Gestiegene Preise: Ist die hohe Inflation gekommen, um zu bleiben?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Das Leben in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr sprunghaft verteuert. Volkswirte rechnen im Jahresschnitt 2022 mit einer Inflationsrate von deutlich mehr als 7 Prozent, manche sogar mit 8 Prozent. Das wäre der höchste Stand in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Im Jahr 2021 hatte die Teuerungsrate bei 3,1 Prozent gelegen. Eine erste Schätzung für das vergangene Jahr und die Entwicklung im Dezember veröffentlicht das Statistische Bundesamt an diesem Dienstagnachmittag.

Was sind die wichtigsten Gründe für die gestiegene Inflation?

Vor allem die enorm gestiegenen Energiepreise nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine heizten die Teuerung 2022 an. Gas und Heizöl kosteten teilweise mehr als das Doppelte als im jeweiligen Vorjahresmonat. Die Spritpreise erreichten zeitweise nie gekannte Höhen. Das Statistische Bundesamt beobachtete im Laufe des Jahres zunehmend auch «Preisanstiege bei vielen anderen Gütern, besonders bei Nahrungsmitteln» in Europas größter Volkswirtschaft.

Wie wirkten 9-Euro-Ticket und Tankrabatt?

Die auf drei Monate befristeten Maßnahmen sorgten im Sommer 2022 für etwas Entlastung. Nach dem Auslaufen des günstigen Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr sowie der zeitweisen Steuersenkung auf Kraftstoffe zog die Inflationsrate jedoch wieder kräftig an. Die höchste Teuerungsrate des vergangenen Jahres wurde bislang im Oktober gemessen. In dem Monat stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland zum Vorjahresmonat um 10,4 Prozent.

Was unternimmt die Europäische Zentralbank gegen die hohe Inflation?

Die Euro-Währungshüter erhöhten im vergangenen Jahr erstmals seit elf Jahren wieder die Zinsen im gemeinsamen Währungsraum. Weitere Anhebungen werden 2023 erwartet. «Wir lassen nicht nach. Wir müssen eine längere Strecke gehen», sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unlängst. Erhöhungen der Leitzinsen verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft, die Inflationsrate zu senken, allerdings nicht von heute auf morgen. Zinserhöhungen hätten Wirkungsverzögerungen von 18 Monaten bis zu zwei Jahren, erläuterte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: «Deswegen muss ich an dieser Stelle noch um Geduld bitten.»

Welche Folgen haben die Energiepreisbremsen?

Mit den Preisbremsen für Strom und Gas will der deutsche Staat die Folgen der gestiegenen Kosten für Verbraucher und Unternehmen abfedern. Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Firmen sollen die Bremsen ab März gelten, für Januar und Februar ist eine rückwirkende Entlastung geplant. Nach Einschätzung von Volkswirten wird das den Anstieg der Inflation im laufenden Jahr dämpfen. Der Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), Stefan Kooths, hält die Entlastung aber für teuer erkauft: «Die niedrigere Inflationsrate (...) wird über massive Subventionen teuer erkauft, die die Energiekrise nur vordergründig mildern.»

Ist in diesem Jahr ein deutlicher Rückgang der Inflation zu erwarten?

Ökonomen machen Verbrauchern und Unternehmen trotz der staatlichen Preisbremsen wenig Hoffnung auf einen deutlichen Rückgang der Teuerung. «Im Verlauf von 2023 dürfte die monatlich gemeldete Inflationsrate zwar wieder sinken, zunächst jedoch nur graduell», erwartet die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen im Schnitt des laufenden Jahres mit Teuerungsraten zwischen gut 5 Prozent und mehr als 6 Prozent. Erst 2024 dürfte der Preisdruck nach ihrer Einschätzung deutlich nachlassen.

Wird die Inflation zusätzlich durch steigende Löhne angetrieben?

Bislang gibt es wenig Anzeichen dafür, dass stark steigende Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation die Preise zusätzlich anheizen. Nach vorläufigen Berechnungen des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erhöhten sich die Tariflöhne im Jahr 2022 zum Vorjahr um durchschnittlich 2,7 Prozent. Der Anstieg lag damit deutlich unter der Inflationsrate.

Im laufenden Jahr können Beschäftigte dem WSI zufolge angesichts der jüngsten Abschlüsse 2022 auf insgesamt deutlich höhere Tarifzuwächse hoffen. Nach Einschätzung von Bundesbank-Präsident Nagel haben die Lohnabschlüsse allerdings «erkennbar die Balance» zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gehalten, wie Nagel kürzlich dem «Stern» sagte. (dpa)

Weitere Informationen im Internet


Zurück

Vielleicht auch interessant

Pizza und Pasta sind nicht nur in Italien in aller Munde: Auch in sechs anderen europäischen Ländern liegt die italienische Küche weit vorn. Am schlechtesten bewerten viele das Essen von der Insel. Das sehen auch die Briten so.

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Die Ent­spannung nach dem Urlaub hält bei vielen Beschäftigten nicht lange an. Jeder dritte Befragte ist bereits in der ersten Arbeitswoche nach dem Urlaub wieder urlaubsreif.

Frauen waren stets unzufriedener mit dem eigenen Einkommen als Männer. Diese Lücke ist einer Studie zufolge zuletzt zumindest kleiner geworden. Abgefragt wurde auch die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit.

Tatsächlich selbstständig oder doch abhängig beschäftigt? Eine Frage, vor der viele Freiberuflerinnen und Freiberufler stehen. Aber was ist eigentlich das Problem?

Wenn Mitarbeiter oder Führungskräfte in der Öffentlichkeit über ihren Arbeitgeber lästern oder gar Geheimnisse ausplaudern, kann sie das ihren Job kosten. Denn Verschwiegenheit ist nicht nur eine Stilfrage, sondern auch ein rechtlicher Anspruch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Taylor Swift hat ihre Fans in Deutschland begeistert. Frohlocken konnten aber auch die Gastgeber an den Auftrittsorten. Eine Mastercard-Auswertungen verdeutlicht den „Swift-Effekt”.

Eine Studie zeigt: Die Vorschläge der KI-Chatbots ChatGPT und Gemin sind meist gesünder als das, was Menschen im Durchschnitt täglich zu sich nehmen. Eine professionelle Ernährungsberatung können die KI-Chatbots jedoch nicht ersetzen.

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.