Gary Weiand begutachtet die knorrigen Olivenbäume, die in einem Talgrund stehen. Die Gewächse seien gesund, sagt der gelernte Mediziner aus Freiburg. Sie stammen aus dem spanischen Süden. Weiand ließ sie Anfang des Jahrzehnts per Lastwagen ins südliche Baden holen.
Die 78 Bäume, von denen einige bis zu 200 Jahre alt sind, fügen sich harmonisch in die Terrassenlandschaft des Kaiserstuhls nordwestlich von Freiburg ein. Weinreben, eine Zypresse und die Olivenbäume sind der Rahmen für eine malerische Oase mit südlichem Flair. «Sie haben es sehr gut überstanden», resümiert Besitzer Weiand mit Blick auf die andalusischen Bäume. «Das war für mich auch überraschend. Es war kein einfacher Weg.»
Der Klimawandel macht es möglich, Oliven auch nördlich der Alpen anzubauen. Experimente gibt es unter anderem in der Kölner Region und in Österreich. Im Nachbarland zielt etwa das Start-up-Unternehmen Agro Rebels schon seit Längerem darauf ab, Olivenhaine zu pflanzen. Dafür müssen aber die richtigen Sorten gefunden werden: «Die Olive stößt in Österreich an die Grenzen dessen, was sie klimatisch aushält», sagte Gründungsmitglied Markus Fink der österreichischen Zeitung «Der Standard» zufolge.
In klassischen Anbauländern am Mittelmeer hinterlassen hingegen Dürren und Hitze ihre Spuren, wie die Stiftung Warentest unlängst offenbarte. Die durchschnittliche Qualität von Olivenöl sei im Vergleich zu früheren Untersuchungen deutlich gesunken, lautete das Fazit. Mängel seien vor allem klimagemacht.
Der Südbadener Weiand brachte viel Zeit damit zu, passende Sorten für sein Areal zu finden. «Die Sorten Arbequina und Picual halten Frost bis minus zwölf Grad aus. Wir hatten hier im vergangenen Winter bereits mehrfach Temperaturen bis minus neuneinhalb Grad», erzählt der 59-jährige. Der Mann mit dem klaren Bekenntnis zu biologischer Landwirtschaft fährt in kritischen Situationen regelmäßig zu seinem Terrain bei Ihringen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald, um nach dem Rechten zu sehen.
«Minimalinvasiv» - mit diesem Motto beschreibt der Chirurg seine Arbeit im Weinberg und im Olivenhain. In der Medizin werden mit diesem Begriff Untersuchungen und Operationen bezeichnet, bei denen nur kleine Schnitte nötig sind. Am Kaiserstuhl ist das ein behutsamer Umgang mit den Pflanzen. «Ich mache alles mit der Hand» berichtet Weiand. Im Frühjahr werden die Bäume etwas geschnitten. «Es gibt keinen Pflanzenschutz. Auch die Ernte wird von Hand gemacht, nicht mit Maschinen», lautet sein Credo.
Neben den Sorten sind bei Oliven auch der Standort und der Boden wichtig. Der Lößboden auf dem Gelände sei günstig, meint Weiand. Zudem sei der Olivenhain windgeschützt und nach Süden hin orientiert. «Oliven brauchen rund 2500
Stunde Sonne im Jahr, in Ihringen sind es rund 2600 Stunden», bilanziert er. Wasser vertragen die Bäume erstaunlich gut, wie der Olivenbauer festgestellt hat. «Damit hatte ich auch nicht gerechnet.» Seine Anlage sei in dieser Form nördlich der Alpen einmalig, meint der Arzt, der nach eigenem Bekunden als Autodidakt zum Agrarier wurde.
Nun steht die nächste Etappe bei dem Projekt an. Falls alles läuft wie geplant, soll im laufenden Jahr erstmals aus der Ernte Olivenöl gepresst werden. Wo das passieren wird, ist bislang nicht ganz klar. Vielleicht im Tessin, weil es in der Nachbarschaft keine passende Ölmühle gibt.
Mit dem flüssigen Gold vom Kaiserstuhl ist wohl zunächst kein großer Gewinn zu erzielen. Bei einem geschätzten Gesamtertrag von etwa 1000 Kilo Oliven dürfte die Ölausbeute etwa 15 Prozent ausmachen, wie Weiand schätzt. Zumindest bei Beginn des Experiments waren kommerzielle Absichten offensichtlich auch nicht ausschlaggebend: «Mich hat die Schönheitsanmutung des Olivenbaums immer fasziniert», erinnert sich Weiand. (dpa)