NRW erhöht Bußgelder: 2.000 Euro für mangelhafte Corona-Kontrollen in Restaurants

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Im Kampf gegen Corona zieht Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Zügel in Nordrhein-Westfalen an. Nach dem angekündigten Ausschluss von nicht geimpften oder genesenen Erwachsenen von Veranstaltungen im Freizeitbereich sollen nun auch die Bußgelder bei Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen drastisch erhöht werden. In einer Sondersitzung des Landtags warf die Opposition von SPD und Grünen Wüst am Mittwoch vor, zu spät auf die auch in NRW steigenden Corona-Infektionszahlen zu reagieren.

Einen Tag vor der Bund-Länder-Runde zur Corona-Lage übte Wüst im Plenum harsche Kritik am voraussichtlichen künftigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Scholz und die SPD-geführten Länder hätten die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) verzögert. Er habe als MPK-Vorsitzender schon vor zwei Wochen auf das Sondertreffen gedrungen, sagte Wüst. Nun sei viel wertvolle Zeit und vor allem Akzeptanz und Vertrauen in der Bevölkerung verloren gegangen. «Wir wissen alle aus den Monaten der Pandemie, dass Tempo, Entschlossenheit und gemeinsames Handeln wichtig ist», sagte Wüst unter lauten Zwischenrufen der Opposition.

Der CDU-Regierungschef forderte Scholz und die sich abzeichnende Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen zur Kurskorrektur auf. «Bei dieser Entwicklung die epidemische Lage auslaufen zu lassen, ist ein Fehler und ein falsches Signal. Noch ist es nicht zu spät, diesen Fehler zu korrigieren», sagte Wüst. «Auch dem künftigen Kanzler würde kein Zacken aus der Krone brechen, an dieser Stelle umzukehren.»

Wer in NRW gegen die Maskenpflicht verstößt, muss Wüst zufolge künftig mit 150 Euro statt bisher 50 Euro Strafe rechnen. Bei gefälschten Corona-Testnachweisen werde das Bußgeld auf bis zu 5000 Euro sogar verfünffacht. Werden Corona-Tests oder Impfnachweise bei Veranstaltungen oder in Restaurants nicht ordentlich kontrolliert, seien künftig 2000 Euro statt bisher 500 Euro fällig. Jedem müsse klar sein: «Das ist kein Spaß - hier geht es um die Gesundheit, hier geht es um das Leben von Menschen», sagte Wüst. Er forderte regelmäßige ernsthafte Stichproben-Kontrollen.

Wüst präzisierte seine Pläne für die 2G-Regel im Freizeitbereich, die Zugangsbeschränkungen für Erwachsene vorsieht, die nicht gegen das Coronavirus geimpft oder davon genesen sind. Das betreffe Besuche in Restaurants und Kinos, Weihnachtsmärkte, Stadien und kulturelle Angebote. Dort, wo das Infektionsrisiko besonders hoch ist, will Schwarz-Gelb eine 2G plus-Regel einführen, also eine Teilnahme nur noch für Geimpfte und Genesene unter zusätzlicher Vorlage eines aktuellen negativen Corona-Tests zulassen. Dies werde zum Beispiel in Diskotheken und Clubs gelten, aber auch auf Karnevalssitzungen und Karnevalsfeten.

Kinder sollen allerdings weiterhin Zugang zu Aktivitäten im Freizeitbereich haben. Für Kinder gelte 2G nicht, sagte Wüst. Für den Arbeitsplatz kündigte er eine 3G-Regelung an (geimpft, genesen, getestet). Die Regelungen sollen im Laufe der kommenden Woche nach einem Kabinettsbeschluss in Kraft gesetzt werden.

Mit Blick auf die Inzidenzwerte sagte der CDU-Politiker, NRW führe die 2G-Regel früher ein als andere Länder. In Sachsen etwa sei 2G erst bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 491 eingeführt worden, in Bayern erst bei einem Wert von 348. In NRW lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen am Mittwoch bei 183.

SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty kritisierte, die CDU/FDP-Koalition habe «nicht den Mut und nicht die Kraft» gehabt, die wichtige 2G-Regel rechtzeitig einzuführen. «Warum dauert das so lange?» In NRW sprang die Zahl der Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages auf einen Rekordwert von 7013. «Worauf warten Sie noch?», fragte Kutschaty. Anders als Wüst es darstelle, sei NRW in der Pandemie «nicht mehr vor der Lage». Viele Menschen würden sich in den nächsten Tagen und Wochen infizieren. Wüsts Wortschöpfung von der «konzentrierten Wachsamkeit» sei nur ein «beschönigender Begriff für Nichtstun». CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen warf der SPD daraufhin «Angstmacherei» vor.

Auch nach Ansicht der Grünen kommen die verschärften Corona-Maßnahmen zu spät. Die Schutzmaßnahmen könnten frühestens in 14 Tagen ihre Wirkung entfalten, sagte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer. FDP-Fraktionschef Christof Rasche warf der Opposition vor, die Corona-Politik der schwarz-gelben Landesregierung schlecht zu reden. Die Belegungsquote der Intensivstationen sei in NRW niedriger als in anderen Ländern, bei der Impfquote liege NRW vor anderen Ländern. Die Inzidenz im Land liege am Mittwoch bei 183 - in Bayern aber beispielsweise bei 568.

Rasche gab zu, dass der FDP-Fraktion der Beschluss für die 2G-Regel in NRW nicht leicht gefallen sei. Die FDP stehe aber zu der Entscheidung. Die Corona-Maßnahmen seien verhältnismäßig. So gebe es weiterhin im Handel keine Zugangsbeschränkungen, keine Maskenpflicht in Schulen und keine Kita- und Schulschließungen.

Wegen der 3G-Regel im Landtag verfolgte die AfD-Fraktion die Corona-Debatte am Mittwoch auf der Besuchertribüne. Zur Sondersitzung wurden erstmals nur gegen das Coronavirus geimpfte, genesene oder getestete Abgeordnete im Plenarsaal zugelassen. Zwar gebe es auch Geimpfte, Genesene oder Getestete in den Reihen der AfD, sagte der AfD-Abgeordnete Martin Vincentz in seiner Rede von der Tribüne aus. Die AfD wolle aber ein bewusstes Statement geben. «Wir lassen uns nicht teilen.» Die AfD lasse auch nicht zu, dass die Gesellschaft in Geimpfte und nicht Geimpfte geteilt werde. Die ungeimpften Menschen würden als die «neuen Schuldigen» in der Pandemie dargestellt.

Dehoga sieht viele Restaurants vor einem «Quasi-Lockdown»

Nordrhein-Westfalens Gastgewerbe wertet die Pläne der Landesregierung, in Restaurants und Kneipen nur noch Geimpfte und Genesene (2G) zuzulassen, als herben Rückschlag. Bei ihren Geschäften habe sich die Branche zuletzt endlich wieder auf einem akzeptablen Weg befunden, nun werde man aber von der Pandemie eingeholt und habe große Sorgen, erklärte der Regionalpräsident des Deutschen Hotels- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Haakon Herbst, am Mittwoch in Neuss.

Die Pandemie und die Verunsicherung in der Bevölkerung und Wirtschaft sorgten ohnehin schon für eine schwächere Nachfrage. So würden zum Beispiel viele Weihnachtsfeiern abgesagt. Viele Betriebe stünden nun vor einem «Quasi-Lockdown», so Herbst.

Die geplante 2G-Regel, die nächste Woche beschlossen werden dürfte, quittierte er mit Kopfschütteln. «Wir halten die bestehende 3G-Regelung auch jetzt noch für angemessen bei uns in NRW und wollen gerne weiterhin alle Gäste willkommen heißen.» Er warnte davor, nach der 2G-Einführung weitere Einschränkungen vorzunehmen - etwa die Wiedereinführung von Mindestabständen unter Gästen, eine Plexiglas-Pflicht oder sogar einen Lockdown wie im November 2020.

Herbst forderte staatliche Hilfen, damit das Gastgewerbe über die Runden kommt. «Wir sind bis dato mehrheitlich gerade so eben durch die Auswirkungen der Pandemie gekommen - auch wegen der staatlichen Unterstützung», so der Verbandsvertreter. Diese wäre komplett vergeblich gewesen, «wenn man die Betriebe auf der Zielgeraden nun alleine ließe». In NRW gibt es rund 45 500 Gaststätten. (dpa)


 

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