Zoom und Co: Was tun gegen die Videokonferenz-Erschöpfung?

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Ob über Zoom, Skype oder Whatsapp: Nach einem Tag voller Video-Konferenzen fühlen wir uns oft erschöpft. Aber warum ermüden uns virtuelle Meetings mehr als reale Treffen? Und was können wir dagegen tun?

Sabine Appelhagen hat Antworten darauf. Sie ist Medientrainerin, Expertin für virtuelle Kommunikation und sitzt außerdem im Vorstand des Bundesverbandes für Medientraining - und erklärt, was gegen die Konferenzmüdigkeit hilft.

Frage: Warum sind Videokonferenzen oft so ermüdend?

Sabine Appelhagen: Grundsätzlich: Gut gemachte Video-Konferenzen ermüden nicht. Und mit gut gemacht meine ich: Gute Tonqualität, genügend Licht und eine Teilnehmer-Netiquette. Es gibt einfach bestimmte No-Gos. Zum Beispiel Wackelbilder, weil jemand mit seinem Mobilgerät durch die Gegend läuft. Oder das Mikrofon nicht abzuschalten, während eine andere Person spricht - genauso wie das Frühstücken während der Konferenz. Das bringt Unruhe und strengt unsere Wahrnehmungsorgane über die Maßen an.

Frage: Was passiert mit unserer Wahrnehmung in virtuellen Meetings?

Appelhagen: Unsere Wahrnehmung ist stark eingeschränkt. In Präsenz-Meetings genügt etwa ein Blick in die Runde, um die Stimmungen zu erfühlen. Gestik und Mimik geben uns ein klares Feedback, wie auch die Körperhaltung. Wie sitzt jemand da? Ist ein kleines Nicken zu erkennen, ein Augenbrauenzucken? All diese Signale geben uns Rückmeldung über die Haltung der Teilnehmenden. Gibt es Zustimmung? Ablehnung? Macht sich Müdigkeit breit?

In Video-Meetings fehlt diese Informationsebene, unsere «Stimmungsantennen» sind dadurch ständig auf der Suche nach diesen Signalen. Das kostet viel Energie.

Frage: Was können wir tun, um einer Ermüdung entgegenzuwirken?

Appelhagen: Zunächst einmal: Rücksicht nehmen - und Geld in die technische Ausstattung der Teilnehmenden investieren. Gegenlicht macht es schwer, die Mimik zu interpretieren. Wenn das Gesicht nur halb ausgeleuchtet ist oder die Teilnehmenden zu dicht vor der Kamera sitzen und ich die Gestik nicht erkennen kann, kostet das Kraft.

Bei schlechter Bild-, Ton- oder Leitungsqualität mit ständigen Aussetzern muss unser Gehirn auf Hochtouren arbeiten, um den ankommenden Bild- und Wortfetzen einen Sinn zu geben. Das bedeutet natürlich viel mehr Energieverbrauch!

Dann: Ablenkungen und äußere Einflüsse minimieren. Diese können um unsere Aufmerksamkeit konkurrieren. Deshalb, wenn möglich: Tür zu und ein «On Air»-Schild anbringen. Wenn man allerdings noch auf dem Bildschirm Dokumente öffnet, um mal schnell nebenbei noch eine Mail fertigzuschreiben, wird es natürlich schwierig und ermüdend, wieder ins Thema zu kommen.

Wichtig ist auch eine gute Meeting-Leitung, denn wir fallen uns ständig gegenseitig ins Wort. Üblicherweise erkennen wir an kleinen Gesten wie Räuspern, Aufsetzen und dem Heben der Augenbrauen, dass sich jemand zu Wort melden möchte. Das klappt in virtuellen Meetings aber nicht und es geschieht oft, dass zwei Personen gleichzeitig anfangen zu sprechen. Das strengt auf Dauer sehr an, wenn es keine klaren Meeting-Regeln gibt.

Frage: Wie könnten solche Meetingregeln aussehen?

Appelhagen: Ich empfehle, nicht zu dicht vor der Kamera zu sitzen, um auch etwas von seiner Körpersprache zu zeigen. Außerdem könnte man etwa das kleine virtuelle «Hand heben»-Zeichen verwenden und ein Diskussionsleiter notiert die Reihenfolge der Wortmeldungen.

Alternativ können auch diejenigen, die etwas zur Diskussion beitragen möchten, im Chat ein verabredetes Zeichen oder einfach ihren eigenen Namen hinterlassen, um zu signalisieren: Ich möchte jetzt etwas sagen. Ein Meetingleiter sollte eine klare Struktur vorgeben und durch die einzelnen Phasen des Meetings führen.

Frage: Und wie könnte so ein Meeting strukturiert sein?

Appelhagen: Eine Möglichkeit wäre, die Meetings in Einzelthemen und kurze Zeitblöcke zu splitten, von beispielsweise maximal 30 Minuten, und zwischen den Blöcken 10 bis 15 Minuten Pause einzubauen. Vor dem Meeting könnte man Aufgaben verteilen und verschiedene Teilnehmer unterschiedliche Themen vorbringen lassen. Oder auch das Meeting durch Gruppenarbeiten in kleinere Untergruppen auflösen und die Ergebnisse dann im Plenum besprechen.

Ein weiterer Tipp: Ab und zu ein sogenanntes Blitzlicht einbauen, in dem jeder kurz und in einem Satz seine Stimmung oder Position benennen kann. Oder eine Skalenabfrage mit einer schönen Vorlage, zum Beispiel bei der Frage nach der Stimmung: Von Blitz und Donner über wolkig zu sonnig kann hier jeder seinen Cursor in Position bringen.

Auch könnte man spielerische Elemente einbauen, wie eine virtuelle Meeting-Kasse in die Punkte eingezahlt werden, wann immer jemand gegen die Netiquette verstößt - und sobald es das nächste Treffen «in echt» gibt, wird aus der Kasse ein Fläschchen Prosecco gekauft. (dpa)


 

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