Bayern: Kein Lockdown, auch nicht für Ungeimpfte

| Politik Politik

Der Freistaat Bayern will ungeachtet teils drastisch gestiegener Corona-Inzidenzen etwa unter Schulkindern einen neuen Lockdown unbedingt vermeiden. «Wir wollen auch keinen Lockdown für Ungeimpfte als theoretisch denkbare Maßnahme», sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung. «Flächendeckende Lockdowns sind keine Option.» Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte seien kaum zu Überwachen. Auch ein Wiedereinführen der Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler werde frühestens nach Ende der Herbstferien diskutiert, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).

In Bayern waren örtlich die Corona-Infektionszahlen zuletzt drastisch gestiegen, vor allem im Süden und Südosten des Freistaates. Das Kabinett hatte am Dienstag Landräte und Oberbürgermeister aus zehn mit am stärksten betroffenen Regionen angehört. Die Ursachen für die teils rekordverdächtig gestiegenen Infektionszahlen seien unterschiedlich. Niedrige Impfquoten von teilweise nur 54 Prozent spielten eine Rolle - seien aber nicht der einzige Grund. Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz wurde aus dem Kreis Mühldorf am Inn gemeldet mit 593.

Bayernweit lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bei 187 - deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 113 und auch deutlich über dem Wert von vor einer Woche in Höhe von 112,9. Den R-Wert, also die Zahl, die angibt, wie schnell sich die Infektion ausbreitet, gab das LGL mit 1,1 an. Das heißt, dass jeder Infizierte mehr als einen weiteren ansteckt.

Die sogenannte Krankenhausampel, die die Belegung der Krankenhausbetten mit Corona-Patienten angibt, stehe weiterhin auf grün. Bei der Sieben-Tage-Hospitalisierung, wo ein Schwellenwert von 1200 gilt, sei am Dienstag ein Wert von 397 erreicht worden, sagte Herrmann - eine deutliche Steigerung gegenüber der Vorwoche, als der Wert bei 262 gelegen hatte. Bei den Intensivbetten mit Beatmung sei der Stand von 339 erreicht, nach 263 in der Vorwoche - hier liegt der Schwellenwert bei 600.

Nach Angaben von Gesundheitsminister Holetschek stehen bayernweit derzeit 20 Prozent weniger Intensivbetten zur Verfügung als noch vor einem Jahr. Dies liege vor allem an Personalmangel. Er forderte massive Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege, ansonsten drohe eine humanitäre Katastrophe.

«Wir merken, dass in den Krankenhäusern vorwiegend Ungeimpfte sind», sagte Holetschek. Die Inzidenz bei Ungeimpften liege bei 297, bei Geimpften dagegen bei 33. In einigen Landkreisen sei es bereits notwendig, Erkrankte in andere Gegenden zu transportieren. Der Trend gehe nach oben, wie Daten des Robert Koch-Institutes zeigten. Bayern habe deshalb die medizinischen Leiter bei den Rettungsleitstellen zur Koordinierung wieder eingesetzt.

Staatskanzleichef Herrmann forderte den Bund auf, nach dem beschlossenen Auslaufen der epidemischen Lage am 26. November eine verlässliche Rechtsgrundlage zu schaffen, um in den Ländern weitere Corona-Vorsichtsmaßnahmen ergreifen zu können.

Am Ende sei es entscheidend, eine verlässliche Rechtsgrundlage zu haben, um die Überlastung von Krankenhäusern zu vermeiden, sagte Herrmann am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts in München. Die Regierung verlängerte für den Freistaat die bisherigen Regelungen bis zum 24. November, ohne neue Maßnahmen zu beschließen. «Das Ganze wird sich von selbst nicht lösen», sagte Herrmann. Der Versuch, die Dinge sich alleine regeln zu lassen, wäre verantwortungslos und würde das System an seine Kapazitätsgrenzen bringen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt plant eine Image-Kampagne. Die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen soll gerettet werden. Beides sehen die Lobbyisten in Gefahr. Ich halte diese Kampagne für brandgefährlich. Ein Kommentar von Marc Schnerr.

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro zurückgewiesen. Auf Dauer würde es für Arbeitsplätze gefährlich, wenn sich die Politik hier einmische.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission.

Der DEHOGA Bayern sowie die Gewerkschaft NGG konnten sich in München nicht auf einen neuen Entgelttarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie einigen. Die Gewerkschaft NGG brach die Gespräche am Montag ab. Nun plane man Aktionen bis hin zum Warnstreik. Die Arbeitgeber hatten die NGG-Forderungen als unrealistisch zurückgewiesen.

Die Europäische Kommission hat heute Booking Holdings, die Muttergesellschaft von Booking.com, als Gatekeeper-Plattform im Sinne des Digital Markets Act benannt. Booking.com hat nun sechs Monate Zeit, um alle Gebote und Verbote als Gatekeeper zu erfüllen.

Der DEHOGA Bundesverband macht noch einmal auf die Frist für die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) aufmerksam: Diese können nach der letztmaligen Fristverlängerung vom März noch bis zum 30. September 2024 eingereicht werden.