Baden-Württemberg: Aus für Weihnachtsmärkte, Diskotheken und Fußballstadien

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Weihnachtsmärkte, Clubpartys und Stadionbesuche werden in der Adventszeit aller Voraussicht nach nicht möglich sein. Angesichts der immer dramatischeren Corona-Lage kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag ein landesweites Verbot großer öffentlicher Veranstaltungen an. Man werde «ziemlich sicher» regeln, dass Fußballspiele und Sportgroßveranstaltungen nur noch ohne Publikum stattfinden können, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. Freizeitbetriebe wie Clubs und Diskotheken werde man schließen. Auch Weihnachtsmärkte - die, die noch geöffnet haben - sollen verboten werden.

Die Abgabe von Alkohol im öffentlichen Raum und dessen Konsum sollen zudem untersagt werden, sofern sich die Lage auf den Intensivstationen nicht bessert, sagte Kretschmann. Über die Beschränkung von Kulturveranstaltungen müsse man noch beraten. Die neue Corona-Verordnung solle sehr wahrscheinlich am Freitag in Kraft treten.

Die Lage sei dramatisch, begründete der Regierungschef die geplanten Schritte. Kontakte müssten nun radikal reduziert werden, um die Corona-Welle vor Weihnachten abzuflachen. Trotz der bereits sehr weitreichenden Maßnahmen in Baden-Württemberg müsse man noch einen Schritt weitergehen. Die neue Corona-Variante Omikron bereite Sorgen, das Wachstum der Infektionszahlen sei weiter exponentiell.

Die FDP im Landtag hat kein Verständnis für das Verbot von Weihnachtsmärkten. «Ich wüsste nicht, was gegen eine Veranstaltung "2G plus" unter freiem Himmel spricht», sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mit Blick auf die derzeitige Regel, wonach die Besucher der Weihnachtsmärkte geimpft oder genesen sein und zudem einen negativen Test vorweisen müssen. Rülke kritisierte auch, dass Grün-Schwarz bereits erneut neue Regeln beschließen wolle. Es ließen sich mehr Leute impfen als «Lucha und Kretschmann impfen könnten», zudem flache sich der Anstieg der Inzidenzen seit mehreren Tagen ab. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel sprach sogar von der Vorstufe zur Unfreiheit: «Statt Adventsstimmung stimmt uns der Ministerpräsident auf ein Freiluftgefängnis ein.»

Die baden-württembergischen Schausteller fordern finanzielle Hilfen, um durch den Winter zu kommen. «Die Vorlaufkosten müssen wir wieder reinholen, außerdem geht es um entgangene Erträge», sagte der Chef des Schaustellerverbands im Südwesten, Mark Roschmann. «Zum Teil waren die Fritteusen schon gefüllt und der Glühwein stand bereit. Da sind tonnenweise Lebensmittel und Material im Müll gelandet.» Roschmann forderte «entweder einen 100-prozentigen Ausgleich in Höhe des Umsatzes aus der Vergleichszeit 2019 oder finanzielle Hilfen analog zu den November- und Dezember-Hilfen des vergangenen Jahres».

Die baden-württembergische Clubszene fürchtet angesichts der angekündigten erneuten Zwangspause als Treiber der Pandemie gebrandmarkt zu werden. «Wir sind bereit, die gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Aber wir wollen das nicht alleine tragen», sagte der Sprecher der Interessengemeinschaft Clubkultur Baden-Württemberg, Simon Waldenspuhl. Es gebe keine wissenschaftliche Grundlage, die belege, «dass es bei uns riskanter ist als in Stadien oder Theatern», sagte Waldenspuhl der dpa. Für die Clubs sei die erneute Schließung ein «Desaster». Auch er forderte Hilfsprogramme.

Irritiert zeigte sich Kretschmann von der Schalte von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie am Dienstagnachmittag. «Das war heute schon ein bisschen unsortiert», sagte er nach der Videokonferenz dem SWR. Es habe sich nicht um ein Beschlussgremium gehandelt, sondern um ein sogenanntes Kamingespräch, wo nur Vorschläge gesammelt würden. Diese sollen am Mittwoch zusammengetragen und erst auf der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag beschlossen werden. Er kündigte an, die neue baden-württembergische Verordnung solle dann nach den Beschlüssen von Bund und Ländern am Freitag in Kraft gesetzt werden.

An dem Gespräch hatten neben den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten auch die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der wohl künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) teilgenommen. Kurz vor der Konferenz hatte Kretschmann darauf gepocht, den Ländern wieder die rechtlichen Instrumente für Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen in die Hand zu geben - entweder über die Ausrufung der sogenannten epidemischen Lage von nationaler Tragweite oder über eine Notbremse oder eine Öffnungsklausel. Zugleich forderte der grüne Regierungschef, die Impfpflicht für bestimmte Berufe wie Pfleger noch vor Weihnachten umzusetzen und die allgemeine Impfpflicht nun vorzubereiten. (dpa)


 

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