Über Südafrikas Weine schwärmt Winzer Tariro Masayiti poetisch: «Wenn wir unseren Wein in Flaschen abfüllen, füllen wir einen Teil unserer Kultur ab, um sie mit anderen zu teilen.» Masayiti (52) kam Ende der Neunzigerjahre aus Simbabwe nach Südafrika, um Weinbau zu studieren, und ist seither ein Vollprofi beim Trinkgenuss.
Das verbindet ihn mit Barry Scholfield (39), der als Sommelier in den Lodges des privaten Naturschutzreservats Grootbos arbeitet. Für Amateure in Sachen südafrikanische Weine hält Scholfield den ersten Tipp beim Kauf parat, der im fernen Deutschland gleichermaßen für Vinotheken, Online-Händler und Supermärkte gilt: «Es ist nicht so wichtig, beim Etikett auf das Jahr zu schauen, denn im Gegensatz zu Europa haben wir in Südafrika konstante Ernten. Bei uns gibt es kein gutes oder schlechtes Jahr.»
Winzer Masayiti, der im Ort Stanford auf jahrelange Erfahrung als Manager einer Kellerei zurückblickt und für 2025 die Produktion des ersten eigenen Weins plant, ergänzt: «Wir haben viel Sonne und gute Winter. Die Weine entwickeln sich langsam. Das ist wie in der Küche. Je langsamer ich koche, desto besser ist das Resultat.»
Beim Sauvignon Blanc schmeckt man die Sonne im Glas
Als Eigenschaften bei den Weißweinen unterstreicht Masayiti das Miteinander der «einzigartigen tropischen Aromen» wie Lychees, Ananas, Zitrusfrüchten und Guaven.
Unter Südafrikas Rebsorten empfiehlt Masayiti zunächst den Sauvignon Blanc und urteilt: «Der ist sehr frisch, aromatisch, mineralisch und mit Kräuteraromen, gut ausbalanciert ohne Ausbau im Eichenfass. Da schmeckt man die Wärme der Sonne im Glas.»
Bei den Weißen schlägt der Weinmacher den Bogen zum Chenin Blanc mit «wunderbaren tropischen Aromen» und «am besten mit leichtem Eichenholzgeschmack nach einem halben Jahr im Fass.» Ein Chenin Blanc, ergänzt Sommelier Scholfield, habe in Frankreich «mehr Säure», während er in Südafrika «stärker fruchtbestimmt» sei mit Aromen von Pfirsich bis Ananas, aber auch von weißen Blumen.
Den Shiraz, einen Roten, hält Scholfield «für den besten Wein, den wir in Südafrika produzieren» – und räumt ein, dass andere mit dem Urteil nicht einverstanden sein mögen. Wunderbar seien die Blau- und Brombeeraromen. Aus Polkadraai und Elam, zwei Gegenden der Weinbauregion Stellenbosch, käme «der unglaublichste Shiraz überhaupt», sprudelt er begeistert hervor.
Für Scholfield ist auf Stellenbosch überdies Verlass, wenn es um einen weiteren Roten geht, einen Cabernet Sauvignon: «Es ist nahezu unmöglich, aus diesem Gebiet einen schlechten zu kaufen.»
Ein genereller Kauftipp von Sommelier Scholfield lautet, bei den Flaschen auf ein mögliches Qualitätsmerkmal zu achten: das OVP-Gütesiegel. OVP steht als Abkürzung für «Old Vine Project»; die Rebstöcke müssen älter als 35 Jahre sein.
Das Rätsel um gelbliche Weißweine
Winzer Masayiti löst ein Rätsel, das manche Käufer in Europa verwirren könnte: die oft sehr gelblichen Farbtöne von Weißweinen aus Südafrika. Dazu hat er drei Erklärungen.
Erstens: Weißweine aus neuen Eichenholzfässern haben die gelbliche Farbe angenommen. «Das bedeutet aber nicht, dass Gelb schlecht ist», versichert er.
Zweitens: Das Gelb stammt von der Fermentation mit Schalen, die ein Plus an Aromen bringen sollen.
Drittens: Gelb ist ein Alarmzeichen für Oxidation. Da reicht der kritische Blick aufs Etikett, so Masayiti: «Wenn ich auf der Flasche die Jahreszahl 2016 sehe, kann das Gelb okay sein, aber nicht von einem 2022er.»
Eine Ideenflut der Weinexperten zum Pairing
Bei Pairing-Vorschlägen setzt sich die Ideenflut der Profis fort. Unschlagbar für Scholfield ist ein Shiraz zu einem gerösteten Lamm im Stil von Kräutern der Provence. Einen Sauvignon Blanc sieht er in Kombination mit Spargel, der in der Pfanne mit Butter angebraten ist, und dazu geröstete Nüsse und pochierte Eier.
Winzer Masayiti schwimmt bei seinen Vorschlägen gerne gegen den Strom eingefahrener Vorstellungen und fragt: «Warum nicht einmal Weißwein, also einen Chenin Blanc, zu rotem Fleisch?» Voraussetzung sei, dass das Fleisch von einer hellen Sauce auf Basis von Milch oder Sahne und Champignons begleitet wird. Einen leichten Shiraz sieht Masayiti durchaus zu Fisch, der allerdings gegrillt sein müsse. «Die Grillaromen entfalten sich umso besser», gibt er sich überzeugt.
Sommelier Scholfield setzt noch einen drauf: ein Chenin Blanc zu Popcorn mit Currybutter, die man selbst in der Pfanne schmilzt. Und spätestens dann, wenn Winzer Masayiti einen schweren Shiraz zusammen mit dunkler salziger Schokolade als Nonplusultra zum Abschluss eines Essens sieht, ist klar: Die Überraschungen für einen kulinarischen Südafrika-Abend daheim im fernen Deutschland kennen keine Grenzen. (dpa)