdoppelt. Das hat das Institut der deutschen Wirtschaft errechnet.

Der DEHOGA hatte in der Vergangenheit wiederholt über unwirksame Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen von „Pseudo-Ärzten“ berichtet. Dank der Hinweise von Arbeitgebern aller Branchen sind mittlerweile weitere mutmaßliche Ärzte namentlich bekannt, die Bescheinigungen ausstellen sollen.

In Deutschland sind die Chancen für ausländische Arbeitnehmer gestiegen, dass ihre beruflichen Abschlüsse anerkannt werden. Gut zwei von drei positiv entschiedenen Anerkennungsverfahren drehen sich um medizinische Berufe.

Wer Fotos oder Videos im Internet veröffentlicht, auf denen im Hintergrund eine Fototapete zu sehen ist, verletzt damit gemeinhin keine Urheberrechte. In einem der vorliegenden Fälle wurde eine solche Tapete in einem Hotelzimmer verwendet.