Streit unter Kollegen? Führung ist gefragt!

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Wenn Kollegen gegeneinander arbeiten, hat das weitreichende Folgen: Die Produktivität sinkt, die Qualität der Arbeit leidet, Innovation findet nicht mehr statt, das Betriebsklima verschlechtert sich. Mehr noch: Kunden verlieren das Vertrauen, weil sie merken, dass die Mitarbeiter untereinander verstritten sind. Hier ist FÜHRUNG gefragt!

Es ist eine spezielle Mischung aus Veränderung und Unsicherheit, die Unternehmer und Manager derzeit am meisten umtreibt. Alle spüren, dass man dringend Wandlungsfähigkeit entwickeln muss, und dass es vor allem Innovationskraft und Zukunftsmanagement braucht. Doch das alles nützt wenig, wenn dabei die Mitarbeiter nicht mitspielen, weil sie zerstritten sind?

Der Feind an meinem Arbeitsplatz

Ein Beispiel aus der Praxis: General Manager M. übernimmt einen neuen Hotelbetrieb von seinem Vorgänger. Offenbar musste dieser das Unternehmen verlassen, weil er einfach kein „Händchen“ für Mitarbeiterführung hatte. Das Ergebnis war ein miserables Arbeitsklima und ein desaströses Betriebsergebnis. Die Mannschaft war hemmungslos zerstritten. Kein Wunder also, dass M. nach erster Bestandsanalyse und Einzelgesprächen mit seinen Abteilungsleitern zu einem verheerenden Urteil über den Teamspirit unter den Mitarbeitern kommt.

„Manchmal mag man es kaum glauben, aber es ist vielfach Realität: Vernünftige erwachsene Menschen machen sich gegenseitig das Leben schwer“, sagt er. „Die eine ärgert den anderen, der andere rächt sich an einer Dritten und ein Vierter kann sich kaum beherrschen, wenn er den Fünften nur zu Gesicht bekommt“, so sein Fazit. Gründe dafür gibt es viele: Neid, ein Konflikt, der irgendwann aus dem Ruder gelaufen ist, Konkurrenzdenken, Stress, Rache, Aggressionen, Eifersucht beim Buhlen um die Gunst des Chefs oder pure Abneigung. Dem Vorgänger von M. war das vermutlich nie aufgefallen. Oder es war ihm egal. Er wunderte sich nur, dass das Betriebsklima immer schlechter wurde und die Fluktuation rasant anstieg. Er ignorierte die Spannungen im Team und reagierte verständnislos bis verärgert. „Macht das unter Euch aus, wir sind doch hier nicht im Kindergarten“, so seine Reaktion. „Rauft Euch gefälligst zusammen!“ Gegenüber der Konzernzentrale breitete er geschickt den Mantel des Schweigens über diese Situation. Wie er als verantwortliche Führungskraft die vertrackte Situation hätte retten können, kam ihm nicht in den Sinn. Das musste schief gehen.

Der Kanarienvogel in der Kohlemine

Was früher im Bergbau als lebensrettender Warnmechanismus etabliert war - der „kleine Gelbe“ schlug an, wenn die Luft unter Tage zum Atmen knapp wurde – kennen wachsame Führungskräfte aus der Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern. Sie wissen: Menschen sind nun mal komplizierter als es die Betriebswirtschaft erlaubt. Klug ist, wer hier ein Frühwarnsystem für toxische Situationen im Team entwickelt, Augen und Ohren aufmerksam auf die Kollegen gerichtet. Ein erstes Signal ist meist, dass die Performance im Betrieb „low“ ist. Eine kluge Führungskraft erspürt, wenn „Strom unter der Tapete“ ist, nimmt Empfindsamkeiten, Spannungen oder heimliche Streitigkeiten sensibel wahr. Sie hört auf den Flurfunk und die Gespräche in der Kaffeeküche.


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


Auch General Manager M. hat diese feine Antenne und erkennt schnell, dass in seinem Team etwas schiefläuft: Gegenseitiges Anschreien, gegenseitige Schuldzuweisungen, Aufgaben ignorieren, Gerüchte über Kollegen, Machtkämpfe unter der Gürtellinie. Kurz, die Leute arbeiten gegeneinander statt miteinander. Ein toxisches Team. Bei genauerer Beobachtung stellt er fest: Da ist viel Angst im Spiel, die Sorge um die eigene Existenz, die eigene Position, den Arbeitsplatz, die eigene Identität. Andere wiederum können sich einfach nicht riechen, sind schon auf Angriff gebürstet, wenn sie den Kollegen nur sehen, geschweigen denn mit ihm zusammenarbeiten müssen. Da switcht mancher eher in den Kampfmodus als in einen offenen Austausch oder Vermittlungsversuch – oder noch schlimmer – kündigt. Da gibt es die Populisten, die gezielt intrigieren und das Instrument von Spaltung und Polarisierung einsetzen. Das vergiftet das Klima und treibt den Keil immer tiefer ins Team. Dann führt der Affekt Wut dazu, sich zu rüsten, zu eskalieren, zu wappnen. Von konstruktiver Zusammenarbeit keine Spur.

Klartext für ein toxisches Team

Eine FORSA Studie kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass das gute Verhältnis zu den Kollegen der wichtigste Einflussfaktor auf die Leistungsbereitschaft und die Produktivität der Belegschaft ist. M. weiß „Schaum vorm Mund verstellt den Blick für die Realität“. Und er weiß auch, dass er allein und niemand anderes seine Leute wieder zusammenschweißen muss – bevor er andere Veränderungen im Betrieb auf seine Agenda setzt. Sonst wird er scheitern.

Statt zu ignorieren, geht er das Thema proaktiv an: In einer Betriebsversammlung spricht er seine Wahrnehmungen über das schlechte Betriebsklima offen aus, ohne Vorwurf, ohne Einzelne zu kompromittieren – aber mit der klaren Ansage, dies ändern zu wollen. Er appelliert an die Vernunft seiner Leute und verspricht, das Miteinander positiv zu verändern, um für jeden Zufriedenheit und Arbeitsplatzsicherheit zu erreichen. „Ich wünsche mir, dass wir auf diesem gemeinsamen Weg auf niemanden im Team verzichten müssen. Dafür erwarte ich aber auch Ihre Unterstützung“, so sein Appell.

Einen Moment ist betroffene Stille im Raum.

„Das geht nicht ohne gewisse Regeln für unsere künftige Zusammenarbeit“ fährt er fort. „Mein Vorschlag: Wir setzen auf gegenseitigen Respekt und freundlichen Umgangston. Wir lassen es nicht zu, dass intrigiert wird, Kollegen verächtlich gemacht oder in den Dreck gezogen werden. Ich verbürge mich dafür, dass ich Ihnen zuhören werde, denn mich interessiert, wie Sie sich in Ihrem Job fühlen, welche Probleme Sie beschäftigen, wo ich Sie unterstützen kann. Ich setze Sie nicht künstlich unter Stress, sondern sorge dafür, dass Sie hier konzentriert etwas Sinnvolles und Forderndes tun – nach Möglichkeit gemeinsam. In Einzelgesprächen werden wir herausfinden, wie wir existierende gegenseitige Aversionen ohne Schuldzuweisungen abbauen und Ihre Ideen zur Verbesserung realisieren können. Wir führen eine konstruktive Feedback-Kultur ein, die objektiv jeden von Ihnen berücksichtigt – egal ob Sie alt oder jung, männlich oder weiblich, seit kurzem oder aber seit langer Zeit im Betrieb sind. All das wird sich lohnen, denn am Ende profitiert jeder von Ihnen von unserem gemeinsamen Erfolg. Nehmen Sie mich beim Wort!“

M. ist kein Sozialromantiker. Er weiß, dieser Veränderungsprozess braucht Zeit, es braucht viele Gespräche und - ihn als glaubwürdiges Vorbild. Er hätte seine Worte nicht so klar gewählt, wenn er sich nicht sicher wäre, dass er als Chef des Hotels seine Regeln auch täglich vorleben kann. „Der sagt, was er tun wird – und tut genau, was er gesagt hat“, charakterisieren ihn Managementkollegen, die ihn seit Jahren kennen. Was wie eine Drohung klingt, ist eher als Bewunderung und Respekt gemeint. Und tatsächlich: Nach etwa einem halben Jahr intensiver Mediationsarbeit hat M. sein Ziel erreicht: Das Arbeitsklima hat sich deutlich verbessert, die Betriebsergebnisse steigen, Krankenstand und Fluktuation sind gesunken.


Autor
Albrecht von Bonin

VON BONIN + PARTNER Personalberatung
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