Brauer setzen auf Kreativität und Reinheitsgebot

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Durchschnittlich 100 Liter Bier trank jeder Deutsche dem Deutschen Brauer-Bund zufolge im vergangenen Jahr. Je nach Region und je nach Geschmack werden unterschiedliche Biermarken bevorzugt. Dabei haben alle deutschen Biere, die nach dem sogenannten Reinheitsgebot gebraut sind, eines gemeinsam: Sie bestehen lediglich aus den vier Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.

Wie daraus dann vielzählige Biersorten und Geschmäcker entstehen können, lernt man unter anderem in der Ausbildung zum Brauer und Mälzer. «Fast jeder kennt Bier, fast jeder hat es schon einmal getrunken. Aber wie viel wirklich dahintersteckt, ist mir erst in der Ausbildung bewusst geworden», sagt Anna Lautenbacher.

Die 19-Jährige hat im September 2019 ihre Ausbildung zur Brauerin und Mälzerin bei Auerbräu in Rosenheim begonnen. Schon während ihrer Schulzeit hat sie ein Praktikum bei einer Brauerei gemacht. «Es war faszinierend, die ganzen Prozesse bis zum fertigen Produkt mitzuerleben.»

Malzsäcke schleppen und Braukessel reinigen

Pro Jahr fangen knapp 400 Azubis die Ausbildung zum Brauer und Mälzer an. Rund zehn Prozent davon sind Frauen. Auch Lautenbacher entschied sich nach ihrem Fachabi dafür. «Der Anteil der Abiturienten ist gestiegen», sagt Marc Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund. Im Jahr 2018 hatte über die Hälfte der Azubis die Hochschulreife.

Formal ist der mittlere Schulabschluss nötig, vier Prozent der Auszubildenden konnten ohne Schulabschluss beginnen. «Das hängt von den Anforderungen der Brauerei ab», sagt Huhnholz. Wichtiger als das Schulzeugnis ist jedoch ein technisches und wissenschaftliches Interesse.

Technisches Verständnis, Auffassungsgabe für Verfahrensabläufe sowie ein physikalisches und chemisches Grundverständnis seien unabdingbar, sagt Bernt Horeth, Studiendirektor der Städtischen Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe in München. Die körperliche Fitness spielt ebenfalls eine Rolle: Malzsäcke schleppen und Braukessel reinigen gehören oft auch dazu, ergänzt Huhnholz.

Hand in Hand: Tradition und Digitalisierung

Die dreijährige Ausbildung findet dual statt: Die meiste Zeit verbringt Anna Lautenbacher in der Brauerei und Mälzerei, zwischendurch hat sie Blockunterricht in der Brauerberufsschule in München. Neben Deutsch, Englisch und Sozialkunde hat sie dort Fächer wie Fachtheorie und Fachrechnen, etwa um die Mengen der Rezepte bestimmen zu können. Doch auch in der Schule gibt es praktische Module: «Wir testen das Bier in den verschiedenen Stadien, um unseren Geschmacks- und Geruchssinn zu trainieren.»

Außerdem sind EDV-Kenntnisse von immer größerer Bedeutung. Denn die Maische (Malz und Wasser) oder Würze im Kessel rühren die Brauer nicht mehr per Hand um. Viele der Produktionsabläufe funktionieren mittlerweile computergesteuert, erklärt Huhnholz.

«Durch die Technik können wir die Qualität des Bieres aufrechterhalten», sagt Lautenbacher. Wenn Kunden ihr Lieblingsbier kaufen, erwarten sie immer den gleichen Geschmack. «Das können wir mit unseren Messgeräten kontrollieren.»

Gehalt: Abhängig von Größe und Standort der Brauerei

In Mälzereien wird aus dem Braugetreide Malz hergestellt, das an die Brauereien geliefert wird. Vom gelieferten Korn bis zum abgefüllten Bier braucht es ungefähr vier bis fünf Wochen. Im Mittelpunkt der Produktion steht das Sudhaus: Hier werden die Rohstoffe Malz und Hopfen, zusammen mit Wasser, von ihrer ursprünglichen festen in die flüssige Form verarbeitet.

Diese Prozesse werden fast rund um die Uhr von Mitarbeitern überwacht. Im ersten Lehrjahr übernimmt Lautenbacher jedoch keine Nachtschichten, sondern arbeitet in der Regel von 7.00 bis 16.30 Uhr mit einer Stunde Pause.

Die in Tarifverträgen geregelte Vergütung für Auszubildende fällt je nach Bundesland unterschiedlich aus. Im ersten Jahr liegt sie etwa zwischen 650 bis 880 Euro brutto pro Monat. Die ausgelernten Brauer und Mälzer erhalten etwa 2000 bis 2500 Euro im Monat.

Bananenbier? Kreativität trotz Reinheitsgebot

«Wer die Ausbildung abgeschlossen hat, hat gute Berufschancen - nicht nur in Deutschland», sagt Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund. Brauergesellen können in Mälzereien, Brauereien oder auch in anderen Bereichen der Getränkeherstellung arbeiten. «Alleine in den vergangenen fünf Jahren sind etwa 200 neue Brauereien in Deutschland entstanden.»

Zudem habe die Ausbildung in Deutschland einen guten Ruf: Brauer und Mälzer sind weltweit gefragt - man könne also mit dem Beruf problemlos Auslandserfahrungen sammeln. Die Besonderheit der deutschen Braukunst ist vor allem das Reinheitsgebot: «Gute Brauer schaffen es allein mit den Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe, dass ein Bier nach Schokolade, Kaffee oder Banane schmeckt», sagt Huhnholz.

Denn es gibt nicht nur zahlreiche Hopfen-, Malz- und Hefesorten, die es geschickt zu kombinieren gilt, auch die Beschaffenheit des Wassers spiele eine Rolle. «Manchmal kann ich es gar nicht fassen, wie viele verschiedene Geschmäcker möglich sind», sagt Anna Lautenbacher. (dpa)


 

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