Gerstners Gedanken: Zeit für Veränderung

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Die Berliner Hospitality-Agentin Eva Miriam Gerstner teilt ihre Gedanken mit euch: über Gastronomie und Gastfreundschaft, über Corona und wie eine neue Normalität aussehen könnte. Dieses Mal geht es um ein Gefühl, dass wohl viele zurzeit überkommt: Das soll jetzt die (alte) neue Normalität sein? Ein Plädoyer für Veränderung. 

Wir alle waren so unfassbar glücklich, dass es wieder losgehen kann, waren voll motiviert. Jetzt wird alles besser, es wird alles wieder gut. Weniger als zwei Monate später ist sehr vieles sehr anders. Die erste Euphorie ist verflogen. Das Personalmangel-Desaster trifft unsere Branche noch härter als erwartet, und irgendwie fehlt im gesamten System der Rhythmus.

Alles ist anstrengender als vorher. Jede Kleinigkeit nervt gewaltig. Man hat das Gefühl, bei jedem liegen die Nerven blank. Alles dauert ewig, alles ist zäh, die Gäste nerven, das Rad ist nicht wirklich rund. Wie ein ausgebeulter Reifen, der eine Generalüberholung benötigt.

Anstelle der Euphorie ist erneut das Gefühl gerückt, einfach nur „wie auch immer“ durch zu kommen.
Weiterzumachen, durchzuhalten, auf andere, bessere Zeiten zu hoffen.

Im Lockdown mussten wir Ideen entwickeln, mussten uns anpassen und uns neu aufstellen. Unser Gehirn hat auf Überlebensmodus geschalten, und wir haben uns gesagt: „Weitermachen, nur nicht aufgeben!“ Neue und kreative Ideen haben uns durch diese Phase gebracht, irgendwie hat das auch Spaß gemacht, es war auszuhalten. Zwar nicht toll, aber ja …
irgendwann, so dachten wir, ist die Zeit vorbei und alles wird wieder „normal“.

Wir alle haben unsere Hoffnungen in den Sommer 21 gesteckt, da der Sommer 20 ja auch eine gewisse Normalität mit sich gebracht hatte. Dieser Winter hat aber dann etwas mit uns allen gemacht. Von den Gefühlsachterbahnen ganz zu schweigen, sind wir auf eine bestimmte Art und Weise langsamer geworden. Und leiser. Klar, auch irgendwie zwangsweise, zurückgezogener.

Wir hatten viel Zeit für uns und unsere engsten Mitmenschen, auch wenn das manchmal genervt hat. Wir hatten Zeit für uns, haben viel selbst gekocht, waren viel spazieren, haben Sport gemacht. Wir waren früh im Bett, haben viel gelesen, viel in Ruhe nachgedacht. Das alles brachte auch eine gewisse Trägheit mit sich. „Slowdown“ in Perfektion, oftmals gewünscht, dieses Mal unfreiwillig und unvorhergesehen.

Und plötzlich fühlt sich der neue wiedergekommene Lärm, die neu erwachte Situation, das neue Alte, ungewöhnlich und total fremd an. Für alle. Die Inhaber*innen, die Mitarbeiter*innen, die Gäste. Und das überfordert uns, es ist anstrengend, das macht uns latent unglücklich. Es fühlt sich merkwürdig an. Es stresst. Und da ist es schon wieder: das Gefühl „Überlebensmodus an!“ Einfach nur durchhalten. Es wird schon wieder.

Es gibt aber einen Punkt, an dem man sich fragen sollte, ob das wirklich so alles noch richtig ist. Ist das, was ich bzw. wir hier machen, wird das zukünftig wirklich wieder so werden, wie „vorher“? Oder war es nicht eigentlich schon „vorher“ irgendwie auch schon nicht mehr ganz so dolle? Wollen wir das alles noch so? Müssen nicht vielleicht tiefgreifende Veränderungen her? Muss vielleicht das ganze Geschäftsmodell neu überdacht werden?

Veränderung tut weh. Immer. Man will sich eigentlich gar nicht damit befassen. Und es muss uns schon so richtig richtig schlecht gehen, dass wir wirklich bereit sind, unsere Komfortzonen zu verlassen. Jeder kennt das aus dem privaten Bereich, nach unschönen Trennungen oder schweren Erkrankungen.

In dieser Zwischenphase, in der das Sprichwort gilt „zu gut um zu sterben, zu schlecht um zu leben“ ist die Angst zumeist vorherrschend. Die Angst, das System zu ändern und letztlich daran zu scheitern. Die jetzige Situation ist scheinbar kontrollierbar, und daher für uns auf den ersten Blick besser. Einfacher.

Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir lernen müssen, agil zu sein, um zu überleben. Anpassungsfähig an plötzlich auftretende Situationen. Aber Agilität ist anstrengend, erfordert Mut und die Bereitschaft zum Wandel.

Vielleicht ist es für viele von uns auch jetzt (schon) wieder an der Zeit, agil zu sein. Dinge zu ändern. Das Geschäft neu aufzustellen. Eigene, neue Ziele zu definieren.

Ein Veränderungsprozess ist immer eine längere Reise. Manchmal muss man die Route ändern, weil unvorhergesehene Hindernisse auftauchen, manchmal muss man die Reisepartner tauschen – und manchmal muss man auch wieder ein paar Schritte zurückgehen und sich nochmals neu orientieren. Letztlich ist schon der Weg das Ziel, und was am Ende dabei herauskommt ist vermutlich die bessere Version der ersten Ausgabe.

Doch wie startet man? Wie kommt man von „es muss sich etwas verändern“ hin zu „es hat sich etwas verändert“?

7 erste Schritte im Change Management

  1. Ziel formulieren
    Was muss sich verändern? Womit ist man nicht zufrieden? Wie soll es im Idealfall sein? Aufschreiben hilft. Und zwar alles.
  2. Ängste identifizieren
    Was sind meine schlimmsten Befürchtungen? Vor was habe ich am meisten Angst? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das „worst case“ tatsächlich eintritt? Was kann ich im Vorfeld gegen das „worst case“ Szenario tun?
  3. Zahlen, Daten & Fakten
    Definition der Ist-Situation. Was genau passiert, wenn ich so weitermache wie bisher? Was passiert mit mir? Mit meinem Umfeld? Mit meinem Geschäft?
  4. Schritte definieren
    Wie kann man den Prozess starten? Was sind die Schritte 1, 2 und 3?
    Wieviele Schritte benötige ich, um dem Ziel näher zu kommen?
    Was können einzelne Etappenziele sein? Gliedert den Prozess!
  5. Kommunizieren
    Erklärt eurem Umfeld, eurem Team, warum der Veränderungsprozess nötig ist.
    Seid offen und transparent. Erklärt den Zweck, den Umfang und die Strategie.
    Stimmt euch im Team ab. Redet offen über alles.
  6. Aufgaben verteilen
    Gemeinsam geht alles einfacher! Verteilt im Team die Aufgaben. Wer ist verantwortlich für was? Wer liefert wann welche Ergebnisse?
  7. Motivation hochhalten
    Ein Veränderungsprozess kann immer langwierig und anstrengend sein. Kleinere Zwischenziele und eingetretene Veränderungen sollten daher gebührend besprochen oder gar gefeiert werden. Motiviert euch und das Team! Habt Verständnis für auftretende Sorgen und Ängste, kommuniziert viel und lacht zusammen.

Mein Motto: Mut hoch! Laune hoch! Positiv denken!

Fragen, Anmerkungen oder sonst einen Kommentar? Schreibt unserer Agentin einfach eine Nachricht. Antworten sind eigentlich recht zügig zu erwarten. Eine Übersicht über den Gerstner Agent*innenalltag findet ihr hier: www.ccm3-consulting.com. Und wer Interesse an einer Zusammenarbeit hat: Das erste Orientierungsgespräch ist immer kostenfrei.

Diser Artikel erschien zuerst bei nomyblog. Tageskarte sagt danke!


 

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